Neue Beratungsstelle : „Triangel“ in Würselen als weiterer „Kompass für die Seele“
Würselen Psychisch kranke Menschen und deren Angehörige benötigen oft Unterstützung. Austausch kann schon zur Verbesserung der Lebensqualität führen. Was eine neue Küche damit zu tun hat.
Eine Würselener Beratungsstelle für Menschen mit psychischen Erkrankungen und deren Angehörige stand schon länger auf dem Wunschzettel des „Triangel“-Verbunds in der Städteregion. Im November ist der Wunsch Wirklichkeit geworden. In den ehemaligen Commerzbank-Räumen an der Kaiserstraße 148 liegt die Beratungsstelle mitten im quirligen Geschäftszentrum. „Und das ist auch gut so“, betont Marion Herrmann, die viele Jahre als Sozialarbeiterin in Würselen gearbeitet hat und nun zusammen mit Robert Gromowski vorerst dienstags und freitags sowie nach Absprache den eingangs genannten Personenkreis willkommen heißt. Herrmann, die wie ihr Kollege noch in anderen Triangel-Einrichtungen tätig ist, freut sich über den nun geschaffenen Lückenschluss im Verbund und einen weiteren „Kompass für die Seele“.
In die Gesellschaft integrieren
Von Standorten in Randlagen hält Herrmann nichts. Menschen mit psychischen Erkrankungen sollen sich in die Gesellschaft integriert fühlen, am (urbanen) Leben teilhaben. Zudem sind die Räume nur wenige Meter von der Bushaltestelle Parkhotel entfernt und somit gut erreichbar. Die Besucher kommen aus dem gesamten Nordkreis und aus Übach-Palenberg. Würselenerinnen und Würselener sind jedoch klar in der Mehrheit, was den örtlichen Bedarf unterstreiche.
Geschäfte in der Nachbarschaft
Praktisch sei die Nachbarschaft von Geschäften, in denen das „Triangel“-Team u.a. für die gemeinsamen Koch-Aktivitäten einkauft. Kochen und gemeinsam Genießen ist bei Triangel ein bewährtes Konzept, um den gewünschten Wohlfühleffekt sowie den Zusammenhalt „zu unterfüttern“. „Im Schnitt etwa zwölf Personen gemischten Alters kommen mittlerweile zu uns“, verweist Gromowski auf die bisher geltenden Öffnungszeiten jenseits vereinbarter Termine: dienstags von 14 bis 15 Uhr sowie freitags von 9 bis 12 Uhr.
Noch sieht man den Triangel-Räumen den Charme des zuvor hier beheimateten Geldinstituts an. Das ändert sich zunehmend durch das große Netzwerk des Psychosozialen Trägervereins (PTV), dessen Beschäftigungszweig unter anderem für die Kücheneinrichtung sorgte. Der PTV und die Städteregion, hier fachlich durch das Gesundheitsamt vertreten, arbeiten seit gut 30 Jahren in den Kontakt- und Beratungsstellen für Menschen mit psychischer Erkrankung und deren Angehörige erfolgreich zusammen.
Leistungsfähiges Netzwerk
Der PTV nutzt die Räume an der Kaiserstraße an den anderen Wochentagen für weitere Vereinszwecke, etwa zur Tagesbetreuung psychisch-kranker Menschen. Das Triangel-Beraterteam kann selbst auf ein leistungsstarkes Netzwerk bauen, wenn der niederschwellige Ansatz an Grenzen stößt. Ärzte, Kliniken, Ämter, Schuldnerberatung und weitere Fachinstanzen unterstützen Triangel bzw. deren Besucher bei Bedarf „und in Notfällen sogar recht schnell“, merkt Ralf Einmal vom Gesundheitsamt der Städteregion an.
„Fachleute von außerhalb besuchen uns allerdings auch für Vorträge. Unsere Besucher können dann bei Bedarf selbst Fragen stellen. Sie können auch Themenvorschläge machen, und wir versuchen dann, einen entsprechenden Referenten zu gewinnen“, nennt Marion Herrmann eine weitere Komponente der Beratungsstelle. So hat die Kriminalpolizei bereits über Opfer- und die Feuerwehr über Brandschutz informiert. Die Verbraucherzentrale ist ebenfalls mit im Boot.
Gesundheitsthemen sollen künftig einen größeren Schwerpunkt bilden, die Genesung der leidenden Psyche fördern. Letzteres stehe im Vordergrund. Auf Wunsch können Gespräche mit Erkrankten oder Angehörigen geschützt in kleineren Räumen unter vier Augen erfolgen. Verschwiegenheit wird garantiert. „In Ausnahmefällen und nur auf Anfrage sowie ausdrücklichen Wunsch von Betroffenen ist so ein Gespräch auch mal online umsetzbar. Aktiv wird das von uns aus datenschutzrechtlichen Gründen noch nicht angeboten“, sagt PTV-Geschäftsführer Fabian Hagemann.
Probleme wahrnehmen
Das Leben mit einer psychischen Erkrankung kann kompliziert sein. Was „vermeintlich Normale“ gar nicht erst als Problem oder Barriere wahrnehmen, kann psychisch-kranke Menschen vor enorme Herausforderungen stellen. Der Austausch in einer Betroffenen- oder Angehörigengruppe mit gegenseitiger Unterstützung, Tipps und Verständnis für die Sorgen und Nöte der anderen könne sehr entlastend wirken. Für Menschen mit psychischen Erkrankungen empfehlen sich neben Kochen und offenem Frühstückstreff am Freitag weitere Unterstützungsangebote, wobei das Festigen von Alltagsstrukturen vorrangig sei. Die Wege dahin sind krankheits- und typbedingt vielfältig, wie die Mischung aus Anregungen für Tagesstruktur und Freizeitgestaltung. Einfach nur reden, Gesellschaftsspiele machen oder etwas Kreatives – vieles ist möglich.
Sehr gut entwickelt
„Triangel“ in Würselen hat sich nach Einschätzung des Leitungsteams „sehr gut entwickelt“, sieht sich aber noch in der Startphase mit Entwicklungspotenzial. Vielleicht im Bereich Kreativität? Das ist offen und hänge nicht zuletzt von der Gruppe und ihren Wünschen ab.
Wer schüchtern ist oder andere Hindernisse hat, die einem Erstbesuch in den Räumen an der Kaiserstraße 148 im Weg zu stehen scheinen, kann zunächst telefonisch unter 02405/4159453 mit Robert Gromowski oder Marion Herrmann in Kontakt treten. Wer aus der Zielgruppe freitags zum ersten Mal vorbeikommt, erhält auf Wunsch ein kostenloses Begrüßungsfrühstück.
Bedarfs-„Bugwelle“ erwartet
„Es gibt noch viel zu wenig für Menschen mit seelischen Behinderungen. Ich freue mich über jeden, der kommt“, lädt Marion Herrmann ein. Tendenziell werde der Bedarf zunehmen, prognostiziert Ralf Einmal mit Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen. In der Pandemie sei der Besuch der Triangel-Beratungsstellen zwar rückläufig gewesen – nicht zuletzt, weil die Angst vor Ansteckung erfahrungsgemäß größer sei, „aber nun steigen die Zahlen. Und da steht noch eine riesige Bugwelle an“, sagt Einmal.
Weitere Infos: www.ptv-euregio.de oder per Mail an spz@ptv-euregio.de