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Haushaltsentwurf 2022: Herzogenrath droht erneut das finanzielle Fiasko

Haushaltsentwurf 2022 : Herzogenrath droht erneut das finanzielle Fiasko

Die Stadt Herzogenrath verschuldet sich immer mehr. Bleibt das Defizit derart hoch, droht ab 2025 das Haushaltssicherungskonzept. Der Kämmerer hat einen Plan, wie es abgewendet werden kann.

Es werde „verdammt eng“ bis zum Haushaltssicherungskonzept (HSK), sagte Hubert Philippengracht im Januar 2020 über Herzogenraths Finanzen. Jetzt, fast zwei Jahre später, wird der Kämmerer präziser: Ab dem Jahr 2025 könnte es so sein, dass die Stadt unausweichlich vor dem finanziellen Fiasko steht. Weil zu wenig Geld da ist beziehungsweise die Defizite zu hoch sind.

Die Minusmarke, die eine Kommune nicht zwei Jahre in Folge reißen darf, liegt bei 6,2 Millionen Euro. In den Jahren 2020 und 2021 lag die Stadt mit 7,7 und 6,8 Millionen Euro schon darüber, auch 2022 wird das mit elf und 2023 mit rund 12,9 Millionen Euro der Fall sein, prognostiziert Philippengracht. Aber: Da viele wuchtige Kostenpunkte coronaverschuldet sind, erstattet das Land einige Millionen Euro, so dass Herzogenrath am Ende doch relativ deutlich unter der Minusmarke bleibt. Diese „Corona-Isolierung“ sei aber nur bis 2023 möglich, für 2024 gebe es noch kein Gesetz – ab 2025 „ist aber in jedem Fall keine Isolierung mehr möglich“, betonte der Kämmerer am Dienstagabend in der letzten Ratssitzung des Jahres, als er den Haushalt einbrachte. Stand jetzt liege das Defizit 2025 bei 8,2 Millionen Euro. Und nun?

Ein Teil der Lösung: Die Verwaltung umkrempeln

Vier Jahre bleiben Verwaltung und Politik noch, um den kommunalen Angstgegner HSK im Schulterschluss zu vermeiden. Der Kämmerer und Erste Beigeordnete Hubert Philippengracht hat auch schön mögliche Lösungen präsentiert. Keineswegs sei die „schwarze Null“ an jedem Jahresende das Ziel. Philippengrachts Zauberwort heißt „Konsolidierung“. Fünf Millionen Euro solle die Stadt bis 2025 einsparen, was auf vier Jahre gestreckt 1,25 Millionen Euro per anno bedeutet. „Wir müssen einen deutlichen Puffer zur HSK-Grenze erreichen“, betonte der Stadtkämmerer.

Die Stadt steckte erst im vergangenen Jahrzehnt im Haushaltssicherungskonzept. Es ist also nicht lange her, dass gespart werden musste, wo es nur geht, und nicht groß investiert werden durfte. Auch Bürger gingen damals wegen Steuererhöhungen auf die Barrikaden.

Es ist mitunter Usus, dass ein Kämmerer die Verantwortung zumindest teilweise, aber auf jeden Fall vehement an die Politik weiterleitet. Denn die hat ja so ihre Vorstellungen, wo die Stadt Geld auszugeben hat und wo nicht. Philippengracht lenkte die Aufmerksamkeit jedoch zunächst auf die Verwaltung. „Wir brauchen einen zusätzlichen Beigeordneten, wir müssen alte Strukturen lösen und langjährig bekannte Verfahren überdenken“, formulierte er deutlich. Mit dem Credo „Sparen durch mehr Führung“ könne Herzogenrath die Krise abwenden.

„Wir fangen besser sofort an“

Philippengracht regt an, die Leitungsebenen zu reduzieren, den Aufbau der Verwaltung flacher zu gestalten und mit der Kombination aus zusätzlichem Beigeordneten und „mehr Führung in den Ämtern“ mehr Effizienz zu schaffen. „Neue Impulse bringen eine bessere Wirtschaftlichkeit – zum Wohle der Bürger“, ist der Kämmerer überzeugt. Steuer-, Gebühren- oder Beitragserhöhungen, sprich die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen an der Konsolidierung beteiligen, sei das letzte aller Mittel, das es zu vermeiden gilt.

Um allen Anwesenden in der Aula des Schulzentrums die Situation bildlich vor Augen zu führen, zog Philippengracht eine Analogie zu der Hochwasserkatastrophe im Sommer. „Wir haben bei dem starken Regen schon frühzeitig Sandsäcke aufschichten lassen, damit die Innenstadt nicht so stark getroffen wird“, sagte er. „Wir fangen besser sofort an als zu warten.“

Die Politik hat nun bis Februar Zeit, über das Zahlenwerk des Kämmerers zu diskutieren. Aufgrund der pandemischen Lage verzichteten die Fraktionen auf die üblichen (und mitunter ausufernden) Wortbeiträge. Bürgermeister Dr. Benjamin Fadavian (SPD) kommentierte die Präsentation seines Kämmerers auch entsprechend kurz: „Das war sehr aussagekräftig.“