Auffangstation der Städteregion : Ein neues Zuhause für Reptilien
Städteregion/Stolberg Ungebetene Gäste, Privatabgaben, Fundtiere: Bei der Reptilienauffangstation in der Städteregion Aachen bekommen Tiere ein artgerechtes Zuhause und werden nur nach genauer Kontrolle weitervermittelt.
Da war das Erstaunen groß: Ein kleiner ungebetener Gast überraschte vor einigen Wochen eine Frau aus Stolberg, als diese gerade dabei war, zu Hause ihre Einkäufe auszupacken. Mit den eingekauften Bananen aus einem Supermarkt hatte sich nämlich ein Dickkopf-Anolis, eine Echsenart aus der Gruppe der Leguanartigen, mit eingeschlichen.
Das für den Menschen ungefährliche Tier, das normalerweise nur auf einigen karibischen Inseln heimisch ist und maximal 18 bis 20 Zentimeter groß wird, kam anscheinend mit einer Bananenlieferung direkt aus der Dominikanischen Republik. Mittlerweile lebt der kleine blinde Passagier in der Reptilienauffangstation in der Städteregion Aachen am Mühlener Markt in Stolberg, die von der Tierheilpraktikerin Amine Fehr geleitet wird.
Denn für die Haltung der Echse aus Übersee ist ein Tropenterrarium notwendig, das die Auffangstation besitzt. Dort wird der Dickkopf-Anolis, der nochmal Glück im Unglück hatte, nun nach der strapaziösen Odyssee aufgepäppelt, um dann an sachkundige Tierhalter weitervermittelt zu werden.
Doch die kleine Echse aus der Dominikanischen Republik ist nicht der einzige Gast in der Auffangstation. So beherbergen Amine Fehr und ihr Team momentan rund 80 Tiere, unter anderem Land- und Wasserschildkröten, Bartagamen, Geckos und Schlangen. Darunter auch den Rautenpython „Kaa“, der seinen Namen von seinem Artgenossen aus dem „Dschungelbuch“ bekam, die Kornnatter „Kai-Uwe“ und auch „Leo“, den Leopardgecko.
Giftige Tiere sind momentan generell nicht unter den Bewohnern zu finden, was sich jedoch durch eine Gesetzesänderung zum 1. Januar 2021 ändern könnte. Doch auch hierauf sind Fehr und ihr Team eingestellt, da sie die dazu nötige Ausbildung bereits genossen haben.
Die Reptilien kommen auf den unterschiedlichsten Wegen in die Station: aus Sterbefällen, Privatabgaben, Beschlagnahmungen durch Ordnungskräfte sowie als Fundtiere. So auch der letzte aufgenommene „Patient“, der erst am vergangenen Freitag zu Amine Fehr gebracht wurde: eine Mesoamerikanische Zierschildkröte, die auf einem Grünstreifen an der Breslauer Straße in Aachen gefunden wurde. Die tropische Wasserschildkröte wird nun, nach einem Kälteschock, erst einmal medizinisch versorgt, bevor auch sie weitervermittelt wird.
Bei der Vermittlung achten Fehr und ihr Team sehr genau darauf, wem sie die Tiere übergeben. Denn die Haltung eines Reptils setzt gewisse Dinge voraus: so muss ein artgerechtes Terrarium beziehungsweise eine Freianlage vorhanden sein. Hierbei steht das Team der Auffangstation auch gerne beratend zur Seite.
Und auch das entsprechende Know-how muss der spätere etwaige Halter nachweisen. Denn aus Nicht- beziehungsweise Halbwissen von Haltern, die sich nach kurzer Zeit mit einem Reptil überfordert fühlen, resultieren wiederum einige der Funde. So werden Wasserschildkröten häufig aus falscher Tierliebe gerne am nächstgelegenen See oder Weiher einfach abgesetzt. Dass die dortige Umgebung, gerade in den kälteren Jahreszeiten, für die in wärmeren Gefilden heimischen Tiere, schwer gesundheitsschädlich bis tödlich ist, sind sich viele nicht bewusst.
Daher sollten Menschen, die merken, dass sie sich mit der Haltung von Reptilien überfordert fühlen, diese bloß nicht irgendwo aussetzen, sondern zu einer Reptilienauffangstation bringen. Doch auch hier ist Vorsicht geboten, da es auch hier einige schwarze Schafe gibt. So bieten auch einige „Private Auffangstationen“ ihre Dienste an. Diese nicht zertifizierten Stationen bilden eine gewisse Grauzone.
Einer der Hauptindikatoren dafür, dass es sich um eine nicht-seriöse Station handelt, sei, dass diese häufig ein Terrarium zu dem Tier mit einfordert, berichtet Amine Fehr. Eine vom Veterinäramt geprüfte und nach § 11 Tierschutzgesetz genehmigte Auffangstation, wie dies hier in Stolberg der Fall ist, bietet hingegen von vornerein einen komplett artgerechten Auffangplatz an.
Auch werden hier alle eingelieferten Tiere medizinisch durchgecheckt, was bei nicht-zertifizierten Stationen nicht gewährleistet ist. Da in der gesamten Bundesrepublik nur wenige zertifizierte Auffangstationen mit ähnlichen Kapazitäten wie der in Stolberg existieren, ist das Einzugsgebiet ziemlich groß. So kommen nicht nur Reptilien aus der Städteregion Aachen in die Stolberger Station, sondern auch aus den Kreisen Düren, Heinsberg, bis hin nach Köln und Bonn. Die Vermittlung der Tiere erfolgt indes bundesweit.
Auch die Aufklärungsarbeit ist Amine Fehr und ihrem Team ein großes Anliegen. Dazu wird gerade ein Ausstellungsraum in der Auffangstation installiert, der dann beispielsweise von Schulklassen besichtigt werden kann. Leider kam hier auch erst einmal die Corona-Pandemie dazwischen, so dass Besichtigungen frühestens im nächsten Jahr stattfinden können.
Wer sich für die Arbeit der Reptilienauffangstation in der Städteregion Aachen interessiert, kann sich jedoch schon auf ihrer Facebook-Seite, die mittlerweile bereits von mehr als 5000 Menschen verfolgt wird, über den derzeitigen Bestand, sowie über Neuzugänge und Vermittlungen informieren. Darüber hinaus verfügt die Station unter www.reptilienauffangstation-aachen.de über eine eigene Website. Wer Fragen zur Abgabe oder Aufnahme eines Tieres hat kann sich telefonisch unter 02402/8640302 melden.