Untergrund wird erforscht : Wann wird die Ersatzbrücke aufgebaut?
Linnich Kann der Aufbau einer Behelfsbrücke für die aktuell gesperrte und zu erneuernde Brücke über die Rur an Linnichs Stadteingang schon Anfang Januar beginnen? Die ersten Untersuchungen dazu laufen.
Der Vorgang selbst ist unspektakulär. Von seiner Tragweite – und das darf wörtlich genommen werden – kann man genau das nicht sagen. Was dieser Tage im Schatten der Heinrich-Weitz-Brücke in Linnich vor sich geht, hat gewichtige Auswirkungen. Die angesetzten Bohrungen werden Aufschluss darüber geben, wie aufwendig die Tragekonstruktion des geplanten Brückenneubaus sein wird.
Noch bevor Gutachter, Planer, Statiker und Brückenleger auch nur einen Finger rühren, stehen Löcher an. Bohrlöcher nämlich, die einen Blick in die Tiefe eröffnen. Die wichtigste Erkenntnis dieses Tiefenblicks wird eine Bewertung ermöglichen, wie der Untergrund selbst beschaffen und damit wie tragfähig er ist. Immerhin muss er ein zig Tonnen schweres Bauwerk tragen. Denn sicher ist: Die beiden Widerlager und die beiden Pfeiler, auf denen Linnichs Stadtbrücke derzeit noch ruht, werden ebenso abgerissen wie der Brückenoberbau.
Um Zusammensetzung und Festigkeit des Untergrunds zu erforschen – entscheidend für die Neugründung der Brückenkonstruktion –, sind Spezialisten nötig. In diesem Fall rückte ein Team der Essener Firma Terratec mit einer mobilen Bohrramme an. Neben Widerlager und Pfeiler werden zunächst mit einem Schneckenbohrer rund sieben Meter tiefe Löcher ins Erdreich gebohrt.
Danach kommt die Ramme zum Einsatz. Sie treibt ein 50 Kilogramm schweres Gewicht weitere 13 Meter in die Tiefe. Über den Aufwand, dieses Gewicht 10 Zentimeter tiefer in den Untergrund zu rammen, „wird die Dichte des Bodens ermittelt“, erklärt Sören Frenzel, Diplom-Geologe und bei der Stadt Linnich seit gut anderthalb Jahren im Tiefbauamt beschäftigt.
Geotechniker Wolfgang Schulte, der den Bohrer bedient, rechnet mit zweieinhalb Tagen Arbeit. Gefragt, ob die „Schnecke“ schon irgendwelche Auffälligkeiten ans Tageslicht befördert hat, hat er tatsächliche zwei ungewöhnliche „Funde“ gemacht.
Im Bereich des Widerlagers an der heutigen Physiotherapie-Praxis ist eine meterdicke Schuttschicht. Das könnte ein Relikt aus der Nachkriegszeit sein. Darin stieß der Bohrer auf relativ viel Eisen. Und: „In dem Bereich riecht es ein bisschen ölig.“ Nach dieser Auffüllschicht kommen fünf, sechs Meter der erwarteten Kiesschicht der Rurterrasse. Anfang kommender Woche werden die Ergebnisse der Bohrung vorliegen, die dann an den Gutachter weitergeleitet werden. Bis zum Brückenneubau wird es voraussichtlich noch mindestens zwei Jahren dauern.
Die Behelfsbrücke wird deutlich schneller über die Rur geschlagen. Sie liegt in Einzelteilen bereits bei der Autobahn GmbH auf Lager. Bürgermeisterin Marion Schunck-Zenker (SPD) übt sich in vorsichtigem Optimismus: „Die Behelfsbrücke könnte vielleicht schon Januar 2022 realisiert werden.“ Damit wäre zumindest wieder eine fußläufige Verbindung zwischen Ober- und Unterstadt geschaffen.
Auf rund 7,2 Millionen Euro beläuft sich derzeit die Kostenkalkulation für Behelfsbrücke und Neubau der Heinrich-Weitz-Brücke. „Wenn wir Bodenpfähle setzen müssen, würde das etwas teurer“, hofft Sören Frenzel daher auf ein günstiges Dichteprofil aus der Bohrung. „Irgendwo zwischen 12.000 und 20.000 Euro werden sich die Aufwendungen für das Gutachten und die laufende Bohrung bewegen“ so die Schätzung der Stadtverwaltung. Um die Last der Stadt deutlich zu mildern, hat die Bürgereisterin sowohl die „Soforthilfe Hochwasser“ und später den Hochwasserfonds ins Auge gefasst. „Ich bin dabei, die entsprechenden Anträge zu erarbeiten.“