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Schulen über Weihnachten und Corona-Maßnahmen

Verlängerte Weihnachtsferien : Schulen zeigen sich skeptisch

In NRW fangen die Winterferien in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie ein paar Tage früher an. Was sagen die Schulen im Nordkreis dazu?

Rein rechnerisch ist es ein perfekter Deal: Man tausche die eigentlich schulpflichtigen Tage am 21. und 22. Dezember gegen zwei brauchtumsbedingte freie Tage an Karneval. Die Idee dahinter lautet, dass die Menschen sich vor Weihnachten in selbst auferlegter Zurückhaltung üben sollen, um im Anschluss sorgloser mit ihren Lieben Weihnachten feiern zu können. Die Meinungen zu diesem Plan, der in NRW beschlossene Sache ist, gehen jedoch auseinander. Protest kam etwa auch vom Lehrerverband GEW. Wie blicken Schulleiter im Nordkreis auf die Weihnachtsferien, die zwei Tage früher beginnen sollen als sonst?

„Ob das wirklich zu einem sorglosen Weihnachten beiträgt, da bin ich skeptisch“, erklärt Reinhild Behr-Bennemann, Leiterin der Alsdorfer Realschule am KuBiz. Die Rektorin fürchtet um die Schüler, denen ein Stück weit fester Rahmen so kurz vor den Feiertagen verloren gehe. „Aus virologischer Sicht kann ich das natürlich nicht beurteilen“, schränkt sie ein. Zwar habe die avisierte Verschiebung keine Auswirkung auf Prüfungen an der Realschule. Allerdings sei die Zeit des Lernens ja ohnehin knapp, da sich immer wieder Schüler in Quarantäne befänden. Für Kleinere sieht die Rektorin ein Betreuungsproblem, wenn Eltern als Arbeitnehmer ihre Urlaubstage bereits verplant haben.

Ein gut durchdachtes Konzept wird benötigt

Genau das fürchtet auch Susanne Drews, Leiterin der Sebastianusschule in Würselen. Sie schickt voraus, dass sämtliche Informationen, über die die Schulen verfügen, bisher aus der Presse stammen. Das Kultusministerium habe sich noch nicht direkt mit diesem Thema an die Schulen gewendet. Die Grundschulrektorin fürchtet, dass die Organisation der Notbetreuung schwierig werden mag, wenn beispielsweise Kinder von Eltern aus systemrelevanten Berufen betreut werden müssen, die bisher nicht in die Offene Ganztagsbetreuung oder eine andere Betreuungsform gehen. „Bisher trennen wir streng nach Lerngruppen und mühen uns nach Kräften um möglichst wenig Durchmischung. Es müsste schon ein gut durchdachtes Konzept sein, wenn bei der Notbetreuung nicht eine neue Durchmischung erforderlich werden wird“, überlegt sie.

Außerdem stehen für Drews die Kinder im Mittelpunkt. „Vielleicht sollten wir darüber nachdenken, was es mit einem Kind macht, wenn das Kind sich wenige Tage vor Weihnachten möglicherweise in einer Eins-zu-eins-Betreuung mit einem ihm fremden Erwachsenen befindet.“ Was Drews auch tunlichst vermieden sehen möchte, ist, dass Eltern, die es sich leisten können, in eine freiwillige Selbstquarantäne mit der Familie gehen, während andere den Kontakt ihrer Kinder mit anderen und neuen Kontaktpersonen nicht vermeiden können.

Michael Schmitt verantwortet die Europaschule in Herzogenrath. Er sieht für seine Gesamtschule ein Riesenproblem. „In den Tagen vor den Ferien haben wir in drei Jahrgangsstufen noch Prüfungen, auch beim Abiturjahrgang. Dieser macht mir die meiste Sorge. Es stehen mündliche Prüfungen in Fremdsprachen an, die nicht mal eben auf irgendwann zu verschieben sind.“ Denn in der Q2 beginnt unmittelbar nach den Ferien das zweite Halbjahr, auch von der Leistungsbewertung her. „Vorziehen der Prüfungen geht gar nicht, verschieben eigentlich auch nicht.“ Schmitt kritisiert, dass mit dieser Maßnahme, deren Grundanliegen ja verständlich sei, vieles in die Verantwortung von Familien verschoben werde.

„Doch was tun Jugendliche, die an den Tagen vor Weihnachten allein zu Haus sind, weil Eltern vielleicht noch arbeiten? Sie treffen sich und gehen shoppen.“ Das stellt er lediglich fest, unabhängig von den schulischen Herausforderungen. Für letztere erklärt er: „Wir haben den ersten Lockdown gestemmt bekommen, wir werden auch diese Situation organisatorisch meistern.“ Fraglich sei nur, ob der Aufwand den Sinn rechtfertige. „Teils bemühen wir uns hier Sachverhalte zu klären, die sieben oder acht Tage her sind, um Corona einzudämmen. Nun sollen zwei Tage vor Weihnachten mehr die Lösung sein...“

Tage an Karneval schon verplant

Birgit Van den Berghen, kommissarische Schulleiterin am Gymnasium Baesweiler, stellt das Positive voran: „Vier Tage mehr Kontaktbeschränkungen, um das Ansteckungsrisiko an Weihnachten zu verringern, ist sicher ein verständliches Argument dafür. Dass aber in der Oberstufe, insbesondere in der Q2, die Tage zum Schreiben von Klausuren benötigt werden und auch, dass eine Notbetreuung sichergestellt werden muss, spricht gegen eine komplette Schließung der Schule an den beiden Tagen.“ Van den Berghen wirft ferner ein: „Es kann auch sein, dass Familien die freien Tage an Karneval schon verplant haben und Unterkünfte bei Streichung dieser Ferientage stornieren müssten.“ Sie hofft inständig darauf, dass die Diskussion der Schulministerin mit Lehrer-, Eltern- und Schülerverbänden einen Kompromiss bringen wird, der möglichst vielen Aspekten gerecht wird.