Stolberger Ansichten | Damals und Heute : Die Tragödie rund um die Bocksmühle
Serie Stolberg In Folge 207 der Serie „Gleich und doch anders – Stolberger Ansichten über Jahrzehnte“ geht es um die Bocksmühle.
Das Jahr 1906 war für die im oberen Gedautal liegende Bocksmühle eine Katastrophe. Ihre Spinnerei wurde durch Feuer vernichtet. Dem vollständigen Ruin entging nur das vordere Gebäude, das auf unserem 1972 entstandenen historischen Vergleichsfoto rechts zu sehen ist. Diese Tragödie ist Anlass, dass wir uns im 207. Teil der Serie „Gleich und doch anders – Ansichten über Jahrzehnte“ mit der Geschichte der Bocksmühle beschäftigen.
Entstanden ist die Bocksmühle vermutlich im späten 17. Jahrhundert. Sie gehörte der im Messinggewerbe tätigen Familie Lynen. Ein vom Münsterbach (Inde) abgeleiteter Mühlgraben versorgte die Wasserräder der Drahtmühle mit Antriebsenergie. Im frühen 19. Jahrhundert wurde das Messinggewerbe aufgegeben. In der Folgezeit etablierte man dort eine Spinnerei. Ergänzt wurde die Spinnerei durch eine Wollwäsche und eine kleine Landwirtschaft. Als im frühen 20. Jahrhundert der kleine Betrieb in Flammen aufging, gehörte die Spinnerei dem aus Brand stammenden Textilfabrikant Cornel Meurer. Zuvor hatten sich dort als Textilfabrikanten die Familien Frohn und Havenith betätigt. Ein Wiederaufbau der Spinnerei, die von einem steilen Satteldach gekrönt war, erfolgte nach der Brandkatastrophe nicht mehr. Von ihr ist heute im Gelände nichts mehr zu sehen. Erhalten blieb nur das vordere Gebäude, das seitdem als Wohnhaus genutzt wird. Dieses Gebäude mit den beiden Fenstern im Dachbereich und dem sich daran anschließenden Tor ist auch auf unserem aktuellen Foto rechts abgelichtet. Auf beiden Fotos ist auf der linken Seite eine weitere Gebäudegruppe abgebildet. Dieser aus Wohnhaus und Stallungen bestehende Komplex hat im 19. Jahrhundert dem Aachener Tuchfabrikanten Degive gehört.
Später ging das Anwesen in den Besitz der Familie Schümmer über, die dort eine Landwirtschaft betrieb. Diese Landwirtschaft wurde 1954 vom Bethlehem-Krankenhaus übernommen. Denn das Krankenhaus war zum damaligen Zeitpunkt noch Selbstversorger und unterhielt zur Versorgung der Patienten einen eigenen Ökonomiebetrieb. Diese aus Stallgebäuden sowie aus Obst- und Gemüsegärten bestehende Ökonomie wurde wie zuvor erwähnt später in der Nachbarschaft der Bocksmühle angesiedelt. Neben neuen Treibhäusern und Viehställen errichtete das Krankenhaus dort auch eine Gartenlaube. Diese Gartenlaube wurde von den in der Landwirtschaft tätigen Ordensschwestern vom hl. Franziskus auch als Kapelle genutzt – eine Kapelle, die den Schwestern als Gebetsstätte diente. Dieses kleine Gebäude ist heute noch dort vorhanden.