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Projekt „Akademie Landpartie – Kohle ohne Ende“ führt durch die Region

Gemeinsame Wanderung und Gesprächsrunde : „Akademie Landpartie – Kohle ohne Ende“

Gemeinsames Wandern von Städtern und Landmenschen aus der Region und von außerhalb bringt Begegnung und Austausch. Zudem ist Gehen der unmittelbarste Zugang zur Welt.

Beim im April angelaufenen Projekt „Akademie Landpartie – Kohle ohne Ende“, in dem insgesamt acht Gebiete Deutschlands durchwandert werden, geht es um mehr: „Es geht um den Denkweg. Wir gehen nicht nur durch schöne Gegenden, wir wollen gucken, wie ist es draußen im Leben? Wir tauchen tiefer in die Region ein“. Das sagte Projektinitiator Bertram Weisshaar, der unter anderem das Buch „Denkweg“ publiziert hat“, dessen Route und Idee er mit seinen Wandergruppen folgt.

In diesem Werk schreibt er vom „umweltlichen Pilgerweg“ von Aachen bis Zittau quer durch das Land, der einen thematischen Querschnitt mit „Schönheit und Schrecken“ verfolgt. Positiv wahrgenommen in der lokalen Bergbaufolgelandschaft werden etwa Blausteinsee oder Sophienhöhe, auf viel Kritik stößt hingegen der derzeit im Abriss befindliche Ort Manheim.

Anlass war die Lesung aus Weisshaars Buch „Zu Fuß und quer durch“ mit Gesprächen im Gut „Alte Burg“ in Altenburg. Nach Sachsen ist nämlich die zweite Landpartie die Region Alsdorf, Jülich, Elsdorf und Kerpen-Buir, verbunden mit fünf Tageswanderungen. Neben Weisshaar führten Projektpartnerin Leonie Rhode und Berufsfotograf Andreas Teichmann die Gesprächsrunde an.

Neben dem Wandern ist ein künstlerischer Ansatz im Programm enthalten, der im Foto-Workshop unter der Überschrift „Seminar in Fortbewegung“ mit Teichmann konkret wurde. Bei einer Wanderung wurde die Gruppe von einem Zeitzeugen der Bergbaufolgen „beschenkt“. Der 81-jährige frühere Landwirt, Zollbeamte und Kommunalpolitiker Franz Wings, der bis 1971 im inzwischen abgebaggerten Ort Langendorf lebte, begleitete strammen Schrittes die Wanderung über den historischen Pfad bis zum Blausteinsee und bereicherte sie mit seiner persönlichen Geschichte.

Um Geschichten geht es auch Teichmann, der zum zweiten Mal jeweils 50 Tage zu seinem „Privatvergnügen“ durch Deutschland läuft. „Jeder Mensch kann Strecken gehen. Wenn man läuft, nimmt man anders wahr. Man wird auf Menschen aufmerksam, die irgendwo stehen“, sagte er. Erschien ihm dieser Mensch interessant, ging auf ihn zu, unterhielt sich mit ihm und hielt sein Porträt in einem aufwändigen Foto fest, wenn gewünscht. Ansatz des Fotojournalisten ist der Kontakt, der Mensch mit seiner Geschichte, die er in seinem Blog „50 days“ gerne teilt und die in einer Fotoausstellung mündet.

Zurück zum Projekt Landpartie: „Die Rückmeldungen aus Sachsen waren positiv. Die Leute waren zufrieden, ein Stück des Weges mitzugehen“, betonte Rhode. Das Programm war komplett organisiert, die Besucher konnten sich zurücklehnen und sie lernten „Orte der Erkenntnis“ mehr oder weniger vor der eigenen Haustüre kennen, die sie niemals bewusst wahrgenommen hatten.

Die „Akademie Landpartie“ wird ihm Rahmen des Projekten „kulturelle Förderung im ländlichen Raum“ mit Bundesmitteln finanziell unterstützt. Inzwischen nehmen laut Weisshaar auch vermehrt Fachleute den Gedanken nachhaltiger Wanderungen auf und reagieren. So ist Rhodes Hoffnung, dass sich das Projekt nach Ablauf der Förderung weiter trägt, durchaus realistisch.

(ptj)