Herzogenraths Opposition : Sind Haushaltsinfos bewusst erst verspätet mitgeteilt worden?
Herzogenrath Diese Frage wird in Reihen der Opposition im Herzogenrather Rathaus weiterhin reflektiert: Waren die Fakten aus dem Brandbrief des Kämmerers nicht auch schon bekannt, als es um den Haushaltsbeschluss und die dritte Beigeordnetenstelle ging?
Die Opposition sieht das Vertrauensverhältnis in der politischen Landschaft mindestens beschädigt. Denn auch nach der unter anderem zum Punkt Haushaltslage beantragten Sondersitzung des Stadtrats gebe es immer noch keine Erhellung zu einer für CDU, FDP und UBL entscheidenden Frage: Nämlich ob die Fakten zur wachsenden finanziellen Schieflage, die Kämmerer Hubert Philippengracht just vor jener Sitzung des Ausschusses für Bauangelegenheiten vorgelegt hatte, in der die ersten Auftragsvergaben für den Hallenbadneubau anstanden, auch schon vorher, zum Zeitpunkt der Stadtratssitzung, bekannt gewesen seien.
Dann nämlich, als über den städtischen Haushalt 2022 abzustimmen war. Die Fraktionschefs der Opposition gehen davon aus, dass dies der Fall gewesen sein müsse, denn die Bauausschusssitzung habe gerade einmal 14 Tage später stattgefunden, „und das mehrseitige Schreiben des Kämmerers war gut vorbereitet, so etwas macht man nicht mal eben so“.
In der Sondersitzung indes habe zum einen die Niederschrift besagter Haushalts-Ratssitzung noch nicht vorgelegen und sich zum anderen der Bürgermeister in seiner Rede darauf zurückgezogen, dass die städtischen Finanzen generell schon in einer schwierigen Lage gewesen seien.
Auch Björn Bock (FDP) kann keine Logik in der zeitlichen Abfolge von Haushaltsbeschluss und Brandbrief des Kämmerers erkennen, schließlich hätten ja auch die Submissionsergebnisse fürs Hallenbad im Februar bereits vorgelegen, seien die baulichen Mehrkosten folglich bekannt gewesen. Es bleibe dabei, sagt auch Dieter Gronowski (CDU): „Der Brandbrief kam zur Unzeit, wenn auch eine gewisse Choreographie zu erkennen ist.“
Letztere sehen die Oppositionschefs darin, den Beschluss über die umstrittene dritte Beigeordnetenstelle bewusst nicht in den Kontext der vom Kämmerer dann wenig später ins Spiel gebrachten notwendigen Steuererhöhungen zu bringen. Steuererhöhungen, so Bock, seien aber immer zentrale Punkte bei Haushaltsberatungen.
Dass diese diesmal nicht im Haushaltskontext aufgeführt worden seien, lässt Bruno Barth (UBL) schlussfolgern, „dass Steuererhöhungen zunächst noch gar nicht erwähnt werden sollten“, um ganz bewusst beide Punkte zu entzerren: „Das hat ein Geschmäckle“. Und einen „vorläufigen“ neuen Dezernatverteilungsplan zu beschließen, habe denn auch nur den Sinn gehabt, die zusätzliche Beigeordnetenstelle einzuplanen, so Bock.
Mit dem Etat 2022 seien überdies sehr wohl auch Eckdaten für die mittelfristige Finanzplanung beschlossen worden, legt Barth des Weiteren dar. Erstmalig, so verweisen er und Bock auf ihre bereits Jahrzehnte dauernde Stadtratserfahrung, stünden nunmehr wesentliche Änderungen der Finanzplanung schon kurz nach einem Haushaltsbeschluss an.
Und Thorsten Schlebusch, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU, nimmt die wiederholt geäußerte These der Verwaltungsspitze ins Visier, durch die angestrebte Neuorganisation der Mitarbeiterstruktur im Rathaus blieben die Personalkosten stabil. So habe der Bürgermeister auch in der Sondersitzung keine konkreten Angaben zum Personalstand gemacht, was darauf hindeute, dass man Empfehlungen aus dem vor über einem Jahr initiierten Prüfbericht der Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) nur punktuell, nämlich mit Blick auf die Aufstockung der Beigeordneten-Riege, umsetzen wolle. Offen bleibt aus Sicht der Opposition, ob die Verwaltungsspitze besagte Personalstandszahlen tatsächlich nicht kenne („Das wäre höchst unprofessionell“) oder nur noch nicht kommunizieren wolle. Warum, nebenbei erwähnt, besagter GPA-Bericht immer noch nichtöffentlich sei, erfüllt die Opposition weiter mit Erstaunen.
Die rot-grüne Mehrheit, so Gronowski, stelle indes dar, dass sie an die Verwaltungsneuausrichtung glaube. „Wir aber nicht“, sagt er. Und rechnet vor: Bislang, so die Recherchen seiner Partei, gebe es 32 Führungsebenen im Rathaus, nach der angestrebten Umstrukturierung würden es 42 sein. Gronowski: „Das Pendel schlägt in eine bestimmte Richtung aus.“