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Computer verdrängt Bleistiftspitzer: So digital ist die Baesweiler Verwaltung schon

Computer verdrängt Bleistiftspitzer : So digital ist die Baesweiler Verwaltung schon

Die Digitalisierung schreitet voran und ist natürlich auch in Kommunalverwaltungen ein wichtiges Thema. Wie sieht es da zum Beispiel im Baesweiler Rathaus aus?

Die Digitalisierung der Arbeitsweise der Baesweiler Verwaltung ist im wahrsten Sinn des Wortes kein Papierlöwe und schon gar nicht von Pappe. Nicht nur die Bediensteten dort müssen immer stärker vom guten alten Papier und zig Aktenmetern Abschied nehmen. Auch der im Rathaus Rat und Dienstleistung suchende Bürger wird dazu angehalten, sich immer stärker auf die „Computerisierung“ der Abläufe einzulassen. „Aber wir gestalten das so, dass besonders die Älteren immer noch auf den klassischen Wegen per Telefon, per Brief oder durch persönliches Erscheinen ihre Anliegen vorbringen können und entsprechend betreut werden“, betont Bürgermeister Pierre Froesch (CDU). Und spätestens, wenn es um die nachhaltige Ausstellung und Ausgabe von Belegen und Urkunden geht, dürfte die Papiervariante eine Hausnummer bleiben. Gemeinsam mit Simone Wetzel, Leiterin des Hauptamtes, und Jörg Bergstein, Leiter der Hauptabteilung, stellt er auf Nachfrage der Lokalredaktion „aktuelle Digitalisierungsthemen der Stadt Baesweiler“ vor.

Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung hat die Stadtverwaltung bereits im Jahr 2019 ein umfangreiches Serviceportal eingerichtet. Wer beim Internetauftritt der Stadt Baesweiler unter www.baesweiler.de auf der Startseite einen entsprechend gekennzeichneten Löwen-Button drückt, lässt nicht das Raubtier in der Verwaltung los, sondern wird zu 148 Dienstleistungen der Verwaltung weitergeleitet, die entsprechend beschrieben und mit Ansprechpartnern versehen sind. Direkt anzusteuern ist das Portal unter serviceportal.baesweiler.de. Um Online-Dienstleistungen zu nutzen oder schriftlich Kontakt mit den Ansprechpartnern aufzunehmen, benötigen die Nutzer/Bürger ein persönliches Servicekonto. Einmal angemeldet, ist dies der Schlüssel zu den Online-Dienstleistungen und Formularen. Derzeit gibt es 20 Dienstleistungen, die online beantragt werden können. Dazu gehören unter anderem An- und Abmeldung von Hunden, Mängelmeldung, Beantragung von Personenstandsurkunden, Anmeldung von Alters- und Ehejubiläen und Anmietung von Vereinsheimen. „Die Dienstleistungen werden ständig erweitert“, betont Bürgermeister Froesch.

Auch papierlose Dokumente wollen verwaltet, also verfügbar gehalten werden. Als Basis für die Verarbeitung digitaler Belege hat die Kommune ein sogenanntes Dokumentenmanagementsystem (DMS) eingeführt. Darin werden alle Dokumente revisionssicher (vor Abänderung gesichert) gespeichert. Nach und nach sollen jetzt alle Ämter ans DMS angebunden werden.

 Der Löwe weist freundlich den Weg: Über die Homepage www.baesweiler.de angesteuert, muss dieser Button nur angeklickt werden, um auf das Serviceportal zu gelangen.
Der Löwe weist freundlich den Weg: Über die Homepage www.baesweiler.de angesteuert, muss dieser Button nur angeklickt werden, um auf das Serviceportal zu gelangen. Foto: MHA/Karl Stüber

Einen kräftigen Schub beim Abschied vom papierbetonten Büro hat der vorübergehende Umzug der bislang am Standort Mariastraße untergebrachten Kollegen in die ehemalige Goetheschule an der Grabenstraße und das Rathaus in Setterich mit sich gebracht. Reichlich Aktenballast wurde nach Sichtung vor dem Wechsel der Räumlichkeiten entsorgt. Die Reduzierung der Bestände wird weiter vorangetrieben. Aktuell geht es um die Akten des Bauordnungsamtes, die durch einen externen Dienstleister digitalisiert werden, so dass diese nach Online-Beantragung über das Serviceportal digital eingesehen werden können. Die Hälfte der Akten ist bereits digitalisiert. Später erfolgt die Anbindung an das Bauportal.NRW. Über dieses Portal soll eine rechtssichere Gestaltung des Baugenehmigungsprozesses für Bauwillige zur Verfügung gestellt werden. Die Landesregierung hat alle Kommunen aufgefordert, das digitale Bauportal vorzubereiten. Man verspricht sich davon einen besseren Service, eine Verkürzung der Genehmigungsdauer und eine Verfahrensvereinfachung im Austausch mit Beteiligten wie Fachbehörden und Architekten. Aber auch andere Ämter in der Baesweiler Verwaltung müssen sich auf eine Digitalisierung ihrer Aktenberge einstellen.

