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„Kultur nach Acht“: Moritz Netenjakob unterhält sogar mit Verkehrsmeldungen

„Kultur nach Acht“ : Moritz Netenjakob unterhält sogar mit Verkehrsmeldungen

Moritz Netenjakob ist Grimme-Preisträger, Bestseller-Autor und ein Meister des Parodierens. Sein ganzes Können zeigte er bei „Kultur nach Acht“ in der Baesweiler Burg.

Was hält Moritz Netenjakob denn von der (manchmal piepsig wirkenden) Sprechstimme des großen Til Schweiger? Dazu hat der Kabarettist eine eindeutige Meinung. „Mit der Stimme darfst Du in Hollywood gerade mal eine Insektenlarve synchronisieren.“ Nur einer von 200 gefühlten Gags, die der Grimme-Preisträger bei seinem Auftritt in Baesweiler losließ.

Netenjakob trat im Rahmen der Reihe „Kultur nach Acht“ in Baesweiler auf. Dort wird das Publikum schon seit mehr als zehn Jahren mit dem Besten aus Comedy und Kabarett verwöhnt. Einer der Besten schlechthin ist dabei Netenjakob, der mit seinem Programm „Das Ufo parkt falsch“ die Zwerchfelle seines Publikums auf Trab hielt.

Die Kulisse, ein liebevoll eingerichtetes Lesezimmer, lässt zunächst einen gemütlichen Abend vermuten. Doch „gemütlich“ wird beim Bestseller-Autor so gut wie gar nichts. Der Meister des Parodierens aus der Kölner Millionenmetropole hat sie alle drauf. Angefangen bei Udo Lindenberg über Dieter Hallervorden bis hin zu Jochen Busse oder eben auch Til Schweiger, hat man gar keine Zeit, sich von einem Gag zu erholen und abzulachen, da steht schon der nächste Brüller an.

Beispielsweise zum Thema „Deutschland sucht den Superstar“. Netenjakob: „Ja wie lange wollen die denn noch suchen. Bisher haben sie ihn nach 20 Jahren noch nicht gefunden.“ Singen kann einer wie er, der Buch-Bestsellerautor geworden ist, natürlich auch. Gewählt hat er den Welthit „I Would Do Anything for Love“ des Briten Meat Loaf. Mit einer kleinen Abwandlung. Er singt zu dieser Melodie Verkehrshinweise der gängigen Radiosender vor. Vom Stau auf der A3 bis zur Vollsperrung der A4: Das Publikum ist hochgradig amüsiert.

Das Gefühl intensiviert sich noch, als er vom Spaziergang mit seiner pubertierenden Nichte in einem Park erzählt. Der 52-jährige Kölner beschreibt den Moment, in dem das Fräulein das Vogelgezwitscher in einem Baum vernimmt und ihrem Onkel Moritz ganz aufgeregt erklärt: „Du, der Baum kriegt gerade eine SMS!“

Herrlich sind auch seine Kostproben der deutschen Sprache, Marke sächsisch. Der Zuschauer empfindet, „so schön kann deutsche Sprache sein“. Nur, er versteht sie nicht. Seit 20 Jahren ist der Kabarettist mit einer Türkin verheiratet. „Ich komme aus Köln, sie stammt aus der Türkei. Sie ist also rechtsrheinisch“, geht’s munter mit den Pointen weiter.

Besonders viel Spaß hatte der Buchautor, der aus mehreren seiner Werke zitierte, beim Gedanken an seinen Auftritt in Duisburg-Marxloh. „Als ich vor meine 100 Fans trat, meinte der Veranstalter, das sind die letzten 100 Deutschen, die in Marxloh leben.“ Ebenso erheitert war der Künstler beim Gedanken an seinen Auftritt in St. Pauli. Auf der Reeperbahn kündigte der heimische Gastgeber ihn mit den Worten an: „Und nun viel Spaß mit Moritz Netanjahu.“ Bisweilen reichten die Erinnerungen des „kölsche Jung“ bis in seine Schulzeit zurück. „Als ich meiner Lehrerin im ersten Schuljahr einen Liebesbrief schrieb, musste meine Mutter mich zuerst darüber aufklären, was eine Lesbe ist!“

Nach gut zwei Stunden Spitzenprogramm von Netenjakob bedauerten die Besucher, dass es schon vorbei war. Mit Sibel, der türkischen Kellnerin, mit Udo Lindenberg oder mit Onkel Abdullah, der Oma Berta, die zum Antrittsbesuch in Köln ein ausgestopftes Eichhörnchen mitbrachte. Netenjakob: „Das sah eher aus wie eine Figur von Stephen King als eine von Walt Disney.“

(mali)