Neue Wohngebiete : Tetzer Bürger mit Petition erfolgreich
Tetz Mit einer Petition sprechen sich Anwohner in Tetz gegen die Erweiterung ihres Wohngebietes aus – auch, weil ein neues Baugebiet nur über einen verkehrsberuhigten Bereich angeschlossen werden könnte.
Der Linnicher Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt hat in seiner Sitzung am vergangenen Donnerstag eine vorab getroffene Dringlichkeitsentscheidung untermauert. Einstimmig zeigte sich der Ausschuss bereit, ein planerisches Risiko einzugehen. Das besteht darin, in Tetz eine Fläche südlich des Korbwegs zur Wohnbebauung auszuweisen und gleichzeitig auf eine potenzielle Erweiterungsfläche im Norden des Ortes, angrenzend an den Bereich Am Sengelskamp, zu verzichten. Der spitze Haken an der Sache: Dort, Am Sengelskamp, besteht bereits seit Jahrzehnten ein rechtsgültiger Bebauungsplan, und dieser müsste gegebenenfalls aufgehoben werden.
Über das Für und Wider dieses ungewöhnlichen Aspekts bei der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans wurde ausgiebig und kontrovers diskutiert, aufmerksam beobachtet von einer Reihe von Zuhörern – augenscheinlich aus Tetz.
Viele von ihnen dürften Mitunterzeichner einer Petition gewesen sein, in der sich Anwohner aus den Straßen Am Sengelskamp, Kaplansbend und angrenzenden Straßen gegen eine Erweiterung ihres Wohnbereichs nach Norden hin aussprachen. Sie brachten vor allem zwei Argumente vor: „Ein Anschluss an ein etwaiges Baugebiet ist nur über die Straßen Sengelskamp und Kaplansbend möglich, weil eine feste Ausfahrt zur Landstraße (L 253) fehlt und eine Abbiegespur dort nicht darstellbar ist.“ Also müsse der Verkehr aus dem und ins neue Wohngebiet über den verkehrsberuhigten Bereich Am Sengelskamp geführt werden. Die Anwohner fürchten um die Sicherheit ihrer Kinder.
Das zweite Argument war ein ökologisches. „Bedingt durch die Hanglage der Feldstücke in unserem Bereich gab es vermehrt in der Vergangenheit Überflutungen im oberen Bereich Am Sengelskamp. Dies dürfte durch die klimatischen Veränderungen in Zukunft nicht weniger werden.“ Und schließlich hätte sich in dem Bereich eine Vielfalt von Tieren und Pflanzen angesiedelt. Auf ein Feuchtbiotop am westlichen Rand des Gebiets hatte das Planungsbüro VDH vorab reagiert und als nicht geeignet für eine Bebauung aus der Planung genommen.
Dicke Bretter mussten die Tetzer mit ihrer Petition nicht bohren. Torsten Chalak hatte schon vor Eintritt in die Diskussion erklärt: „Die CDU nimmt die Bürgerinnen und Bürger sehr ernst und unterstützt sie auch.“ Die SPD war etwas zurückhaltender. „Wir können die Petition sehr wohl nachvollziehen“, meinte Annegret Krewald.
Wichtig sei ihrer Fraktion, dass die verkehrliche Anbindung eines potenziellen Neubaugebiets ebenso berücksichtigt werden müsste wie die ökologische. Vor allem aber müsse die (plan)rechtliche Seite geprüft werden. Weil zwar ein Bebauungsplan für den Sengelskamp besteht, dieser aber nicht im alten Flächennutzungsplan aufgenommen wurde, müsste man das bei der Neuaufstellung des Flächenplans nachholen. Dann aber würde sich die Fläche, die die Bezirksregierung Tetz zur Wohnbebauung billigt, verdoppeln. Damit käme man in Köln wohl nicht durch, befürchtet das Planungsbüro.
Verzichtet die Stadt aber auf die eine Ausweisung im Flächennutzungsplan, wäre der Bebauungsplan hinfällig. Und daraus könnten Entschädigungsforderungen von Anrainern auf die Stadt zukommen. „Ich finde es verdammt schade, dass wir keine juristische Klärung haben. Die sollte doch bis heute erfolgen“, erinnerte Dr. Sonja Bischoff die Stadtverwaltung an einen Auftrag des Controlling-Ausschusses von vor einer Woche. Annegret Krewald pochte genau aus diesem Grund für die SPD-Fraktion auf Vertagung einer Entscheidung.
Die CDU sah diese Notwendigkeit nicht. „Ich sehe keine Klagewelle auf die Stadt zukommen“, beurteilte Jurist Chalak die Lage. Die Tetzer Ortsvorsteherin Tanja Tangerding (CDU) verwies ergänzend auf die gefasste Dringlichkeitsentscheidung. Die verhängt eine Veränderungssperre über das Baugebiet Sengelskamp. Das verschafft der Stadt Zeit zu entscheiden, wie es in dieser planrechtlichen Misere weitergehen soll. Chalak: „Wenn wir den Korbweg wollen, müssen wir den Bebauungsplan Sengelskamp aufheben.“ Ein solches Verfahren dauere mit anderthalb bis zwei Jahren etwa ebenso lang wie die Neuaufstellung eines Bebauungsplans, erklärte Tancu Mahmoud von VDH auf Nachfrage von Sonja Bischoff.
Die Diskussion spiegelte sich im Abstimmungsergebnis wider. Der Ausschuss stimmte für die Ausweisung von Wohnbebauungsflächen in Tetz in dem Bereich südlich des Korbwegs unter der Bedingung einer rechtlichen Prüfung etwaiger Entschädigungsleistungen aus der Aufhebung des Bebauungsplans Am Sengelskamp.
Der Verzicht auf den Bereich Sengelskamp reduziert den Flächenbedarf in Tetz um gut drei Hektar, wie Daniela Horn aufzeigte. Der Unterschied zu der Bedarfsberechnung der Bezirksregierung würde noch geringer, würde man den Bereich an der Bahnstrecke als Sondergebiet ausweisen. Dort könnte sich etwa ein Discounter oder Vollsortimenter ansiedeln. In der bisherigen Planung war das noch als „Mischgebiet“ – also mit Wohnbebauung – ausgewiesen.
Insgesamt liegen Stadt und Bezirksregierung flächenmäßig nicht mehr so weit auseinander, wie Daniela Horn erklärte. Ohne Sengelskamp reduziert sich der Bedarf von Fläche zur Wohnbebauung aus Sicht der Stadt von 51 auf 47 Hektar. Das liegt nahe an der Bedarfsberechnung der Bezirksregierung von 43 Hektar. „Ich denke, dass ist ein vertretbarer Rahmen“, schätzte Mahmout die Ausgangslage für die anstehenden Abstimmungsgespräche mit der Behörde ein.
Während in Tetz eine Priorisierung für eine Fläche getroffen wurde, geht Körrenzig mit allen, auch strittigen Flächen, in die Abstimmungsgespräche. Für Ortsvorsteher Thomas Venrath (CDU) ein Erfolg. Er hatte sich vehement gegen den Vorschlag der Planer ausgesprochen, Flächen im Südosten des Ortes von der Wohnbebauung auszuklammern.