Der „Kollege Computer“ im Baesweiler und allen anderen Rathäusern wird auch noch auf anderen Feldern immer wichtiger. So wurde nun frisch zum Jahreswechsel mit Inkrafttreten des Paragraphen 55d der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die Verpflichtung für sogenannte professionelle Einreicher –  hier insbesondere Rechtsanwälte und Behörden – begründet, vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen als elektronisches Dokument zu übermitteln. Sicherlich wird die Umstellung noch eine gewisse Karenzzeit in Anspruch nehmen. Dabei geht es unter anderem um Anträge und Erklärungen der Beteiligten sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter.

Zur sicheren Übermittlung dient „beBPo“. Das ist keineswegs die verunglückte Schreibweise für einen besonders zuverlässigen Kollegen der Poststelle des Rathauses, der die Schriftsätze transportiert, sondern das Kürzel für „besonderes Behördenpostfach“ mit qualifizierter elektronischer Signatur. Ohnehin verfügt die Stadt Baesweiler seit Jahren über eine sogenannte DE-Mail, die für alle Teilnehmenden Rechtssicherheit und Verbindlichkeit bieten soll. Zum Schutz findet der Nachrichtentransport ausschließlich verschlüsselt statt, wie versichert wird.

Was früher als Arbeitsabläufe oder Arbeitsschritte bezeichnet wurde, wird mittlerweile zum „Workflow“ erhoben, was Skeptiker gerne mit „Arbeitsab- oder -überfluss“ übersetzen. Gemeint sind damit jedoch fließendere, sprich effektivere, da Zeit sparende Verfahrensweisen. Die Baesweiler Kämmerei (früherer Begriff für Schatzkammer) hatte schon im vergangenen Jahr mit dem „Projekt des digitalen Rechungsworkflows“ begonnen. Damit verbunden ist die digitale Bearbeitung von Zahlungsverpflichtungen. Im Januar startete nun der „Echtbetrieb“. Aufwand und Durchlaufzeiten sollen so erheblich reduziert werden.

Aktuell wird die Einführung eines (optimal nutzbaren) Online-Terminvergabesystems geprüft, um die Besucherströme besser steuern zu können. Das soll Wartezeiten erheblich reduzieren.

Bewährt hat sich das im Jahr 2016 eingeführte Ratsinformationssystem, mit dem die Arbeit des Stadtrates und seiner Ausschüsse begleitet und dokumentiert wird. Hierüber können sich Interessierte schon über Entscheidungsgrundlagen und Sitzungsniederschriften informieren. Ratsmitglieder und sachkundige Bürger/innen haben zudem die Möglichkeit, die entsprechenden Unterlagen über die nicht-öffentlichen Sitzungen per Passwort einzusehen.

Wie in der Corona-Pandemie zu erwarten, ist mobiles Arbeiten per Rechner von Zuhause aus auch für Verwaltungsbedienstete wichtig. Aktuell sind 40 entsprechend gerüstete Laptops im Einsatz, wie Hauptamtsleiterin Simone Wetzel sagt.

In zwei Jahren werden die Bediensteten der Baesweiler Stadtverwaltung aus dem „Exil“ Goetheschule in das dann erweiterte und modernisierte Rathaus in Baesweiler-Mitte zurückkehren, das in seiner Infrastruktur den modernsten Anforderungen des digitalen Betriebs entsprechen wird. Die Kollegen aus Setterich kommen hinzu, wird doch dieser Standort aufgegeben.

Gerne pilgern Delegationen aus dem angrenzenden Deutschland ins niederländische Venlo, das als Referenzort für moderne Verwaltung gilt. Auch die Baesweiler waren schon da. „Da liegt im Büro mit dem digitalen Eingang von zwei Behörden weniger Papier auf dem Tisch als auf dem in meinem Büro“, bekennt Bürgermeister Froesch und gelobt Besserung, da er ohnehin gerne auch mit dem Laptop mobil arbeitet.

Es bleibt noch viel Arbeit für Schredder. Die Aussichten für passionierte Bleistiftanstifter sind jedoch schlecht. Papier mag geduldig sein, die rasant fortschreitende Digitalisierung kann es aber nicht aussitzen.