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Mutter und Säugling sterben: Der Unfallfahrer von Kaisersruh weint vor Gericht bitterlich

Mutter und Säugling sterben : Der Unfallfahrer von Kaisersruh weint vor Gericht bitterlich

Der Unfall erschüttert im September 2021 die Region: An einer Bushaltestellte zwischen Aachen und Würselen sterben eine junge Mutter und ihre zehn Wochen alte Tochter. Jetzt wurde der Unfallfahrer verurteilt.

Es war ein tragischer Unfall, bei dem eine junge Mutter und ihre zehn Wochen alte Tochter ihr Leben ließen: Am 1. September 2021 stand die 21-Jährige mit Kinderwagen an der Bushaltestelle Kaisersruh an der B57 in Fahrtrichtung Würselen, als der damals 19-jährige Destine E. mit einem Kleintransporter nach einem Fahrfehler Mutter und Kind erfasste. Das Neugeborene starb noch am Unfallort, die Mutter wenige Stunden später in einem Krankenhaus.

Am Mittwoch wurde der mittlerweile 21-jährige E. vom Kölner Amtsgericht wegen fahrlässiger Tötung schuldig gesprochen. Das Schöffengericht unter Vorsitz von Amtsrichterin Leonie Stühn verurteilte E. nach rund vierstündiger Verhandlung zu sechs Monaten Haft auf Bewährung.

„Sie haben einen Fahrfehler gemacht und damit eine Pflichtwidrigkeit begangen. Heute ist oft der Begriff ‚Augenblicksversagen‘ gefallen, der die Sache wohl trifft“, sagte Stühn in der Urteilsbegründung.

Mit rund 60 Stundenkilometern und somit leicht überhöhter Geschwindigkeit – erlaubt war Tempo 50 – war der Angeklagte laut Urteil in den leicht kurvigen und durch eine Verkehrsinsel für Fußgänger verengten Bereich vor der Bushaltestelle eingefahren.

Dann hatte er aber eine „Korrekturlenkung nach links nicht vollzogen“ und war geradewegs in die Haltestelle gefahren, wo er die beiden Opfer erfasste. Wieso E., der damals Praktikant bei einem Paketzusteller war und erstmals hinterm Steuer eines VW Crafter saß, nicht nach links lenkte, konnte vor Gericht nicht geklärt werden.

Kritik an der Verkehrsführung

Der in dem Fall bestellte Verkehrssachverständige kritisierte besonders die Verkehrsführung am Unfallort. Eine dort befindliche Verkehrsinsel wertete der Gutachter als „bedenklich“, da sie den Verkehr kurz geradewegs auf die Bushaltestelle zuführe.

Auch habe es an der Bushaltestelle zu wenig Platz für Wartende gegeben, zumal damals Bäume und Sträucher nicht zurückgeschnitten gewesen seien. „Da ist nur ein Bürgersteig, wo die Leute stehen können. Fahrzeuge donnern da auch mal mit 80 Stundenkilometern direkt vorbei.“ Mittlerweile sei die Verkehrsführung ein wenig geändert, Straßen NRW plane aber eine Neugestaltung, so der Sachverständige.

Schwerer Schock

E., der bei der Anklageverlesung bitterlich weinte, hatte keine Erinnerung an den Unfall. „Über das Unfallgeschehen, das er nicht in Abrede stellen kann und will, kann er im Grunde nichts sagen“, sagte Verteidiger Michael Murat Sertsöz. Sein Mandant habe einen schweren Schock erlitten.

Zeugen, die als Ersthelfer am Unfallort waren, bestätigten die Verzweiflung des Angeklagten. Ein Rentner (71) sagte: „Der hat verzweifelt die Händen gegen das Auto geknallt.“ Auch heute noch macht sich der 21-Jährige schwere Vorwürfe. „Ich bedaure sehr, was passiert ist“, sagte E. Nebenklageanwältin Claudia Gotzen versprach dies ihrer Mandantin, Mutter und Oma der Opfer, auszurichten. Die Nebenklägerin selbst hatte auf Anraten ihres Arztes nicht an der Verhandlung teilgenommen, wie Gotzen mitteilte.

Neben der Bewährungsstrafe verurteilte das Gericht E. zur Zahlung von 1500 Euro an die Björn-Steiger-Stiftung, die zum Ziel hat, Notfallhilfe und Rettungswesen in Deutschland zu verbessern. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.