„The Voice of Germany“ : Natascha aus Alsdorf will es in den „Battles“ wissen
Alsdorf Natascha Ronowski aus Alsdorf hat sich in der ersten Runde der Castingshow „The Voice“ durchgesetzt. Das könnte der Beginn einer Gesangskarriere sein – aber will sie die überhaupt?
Viel sichtbarer kann Erleichterung kaum sein. Natascha Ronowski hat gerade die letzten Töne von Adeles „One and only“ gesungen, und nun ist der Moment gekommen, in dem die Jury ihr Urteil fällt. Marc Forster und Nico Santos drücken fast gleichzeitig die Buzzer. Und Natascha? Die geht vor Erleichterung und Freude in die Knie, sitzt jetzt auf der Bühne, die sie kurz zuvor erobert hat. Ob sie weint oder lacht, ist nicht genau zu erkennen, es ist wohl von beidem etwas. Wieder auf den Beinen, stößt sie hervor: „Hi, ich bin Natascha Ronowski, bin 25 Jahre alt und komme aus Alsdorf bei Aachen.“ Es folgt: tosender Applaus.
Die Bilder wurden vergangenen Sonntagabend auf Sat.1 ausgestrahlt, es lief die Aufzeichnung der Castingshow „The Voice of Germany“. Natascha war bei den „Blind Auditions“ erstmals für ein Millionenpublikum zu sehen. „Ich hatte innerhalb von zwei Minuten bestimmt 60 Nachrichten“, berichtet sie. „Das ist natürlich Balsam für die Seele, es fühlt sich an, als würde man auf einer Wolke schweben.“ Die Tür zur Gesangskarriere hat sich ein gutes Stück geöffnet. Und das Leben, das Natascha bis vergangenen Sonntag lebte, ist dafür ein wenig in Unordnung geraten. Doch das scheint ganz okay für sie zu sein.
Natascha Ronowski ist mittlerweile 26 Jahre alt und wurde in Stolberg geboren, lebt aber schon seit der frühen Kindheit mit Mutter Corinna, Vater Norbert und den Geschwistern Christian und Yasmin in einem Einfamilienhaus in Alsdorf-Hoengen.
Wer dort klingelt, wird vom Gekläffe der beiden Australian Shepherds Amy und Luke begrüßt. Dann erst kommt die Gastgeberin an die Tür. Sie wirkt jünger als auf den Bildern, die Sat.1 zeigte. Aber ebenso offen, einnehmend und geerdet. Auch Amy und Luke akzeptieren den Besuch nach einiger Diskussion schließlich und stellen das Kläffen ein. Nun kann Natascha erzählen, wie das alles angefangen hat, mit der Musik, mit dem Singen, mit dem ganzen Drumherum. Und: wie es weitergehen könnte.
Sie muss ungefähr zehn Jahre alt gewesen sein, als sie anfing, selbst zu singen. Sie versuchte sich an Karaokeversionen von Mariah Carey und Whitney Houston, die ganz sicher keine Vorbilder sind, denen man mal eben so das Wasser reichen könnte. „Meine Mama hat mir immer gesagt, ich solle doch mal vernünftig singen“, erinnert sich Natascha und lacht.
Mit ein wenig Verzögerung kam sie der Empfehlung nach. Eine entscheidende Rolle spielte dabei die Gitarren-AG an der Alsdorfer Gesamtschule. „Da hat meine Stimme angefangen, sich so richtig auszubilden“, sagt Natascha. Die Sache mit dem Singen, die nahm allmählich Fahrt auf: Erfahrungen mit Bands, erste Versuche in Castingshows, Solo-Auftritte bei Hochzeiten. Und doch blieb die Musik immer ein Hobby. Bis jetzt?
