Tag der Pflege : „Die Pflege ist deutlich besser als ihr Ruf“
Nordkreis Die HeimLAG ist die Interessensvertretung der Heimleiter in der Städteregion. Anlässlich des Tages der Pflege zeigt der Vorstand die Herausforderungen aber auch Entwicklungen eines Berufsstandes auf, über den viele Vorurteile bestehen.
Arbeiten an der Belastungsgrenze und darüber hinaus, weil zu viele Fachkräfte fehlen, schlechte Arbeitszeiten mit Schichtdienst und das alles für einen Lohn, der dem Aufwand nicht gerecht zu werden scheint – die Pflege hat in der öffentlichen Wahrnehmung ein schlechtes Image. Die Corona-Pandemie, in der die Pflegekräfte dem Infektionsrisiko mitunter am stärksten ausgesetzt waren und vielfach mit einem hohen Personalausfall zu kämpfen hatten, hat dieses Bild noch verstärkt.
Tatsache ist: Laut der aktuellen Ausgabe der „Landesberichterstattung Gesundheitsberufe“ fehlten Ende 2021 in NRW im Bereich Gesundheits- und Krankenpflege rund 13.500, in der Kinderkrankenpflege etwa 1450 und in der Altenpflege rund 8800 Fachkräfte. Gleichzeitig ist die Zahl der Auszubildenden in der Pflege auf einem Höchststand. 2019 wurden demnach über 17.000 Menschen in einem Pflegeberuf ausgebildet.
Davon komme in den Altenpflegeeinrichtungen im ehemaligen Altkreis Aachen jedoch wenig an, sagt der Vorstand der HeimLAG, der Interessensvertretung der dortigen Heimleiter, der 36 Einrichtungen angehören. „Es wird immer propagiert, es würde so viel ausgebildet wie noch nie zuvor, aber das können wir so nicht bestätigen. Früher hatte ich dreimal so viele Auszubildende“, sagt etwa Patrick Wiek aus dem HeimLAG-Vorstand, der das Seniorenheim Carpe Diem in Würselen leitet.
Dabei würden die Einrichtungen der HeimLAG gerne mehr ausbilden, wie auch Thomas Vieg, Vorsitzender der HeimLAG und Leiter von Haus Rode und des Seniorenheims am Bockreiter in Herzogenrath, bestätigt. Beispielsweise Pflegefachassistenten. Diese einjährige Ausbildung, die auch Menschen ohne Schulabschluss offensteht und im Anschluss zur Aufnahme einer dreijährigen Pflegeausbildung berechtigt, wurde 2020 mit dem Pflegeberufegesetz eingeführt. Für die Einrichtungen bietet sich dadurch die Möglichkeit, neue Leute für die Pflege zu gewinnen. Patrick Wiek sieht hierin zudem eine niedrigschwellige Chance für Berufsumsteiger.
Auch die klassische Pflegeausbildung wurde 2020 reformiert und das generalistische Ausbildungsmodell eingeführt. Schulabsolventen, die einen Pflegeberuf ins Auge fassen, müssen sich seitdem nicht mehr vor der Lehre für ihr künftiges Tätigkeitsfeld entscheiden, sondern absolvieren zunächst eine zweijährige Grundausbildung. Anschließend können sie eine einjährige Spezialisierung im Bereich Altenpflege beziehungsweise Gesundheits- und Kinderkrankenpflege machen oder ein weiteres Jahr die generalistische Ausbildung zur Pflegekraft fortführen.
Das hat viele Vorteile für die Auszubildenden, erklärt Ralf Marleaux, der ebenfalls dem Vorstand der HeimLAG angehört und die Wohnanlage für Senioren und Behinderte „An der Stadthalle Alsdorf“ leitet. „Diese Art der Ausbildung ermöglicht es, das breite Spektrum von Pflege in all seinen Facetten und beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten kennenzulernen und während der Ausbildung nachzufühlen, in welche Richtung es gehen soll“, sagt er.
Für die Heimleiter ist die generalistische Ausbildung jedoch auch mit Risiken und Mehraufwand verbunden, wie der HeimLAG-Vorstand feststellt: Zum einen steigt durch die breitgefächerte Ausbildung die Gefahr, Fachkräfte doch noch an das Krankenhaus zu verlieren. Patrick Wiek stellt außerdem den hohen Personalaufwand heraus: Für die Praxisanleitung brauche es speziell ausgebildete Fachkräfte, die sich dafür regelmäßig weiterbilden müssten. Wiek sagt: „Das ist in der Sache super, aber die Zeit für diese Fortbildungsmaßnahmen ist eigentlich nicht da.“ Denn: Fachkräfte in der Pflege sind Mangelware, und ihre Arbeitskraft werde anderswo gebraucht, wie Vorsitzender Thomas Vieg präzisiert.
Angesichts des anhaltenden Fachkräftemangels sei auch das Vorurteil von der schlechten Bezahlung in der Pflege zumindest was das Einstiegsgehalt betrifft, vor allem das: ein Vorurteil. „Wenn ich als Einrichtung schlecht bezahle, dann hauen die Menschen ab oder kommen gar nicht erst zu mir.“ Das sei simple Marktwirtschaft, so Vieg. Ab September gilt ohnehin eine bundesweite Tarifbindung in der Pflege. Dann sei in manchen Bereichen und Regionen noch einmal mit einem deutlichen Anstieg der Gehälter zu rechnen, berichtet HeimLAG-Vorstandsmitglied Ralf Marleaux.
Insgesamt möchte die Interessensvertretung für eine Ausbildung in der Pflege mobil machen und auch die Vorteile einer Tätigkeit herausstellen, die „sinnstiftend und erfüllend“ und vor allem „deutlich besser als ihr Ruf“ sei. Gerade durch die neugegliederten Ausbildungen sei die Qualität stark gestiegen, und beispielsweise durch die Digitalisierung würden derzeit viele Themenfelder in der Pflege erschlossen, die neue Schwerpunkte und Weiterentwicklungsmöglichkeiten eröffneten. „Wir sehen viele positive Entwicklungen in der Pflege“, betont Ralf Marleaux.
Darüber hinaus wolle man sich, gerade nach der harten Corona-Zeit, zum wiederholten Male bei seinen Beschäftigten für ihr großes Verantwortungsbewusstsein und Engagement bedanken. Dafür sei der Tag der Pflege am 12. Mai ein gutes Datum. Marleaux verspricht außerdem: „Wir wollen dafür kämpfen, die Rahmenbedingungen von Pflege in den Einrichtungen zu optimieren.“ Dabei sei aber auch die Unterstützung der Politik weiter gefragt.