Konzert im Jülicher KuBa : Mit Plan B in Blues-Bestform
Jülich Statt in Originalbesetzung muss die Band South West Oldtime All Stars im Jülicher KuBa coronabedingt improvisieren. Und das gelingt beeindruckend gut.
„Da geht die Post ab!“, freute sich eine Zuhörerin beim Jazz-Live-Konzert des Jazzclubs Jülich. Zu Gast auf der KuBa-Bühne waren die South West Oldtime All Stars mit ihrem „ganz speziellen Blues-Programm“, wie Bandleader und Trompeter Martin Auer es ausdrückte.
„Speziell“ war auch die coronabedingt gewechselte, internationale Bandzusammensetzung. Neben Auer zählte lediglich Posaunist Felix Fromm zur Originalband. Die Drums schlug Gregor Beck, die Klarinette spielte François de Ribaupierre. Matthew „the Cat“ Bookert hatte sein Sousaphon um seinen Oberkörper gewunden, das Banjo spielte David Ryan Holiday. Der musikalische Plan B in der Besetzung führte bei dem hohen Niveau des Konzertes zu keinerlei Einbußen.
Das Sextett begeisterte mit harmonischem Zusammenspiel und virtuosen Soli. Besondere Erwähnung verdienen Posaunist Felix Fromm, der in seinen lautstärkengedämpften Solopassagen eine beeindruckende Fülle stimmenähnlicher Laute hervorbrachte, und Drummer Gregor Beck, der in seinen Soli mit Leib und Seele Trommeln und Becken manipulierte. Roter Faden des Repertoires waren die im Jazz revolutionären Hot Five- und Hot Seven-Aufnahmen der Jazz-Ikone Louis Armstrong, die als reine Studioproduktionen zwischen 1925 und 1928 nie live gespielt wurden.
Einleitend hauchte die Jazz-Formation dem „Mahagony Hall Stomp“ mit eigenen Improvisationen neues Leben ein, um sich dann gefühlsbetont diversen klassischen Blues-Titeln zu widmen. Nacheinander stiegen Trompete, Posaune, Saxophon, Banjo mit Schlagzeug und Sousaphon in den Song ein. Die Jazzer brachten den „Melancholy Blues“ aus Armstrongs Hot Seven aus 1927 zu Gehör, den Fromm mit Werken wie Beethoven und Bach verglich, die „ins All schweben“.
Ferner interpretierte das Sextett den Gut Bucket Blues, Basin Street Blues oder den Weary Blues. „Toll, das ist richtiger Blues“, hörte man eine Stimme im Publikum raunen. „Wer kennt den englischen Begriff muggles?“, fragte Auer als Einleitung zu Armstrongs gleichnamigen Titel aus 1928, um die Frage sogleich selbst zu beantworten: „Cannabis“. Denn Armstrong war bekannt für seinen Cannabis-Konsum – „natürlich nur für die Verdauung“, wie der Trompeter augenzwinkernd hinzufügte. Das zweite und letzte Set endete mit „Ory‘s Creole Trombone“, eine Komposition des New-Orleans-Jazzers Kid Ory. Das Stück nahmen Armstrong und His Hot Seven 1927 in Chicago auf.
Das gelungene und kräftig beklatschte Konzert war nicht nur für echte Jazz-Fans geeignet: „Ich bin musik-affin und besuche so ziemlich jedes Live-Konzert mit Rock und Blues-Bestandteilen“, sagte etwa die Konzertbesucherin Uschi Wischnewski aus Niederzier, die den Abend sichtlich genossen hatte.