Natascha Ronowski ist sich gar nicht so sicher, ob sie die Musikkarriere überhaupt wollen würde, selbst wenn sie weitere Runden bei „The Voice“ überstehen und die Tür sich noch weiter öffnen sollte. Denn mit ihrem bisherigen Leben war sie eigentlich ziemlich zufrieden. Vergangenes Jahr hat sie in Köln ihren Master in Sonderpädagogik gemacht und steht nun kurz vor dem Referendariat. Ihr Studentenleben war das einer Pendlerin, denn sie blieb in ihrem Alsdorfer Elternhaus wohnen. Demnächst wird sie mit ihrem Freund Christian in ein Haus in Kellersberg ziehen, das momentan noch umgebaut wird.
Sie sei ein Familienmensch, sagt Natascha über Natascha, eine, die Sicherheit sehr schätze und Unwägbarkeiten sehr viel weniger. „Deshalb tue ich mich auch schwer damit, von Hobby auf Beruf zu gehen.“ So spricht keine, die auf Teufel komm raus berühmt werden will. Ihre Grenzen austesten will Natascha aber auf jeden Fall, und dazu bietet „The Voice“ nun die Gelegenheit. „Mama und Papa sagen mir immer, ich bräuchte mehr Feuer im Hintern. Hätte ich die beiden und ihren Zuspruch nicht gehabt, hätte ich mich gar nicht erst beworben.“
Um 2012 oder 2013, genau weiß Natascha es nicht mehr, hat sie schon einmal bei „The Voice“ teilgenommen, kam aber nicht über das erste Casting hinaus. 2015 folgte ein kurzes Intermezzo bei der Konkurrenz von „Deutschland sucht den Superstar“, auch bekannt als DSDS, Dieter Bohlen und Heino saßen in der Jury. Auch dort war schnell wieder Schluss. Natascha sang „100.000 leuchtende Sterne“, einen Schlager. „Ich war damals noch so viel jünger, der Song war nicht meins. DSDS ist seitdem für mich erledigt, und ich bin froh, dass mein Auftritt nie ausgestrahlt worden ist“, sagt sie.
Bei The Voice sei das Klima angenehmer, der Umgang wertschätzender. „Die wollen wirklich, dass man sich wohlfühlt mit dem, was man singt. Und man braucht auch keine Angst zu haben, dass die irgendeinen Mist zusammenschneiden.“
„Mir ging ordentlich die Pumpe“
Wobei auch die ambitionierteste Fernsehredaktion kaum transportieren kann, was man als Teilnehmerin emotional so durchmacht. „Mir ging ordentlich die Pumpe, ich dachte, ich falle um“, erinnert sie sich. Und auch von der – ganz subjektiv empfundenen – „Ewigkeit“, die zwischen dem Schritt auf die Bühne und dem Einsetzen der Musik vergeht, ahnt der Zuschauer nichts. An die nächsten Minuten wiederum, in denen Natascha mit ihrer Stimme Jury und Publikum erobert, hat sie selbst keine Erinnerung. Die setzt erst am Ende des Auftritts wieder ein, als die Jury sich zu ihr umdreht – bei „The Voice“ ist das das Zeichen für Zustimmung. „Den Buzzer hört man auf der Bühne nicht.“
Die Ausstrahlung der „Battles“ – unter diesem Namen läuft die zweite Runde – steht ab dem 11. November an, aufgezeichnet wurden sie schon längst. Natascha darf allerdings nicht verraten, was da im Einzelnen zu sehen sein wird, ob sie ausscheidet oder weiterkommt, sie hat eine Verschwiegenheitserklärung unterschrieben und schweigt eisern.
Sicher ist für die Zuschauer also nur, dass sie Natascha noch mindestens einmal zu sehen bekommen können. Und für Natascha selbst ist sicher, dass sie bereichernde Erfahrungen gemacht hat. „Cool und superinteressant“ sei das Showbiz, hinter den Kulissen lerne man viele Menschen kennen, die ihren Job mit Herzblut machen. Andererseits sei es auch „echt anstrengend“, die ständige Anwesenheit der Kameras, der Druck, die Aufregung. Es muss sich zeigen, ob Natascha Ronowski Teil davon sein will und wird. Unter Druck setzt sie sich selbst jedenfalls nicht. „Durch Corona habe ich gelernt, dass man sowieso nichts planen kann.“