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Karneval im Lockdown: Dem Baesweiler Löwen einen Mundschutz verpasst

Karneval im Lockdown : Dem Baesweiler Löwen einen Mundschutz verpasst

Noch einmal schlafen, dann ist es soweit… Rathaussturm, Altweiberball, und „dat Trömmelche jeht“. Wenn da nicht Corona wäre. Denn in diesem Jahr wird es nichts aus sämtlichen Feiern an den tollen Tagen.

Die Machtergreifung am Rathaus durch die Karnevalsprinzen am morgigen Donnerstag fällt da ebenso ins Wasser wie die Events im Zelt an der Peterstraße und der Tulpensonntagszug in Baesweiler, bei dem allein im vorigen Jahre 78 Gruppen mitgewirkt haben, oder aber die Viertelszüge ind Beggendorf und Oidtweiler. So heißt es also in diesem Jahr: Noch einmal schlafen, und dann gibt es – auch für die Karnevalsfans – einen eher normalen Arbeitstag.

Beispielsweise auch bei Hans-Erich Theil, Vorsitzender des Festkomitees Baesweiler Karneval. „Wir sitzen da schon mit einem Tränchen im Auge und es wird auch Karnevalsmusik laufen“, blickt er dem morgigen Tag entgegen. Doch das war es dann auch schon. Besonders bitter, so sagt er, für alle Mädels in den Showtanzgruppen, aber auch für alle anderen Aktiven, die sich auf die Jubiläums-Session gefreut hatten. Denn das Festkomitee feiert in der Session 2020/2021 sein 4x11-jähriges Jubiläum.

Eigentlich hätte das schon im Oktober 2020 mit einer Veranstaltung gefeiert werden sollen, doch die ist nun auf den Oktober 2021 aufgeschoben worden. „Wir hoffen natürlich, dass wir bis dahin wieder feiern dürfen“, so Theil, der mit einem BDK-Tanzturnier und einem VKAG-Tanzturnier weitere karnevalistische Veranstaltungen für den späten Herbst ins Auge gefasst hat.

 Festkomitee-Vorsitzender Hans-Erich Theil (r.) und Archivar Peter Meißner erinnern sich beim Blick ins Album an alte Sessionsorden.
Festkomitee-Vorsitzender Hans-Erich Theil (r.) und Archivar Peter Meißner erinnern sich beim Blick ins Album an alte Sessionsorden. Foto: Günther von Fricken

Wie die Jubiläums-Pläne, so ist auch der Jubiläums-Sessionsorden zunächst in der Schublade gelandet, der bereits produziert wurde. Er wird also nun verspätet verliehen, dich aufgeschoben ist natürlich nicht aufgehoben. Der Orden zeigt das Wappen des Festkomitees und die Farben der einzelnen Mitgliedsvereine, die unter dem Motto „Alle unter einer Kappe“ zusammenstehen.

Diesen Zusammenhalt wertet Theil genauso wichtig, wie die Tatsache, „dass der Karneval in den Vereinen lebt“, was aktuell aber zum Beispiel nur durch ein Online-Tanztraining oder einen Stammtisch über Teams umgesetzt werden kann. Kein Karneval, das heißt, auch kein Tulpensonntagszug. „Reste des Wurfmaterials der vorigen Session, dass wir dieses Jahr unters Volk bringen wollten, haben wir an die Behinderten-Werkstatt in Burtscheid gespendet. Und leider können wir auch einen zunächst angedachten Karnevals-Autocorso am Tulpensonntag nicht umsetzen“, sagt Theil weiter.

Wie das Festkomitee Baesweiler Karneval so sind alle Vereine darum bemüht, das beste aus der Corona-Nicht-Session zu machen. Bei der KG Blaue Funken Loverich/Floverich hatte ein neues Prinzenpaar Interesse angemeldet, die KG Rot Weiße Funken Beggendorf ist noch im vorigen Jahr mit einem Planwagen unterwegs gewesen, um die jugendlichen Mitglieder mit einem Geschenk zu überraschen.

Das Missionswerk Oidtweiler Karneval ruft die Mitstreiter auf, Videobeiträge zusammenzustellen und zu schicken, die dann veröffentlicht werden.

Jenny, Tochter des zurzeit letzten Baesweiler Prinzenpaares aus der Session 2019, Jörg und Christiane Kretschmar, hatte die Idee, eine Karnevalstüte zu packen und diese an das Gefolge und Freunde an der Haustüre zu verteilen. „Wir sollen dann alle am Tulpensonntag um 14.11 Uhr, wenn normalerweise der Zug starten würde, die Dinge aus der Tüte nehmen und Karneval feiern. So sind wir wenigstens in Gedanken zusammen. Eine tolle Idee, finde ich“, beschreibt Dieter Schönebeck, Ex- Prinz in Baesweiler und Geschäftsführer im Verband der Karnevalsvereine Aachener Grenzlandkreise, eine weitere Aktion.

