Herzogenrather „Schimmelarchiv“ : Nach sechs Jahren wird der Keller endlich geräumt
Herzogenrath Lange Zeit hat sich der Schimmelpilz im Herzogenrather Rathauskeller breit gemacht. Betroffen sind 100 laufende Meter Aktenstapel. Warum die Situation etwas peinlich ist.
Im Rathaus sind seit Anfang des Monats Männer in voller Schutzmontur unterwegs. Ihr Einsatzort: das „Schimmelarchiv“. Eine Causa, die in mehrerlei Hinsicht keine erfreuliche ist für die Stadt Herzogenrath. Denn die Pilzsporen wüten bereits seit sechs Jahren – aber erst jetzt wird der etwa 300 Quadratmeter große Lagerraum befreit. Die wohl einzig gute Nachricht verkündete Hauptamtsleiter Markus Schlösser in der jüngsten Hauptausschusssitzung auf Anfrage von CDU-Sprecher Dieter Gronowski. „Die Dokumente, die wir vernichten müssen, sind nicht von historischem Wert für die Stadt Herzogenrath“, betonte Schlösser. „Alle wichtigen Akten lagern in einem anderen Teil des Archivs, der nicht von dem Schimmelpilz betroffen ist.“
Kurz gefasst kann man sagen: Alles, was wegkommt, braucht kein Mensch mehr – so ähnlich beschrieb es auch Schlösser, der sich darüber bewusst ist, dass die Situation für Verwaltungen doch etwas peinlich sei. Zeigt sie doch, wie viel Papier über die Jahre anfalle. Anders formuliert: Dass in einer Verwaltung kaum etwas entsorgt wird. „Es war leider üblich, dass alles gesammelt wurde. Und wenn etwas vernichtet wurde, hatte es davor noch jemand kopiert“, formulierte Schlösser, wohlwissend um die absurde Note. Woraufhin UBL-Sprecher Bruno Barth für einen Lacher im Sitzungssaal sorgte, indem er sagte: „Ich wusste ja gar nicht, dass bei der Stadt ein Messi angestellt war.“
Laut Schlösser werden nun 100 laufende Meter an Dokumenten-Stapel entsorgt, ein „enormer Aufwand“, indes wäre der für die Aufbereitung noch größer. Kurios: Gesetzlich darf noch nicht alles ad hoc vernichtet werden, da es eine Verwahrungspflicht von zehn Jahren gibt. „Also werden jetzt vom Schimmel befallene Dokumente eingeschweißt und bekommen einen Aufkleber mit dem Datum, an dem sie dann endlich entsorgt werden können.“
Mit Sicherheit sind die letzten Stunden von Gesetzesblättern aus dem 19. Jahrhundert gezählt – da diese aber die Stadt Herzogenrath nicht exklusiv betreffen, lagern sie auch im Bundesarchiv. Und wahrscheinlich in anderen Rathäusern der Republik. Der ideelle Wert – sofern vorhanden – ist also gesichert.
Warum aber wird die Stadt erst jetzt tätig? Den Ursprung für den Pilzbefall (eine feuchte Stelle hinter einem Schrank) hat die Stadt erst nach Jahren entdeckt; ein Konzept, wie die Stadt mit dem vor sich hin schimmelnden Archiv umgehen soll, hat erst Neu-Bürgermeister Benjamin Fadavian (SPD) erstellen lassen. „Ich halte es für das Selbstverständnis einer Stadt für untragbar, dass im Rathaus alte, nicht mehr benötigte Unterlagen jahrelang dem Schimmel ausgesetzt worden sind und dies offenbar geduldet wurde“, sagte er. „Mit der Räumung machen wir sachlich, räumlich und vor allem psychologisch einen neuen Aufschlag.“
Die Arbeiten der Stolberger Firma sollen Ende kommender Woche abgeschlossen sein; nach Aussagen von Hauptamtsleiter Schlösser werde dafür eine Rechnung „im unteren fünfstelligen Bereich“ fällig. Danach wird der Raum saniert und wieder als Lager benutzt. Wann es so weit ist, steht noch nicht fest.