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Erinnerung an Elysée-Vertrag: Kulturabend in Würselen mit mahnenden Worten

Erinnerung an Elysée-Vertrag : Kulturabend in Würselen mit mahnenden Worten

Beim Kulturabend mit einfühlsamen Chansons des Trios Pidancet im Alten Rathaus wurde an die Unterzeichnung des deutsch-französischen Freundschaftsvertrags erinnert. Aber es gab auch kritische Worte, was den Status quo angeht.

Was geschah am 22. Januar 1963? Die Alteren wissen es vielleicht noch, die Jüngeren wohl weniger. Dabei ist das Datum ein Meilenstein für das Projekt „Frieden in Europa“ – und damit auch heute, in Zeiten europäischer Turbulenzen, wichtig. Am 22. Januar 1963 unterzeichneten der französische Staatspräsident Charles de Gaulle und Bundeskanzler Konrad Adenauer den im Vorjahr von Präsident Emanuel Macron und Kanzlerin Angela Merkel in Aachen erneuerten und modifizierten deutsch-französiscen Freundschaftsvertrag, nach dem französischen Präsidentenpalast „Elyseé-Vertrag“ genannt.

Die Deutsch-Französische Gesellschaft Würselen und das Partnerschaftskomiee Würselen-Morlaix erinnern jedes Jahr an dieses bedeutsame Ereignis. Und zwar mit einem kulturellen Leckerbissen. So auch diesmal im vollbesetzten Alten Rathaus. Bevor die Ohren mit wohlklingenden Chansons verwöhnt wurden, erinnerte Ellen Thielen-Vafaie, Vorsitzende der Deutsch-Französischen Gesellschaft, an die Bedeutung der deutsch-französischen Freundschaft.

Von Regierungs- bis hinein in die kommunale Ebene sei sie in den vergangenen 57 Jahren mit Leben erfüllt worden: vom Deutsch-Französischen Jugendwerk (DFJW), dem gemeinsamen Fernsehsender Arte und der deutsch-französischen Militärbrigade bis hin zu 4300 Schulpartnerschaften und 2200 Städtepartnerschaften. Eine von letzteren ist die Partnerschaft zwischen Würselen und Morlaix, die 2016 ihr 40-jähriges Bestehen feierte. Hinzu kam 1987 die Gründung der Deutsch-Französischen Gesellschaft. Thielen-Vafaie: „Wir organisieren Kunstausstellungen in Würselen und Morlaix, ermöglichen Orgelkonzerte und Chorauftritte in beiden Städten ein, laden selbst ein zu Reisen in unser Nachbarland. Ein besonderes Anliegen ist die Förderung des Jugendaustausches – nur damit hat die Partnerschaft eine Zukunft.“

Projektumsetzung angemahnt

Leider, so Thielen-Vafaie, stocke derzeit die Umsetzung des neuen Vertrags von Aachen. Artikel 12 sehe die Einrichtung eines gemeinsamen Bürgerfonds vor, der Bürgerinitiativen und Städtepartnerschaften fördern und unterstützen solle, doch konkret geschehen sei in dieser Hinsicht noch nichts: „Ich hoffe, dass dieses so bezeichnete Leuchtturmprojekt noch zu meinen Lebzeiten umgesetzt wird ...“

Nach dieser kritischen Bewertung des Status quo tauchten die Besucher dann ein in die Welt verzaubernder Chansons. Dafür sorgte das Trio Eddie Pidancet (Gesang und Gitarre), HeJoe Schenkelberg (Akkordeon und Klavier) und Hüsnü Erim (Schlagzeug).

Die drei präsentierten die beliebtesten Chansons aus ihrem französischen, respektive belgisch-wallonischen Repertoire, gespickt mit musikalischen Schätzchen aus anderen Kulturen und Sprachen. Denn das Chanson, im klassischen Sinne gesehen als vertonte Poesie, ist nicht nur in Frankreich verankert, wenn dort auch dessen musikalisches Herz besonders hoch schlägt.

Passend zum Jahrestag begann das Programm mit dem Ohrwurm „Oh Champs-Elysée“, wurde dann stimmungsvoll mit „Petit fleur“, „Contre le tristesse“ und „L’amour est bleue“ fortgesetzt. Die Stimmung von Romantik, Liebe und auch Melancholie sprang von der Bühne auf das Publikum über, ließ manche Erinnerung an die eigene Jugend und schöne Frankreich-Reisen wieder lebendig werden. „A Göttingen“ („In Göttingen“) erzählte von der Liebe eines Franzosen zu einer deutschen Studentin – und wohl auch der Liebe vieler Franzosen zur deutschen Romantik.

Zu Herzen gingen auch die Geschichte eines alten Matrosen, der noch einmal hinaus aufs Meer möchte, und eine Liebeserklärung von Eddie Pidancet an die Stadt Lüttich. In Worten und Melodien würdevoll, stimmungsvoll und atmosphärisch sehr dicht: Das alles war der Chansonabend 2020 zur Erinnerung an den Elysée-Vertrag.