Besondere Orden, die an Mitglieder und Freunde verliehen werden und die Coronavirus-Thematik beinhalten, haben sich die Schörjer und der Karnevalsausschuss Settericher Karneval einfallen lassen. „Der Orden sollte die Herausforderungen des Jahres widerspiegeln. Deshalb ist ein Virus ebenso abgebildet wie eine Maske, die der Settericher Esel trägt“, beschreibt K.A.S.-Präsident Peter Jansen den besonderen Orden, der in Zusammenarbeit mit Josef Kaußen von der Oecher Ordenswerkstatt entwickelt wurde. In zwei Gruppen, ausgestattet mit dem neuen, selbstgenähten K.A.S. Mundschutz und Desinfektionsmttel, machten sich die Vorstandsmitglieder in Uniform auf den Weg, um ihre Mitglieder und Baesweiler Karnevalsvereine mit dem Corona-Orden zu überraschen.

In Setterich hat der K.A.S. einen Corona-Sessionsorden entwickelt.
In Setterich hat der K.A.S. einen Corona-Sessionsorden entwickelt. Foto: Günther von Fricken

„Natürlich ist es für uns Karnevalisten nicht einfach mit dieser Situation umzugehen, aber wir machen das Beste daraus. Daher haben wir uns entschieden, trotz allem einen Sessionsorden zu entwerfen und umzusetzen“, sagt Stefan Latten von der „Renngemeinschaft de Schörjer“ zur Session 2020/2021. Das Ergebnis ist sehr schön und sehr passend geworden. „Wir haben dem Baesweiler Löwen einen Mundschutz verpasst und das Coronavirus reitet auf dem Rücken des Löwen. Dies alles in bunten Schörjerfarben hinter der Silhouette von Wahrzeichen unserer schönen Stadt Baesweiler“, beschreibt er den Orden.

Diesen Orden haben die Schörjer im Rahmen der gesetzlichen Coronabestimmungen an die Mitglieder und Freunde der Schörjer an den Mann/Frau gebracht. Sie haben zwei Sonntage „geopfert" und eine Rundreise durch das Stadtgebiet gemacht. „Es war schön und wir haben sehr viel Dankbarkeit für den schönen Orden erhalten. Dies hat riesig Spaß gemacht den Orden an die einzelnen Menschen zu überreichen. Es war ein kleines Stück Normalität“, so Latten.

Am schmerzvollsten war es für ihn, dass die Schörjer ihre Sitzung am 16. Januar nicht durchführen konnten. „Das tat schon sehr weh. Bei mir war es das erste Mal seit 36 Jahren. Nichtsdestotrotz werden wir, wenn es dann möglich ist, mit aller Kraft in die neue Session 2021/2022 starten und alles dafür geben, dass unser Brauchtum Karneval weiterlebt und den Platz in unserer Gesellschaft kulturell behält“, blickt er voraus.

Auch die Frauengemeinschaft Oidtweiler-Bettendorf musste in diesem Jahr natürlich auch auf ihre beiden Sitzungen verzichten, die eigentlich am vergangenen Freitag und Samstag auf der Bühne in der Turnhalle Oidtweiler hätten stattfinden sollen. Gefeiert haben die jecken Frauen trotzdem – zumindest die aktiven. Am Samstag haben sich alle in den feinsten Karnevalszwirn geworfen und mit Utensilien zum Schmücken und Verzehren in Zweierteams vor den heimischen Rechnern getroffen und über Zoom gemeinsam Karneval gefeiert.

Die Sitzungspräsidentinnen Nicole Redemann und Simone Thelen hatten ein kleines Programm vorbereitet mit Mitmachaktionen, Spielen, Fotos und Videos aus den Vorjahren und vielen gemeinsamen Liedern zum Singen und Schunkeln. Außerdem hatten es sich einige Freunde der Frauengemeinschaft nicht nehmen lassen, kleine Grußbotschaften über Video zu schicken – etwa Bürgermeister Pierre Frösch, die Oidtweiler Junggesellen und das Missionswerk Oidtweiler Karneval.

Der Oidtweiler Stimmungssänger Hape Johnen schickte musikalische Grüße und die Young Spirits aus Setterich, die sonst immer live auf der Bühne stehen, schickten ein Tanzvideo. Dies taten auch Kabarettist Jürgen B. Hausmann und Hans-Erich Theil und Andreas Kick vom Festkomitee, während Thekenwirt Hans-Werner Herten ein Gedicht getextet hatte.

Mit vielen bunten Fotos und Videos, die die Frauen anschließend über Facebook und andere soziale Medien verteilten, ließen sie auch die übrigen jecken Weiber aus Oidtweiler an den Eindrücken dieser alternativen aber trotzdem sehr schönen und ausgelassenen Karnevalssitzung teilhaben. "Wir hoffen natürlich trotzdem, dass wir uns im nächsten Jahr wieder alle live auf der Bühne wiedersehen", so Nicole Redemann.