Italienische Tradition in Bardenberg : Wie Yvan Gandin vom Fußball zum Speiseeis kam
Interaktiv Würselen Viele Bardenberger schwören auf sein zartschmelzendes Eis und seinen bittersüßen Espresso. Das Eiscafé von Yvan Gandin ist eine Institution an der Dorfstraße. Das hat auch die Kult-Konkurrenz aus Aachen nicht geändert.
Oft sind es die zufälligen Begegnungen, die für die passende Wende im Leben sorgen. Bei Yvan Gandin war es ein Landsmann, der in seiner italienischen Heimat Urlaub machte. Der Mann betrieb eine kleine Eisdiele in Albstadt-Ebingen auf der Schwäbischen Alb. „Nicht groß, Eis nur zum Mitnehmen.“ Doch der kleine Laden sollte schicksalhaft für den jungen Yvan werden. Der hatte als erfolgreich-aufstrebender Kicker in der Amateurliga nach einem Sportunfall seinen Traum von der Karriere im Profifußball aufgeben müssen.
Auch das Ziel, nach seiner Ausbildung an einer Kochschule in Italien ins elterliche Restaurant nahe Cortina d’Ampezzo einzusteigen, lag damals noch in weiter Ferne, „die ganze Familie arbeitete da, ich war eigentlich zu viel. Und in Italien gab es in den 1970er Jahren kaum Jobs.“ Da kam das Angebot von besagtem Landsmann, mit nach Deutschland zu gehen, gerade recht. Vor 32 Jahren war das. „Bei ihm habe ich dann das Eismachen gelernt“, sagt Gandin. Er wechselte später in andere Eisdielen, „alles italienische“, lernte im Laufe der Jahre alles über das „gelato tradizionale italiano“.
Zehn Jahre an der Kleikstraße
Die nächste schicksalhafte Wende: Die letzte Station seiner beruflichen Reise durch italienische Eisdielen in Deutschland führte Yvan Gandin nach Herzogenrath, genau gesagt in die Kleikstraße. Zehn Jahre hat er in der ebenfalls traditionellen Eisdiele Calvi gearbeitet. „Dabei habe ich dann auch meine Frau kennengelernt“, berichtet er schmunzelnd. Eine Kollegin? „Nein, sie war eine Kundin.“ Die Merksteinerin hatte offenbar nicht nur die Liebe zum leckeren italienischen Eis, sondern auch zu dem Mann hinter der Theke entdeckt, der es ihr mit südländischem Charme servierte. Mit Happy End: Die beiden heirateten und sind heute Eltern von zwei Kindern.

Eine Grundsatzentscheidung
Das Jahr 2008 steht für die nächsten lebensbestimmenden Ereignisse: „Der alte Herr Calvi hörte auf“, erzählt Gandin. „Und mein Sohn wurde geboren.“ Zeit für eine Grundsatzentscheidung: etwas Eigens aufzubauen. Wie der Zufall es wollte, stand die Eisdiele an der Dorfstraße 10 zum Verkauf, die bisherigen Inhaber wollten sich aufs Altenteil zurückziehen. Yvan Gandin schlug zu. Und investierte unter anderem in eine neue Eismaschine, eine italienische natürlich. Aus der Lombardei, Modell Titan 2.
Am 1. Mai 2008 war Eröffnung. Täglich ab sechs Uhr morgens produziert er seither in Bardenberg feines Speiseeis. Von Mitte Februar bis Ende November. Grundzutaten: Milch, Zucker, Sahne. 20 Sorten – neben dem Stammsortiment regelmäßig auch zwei bis drei neue Geschmacksrichtungen. Um zu gucken, wie es den Kunden schmeckt. Salzkaramell, Passionsfrucht, Sahnepfirsich. Was besonders gefragt ist, verdrängt schließlich, was dadurch im Stammsortiment ins Hintertreffen geraten ist. Die Sorte „Cookies“ zum Beispiel habe sich so zum Standard in seiner Eisvitrine entwickelt, erzählt er. Auch das gelato tradizionale geht mit der Zeit.
Und es gibt noch weitere Anforderungen: den Umweltaspekt etwa. Essbare Waffelbecher und sogar eine vegane Hörnchenvariante bietet er für den Eisgenuss außer Haus an. Allergiker können auf gluten- respektive lactosefreie Varianten setzen. Das Fruchteis ist zudem vegan. Hergestellt mit frischen Früchten. Was für den 51-Jährigen erklärtermaßen genauso selbstverständlich ist wie der Einsatz von italienischem Kakao und Nüssen aus Piemont – „die sind die besten!“
Bardenberg ist Heimat geworden
15 Jahre haben Bardenberg zu seiner Heimat gemacht, sagt Yvan Gandin. Schließlich hat er bislang nirgendwo so lange gelebt wie hier. So zieht es ihn allenfalls zum Urlaub nach Venetien, „zwei, drei Wochen, dann will ich wieder zurück. Denn mein Leben findet hier statt!“
So ist die Winterpause des Eiscafés Gandin auch nur eine kurze: In den kälteren Monaten erfreuen sich hier die frischgebackenen Waffeln großer Beliebtheit, „nach einem Rezept von meiner Oma, die lange in Belgien gelebt hat“, verrät Gandin.
Und wenn dann wirklich Pause ist, von Dezember bis Mitte Februar, folgt auf eine rund zehntägige Grundreinigung und Inspektion des Lokals eine ausgedehnte Familienzeit. „Diesmal habe ich die Kinderzimmer renoviert, mein Sohn spielt gerne Fußball – es gibt immer etwas zu tun.“ Jetzt ist sein Eiscafé wieder von 11 bis 18 Uhr geöffnet, nach Ostern dann bis 20 Uhr.
Jetzt auch viele Aachener Kunden
Und wie war das, als vor zwei Jahren die Konkurrenz des Aachener Kult-Eisladens Delzepich am anderen Ende der Dorfstraße aufmachte? Yvan Gandin lächelt: „Ich habe jetzt auch viele Aachener Kunden.“ Als Ergänzung sieht er die andere Eismanufaktur im Dorf. „Wir haben uns kennengelernt, ein gutes Verhältnis zueinander.“ Das hatte er übrigens auch schon zum legendären, im Jahr 2006 verstorbenen Willi Delzepich, der das „Delze“-Eis einst in seinem Milchgeschäft an der Aachener Bismarckstraße entwickelte. Man kannte und kennt sich eben in der Szene ...