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Bürgerbeteiligung in Herzogenrath: Die Workshops kommen, der Bürgerrat aber nicht

Bürgerbeteiligung in Herzogenrath : Die Workshops kommen, der Bürgerrat aber nicht

Die Herzogenrather Fraktionen haben sich festgelegt, wie die Bürgerschaft demnächst direkter in politische Entscheidungen eingebunden werden sollen. Kontra bekam die Verwaltung aber für ihre Argumente gegen den Bürgerrat.

Geht es um das Thema Bürgerbeteiligung, kämpft die dreiköpfige UBL-Fraktion im Herzogenrather Stadtrat an vorderster Front. Deswegen waren Bruno Barth, Hartmut Prast und Roxanna Shad so gar nicht einverstanden mit der Begründung der Verwaltung, warum sie dagegen ist, einen sogenannten Bürgerrat als zusätzliches Organ zu gründen.

Ein Bürgerrat ist ein Gremium, für das acht bis zwölf Mitglieder per Zufallsprinzip ausgesucht werden, die dann zwei Tage zu bestimmten Themen tagen und bestenfalls einen repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung darstellen. Den Antrag der UBL von Mai hat der Rat diese Woche mehrheitlich abgelehnt.

Besonders echauffierte sich Hartmut Prast über folgendes Gegenargument der Verwaltung in der schriftlichen Vorlage: „Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie behandeln komplexe Fragestellungen. Der Prozess an sich und die komplexen Themen können die Bürger/-innen überfordern.“ Prast war der Meinung, dem Autor seien „die Gäule durchgegangen“ bei diesen Zeilen. „Wir trauen dem Bürger nichts zu?“, fragte er.

Die Kostenfrage und das „Armutszeugnis“

CDU-Fraktionssprecher Dieter Gronowski unterstützte die UBL. Er stimmte dem Antrag der kleinen Fraktion vollinhaltlich zu und hielt die Ausführungen der Verwaltung für „fragwürdig“. Er betonte: „Wir sollten nichts unversucht lassen, um die Bürgerschaft dauerhaft zu beteiligen.“ Überhaupt nicht konnte er die von der Verwaltung genannten Kosten als wichtiges Gegenargument verstehen. Sparen könne man überall – aber nicht an der Bürgerbeteiligung, sagte Gronowski. „Wir werden an ganz anderer Stelle daran noch einmal erinnern.“

Gronowskis CDU-Kollege Kai Baumann sprach sich mit Nachdruck für einen Bürgerrat aus, weil dieser „explizit nicht aus Experten besteht“ und der Politik ihre Entscheidungen spiegeln könne. Für ihn sei es ein „Armutszeugnis“, dass die Verwaltung den Bürgerinnen und Bürgern dies nicht zutraue.

Aus Reihen der FPD sagte Fraktionssprecher Björn Bock, er könne die Verärgerung der UBL über die Formulierungen der Verwaltung verstehen, aber er halte einen Bürgerrat als zusätzliches Instrument derzeit für nicht nötig. „Es gibt gute Argumente für beide Seiten. Ich finde dennoch, wir sollten alles ausreizen, was bislang vorhanden ist und zum Beispiel den Jugendbeirat wieder aktivieren“, sagte Bock. So sieht es auch SPD-Sprecher Wolfgang Goebbels: erst schauen, welche Erfahrungen man mit allen vorhandenen Gremien und Beiräten gemacht hat.

„Nur Schrittchen in die richtige Richtung“

Indes mehrheitlich beschlossen hat der Stadtrat die Einführung der regelmäßigen Bürgerworkshops zu bestimmten Themen wie größeren Bauvorhaben. Nach Ansicht der Grünen kommt diese Idee „dem Wunsch nach direktem Einfluss viel näher“, wie Laura Postma äußerte. „Damit können die wertvollen Ideen und Vorschläge all unserer Einwohnerinnen und Einwohner in die Entwicklung der Stadt einbezogen werden.“ Der Antrag stammt aus August und aus den Federn von Grünen und SPD.

Deswegen stimmte UBL-Sprecher Barth auch nur zähneknirschend zu. Die Workshops seien „nur ein Schrittchen, aber kein Schritt in die richtige Richtung“. Und vielmehr ärgerte es ihn, dass dieser Vorschlag drei Monate nach dem seiner UBL eingereicht worden war. „Da war mir klar, dass unsere Idee abgelehnt wird“, sagte er und warf Grünen-Fraktionschef Dr. Bernd Fasel vor, die Workshops aus Gründen der „Gesichtswahrung“ vorgeschlagen zu haben, weil die Grünen schon immer gegen die Bürgerrat-Idee der UBL gestimmt hatten. „Sagen Sie doch einfach, der Antrag kam von der falschen Fraktion“, sagte Barth – was Fasel natürlich anders sah. Und er betonte: „Auch wir nehmen die Bürgerbeteiligung sehr ernst.“ Immerhin: Ein Instrument wird im kommenden Jahr eingeführt.