Moderne Lehre, offenes Ohr : Lehrpreis der FH Aachen für Professor Martin Pieper
Jülich/Aachen Das Schlimmste wäre ein Rückfall auf die Zeit vor Corona, sagt Professor Martin Pieper vom Jülicher Campus. Die digitale Lehre habe mit der Pandemie einen Aufschwung bekommen. Und er selbst bekam einen Lehrpreis.
Eine moderne Lehre und ein offenes Ohr für die Studierenden. Dafür zeichnete die FH Aachen in diesem Jahr den Professor Martin Pieper vom Fachbereich Energietechnik am Jülicher Campus mit dem Lehrpreis der Fachhochschule aus.
Nominiert werden die Kandidaten alljährlich von Studierenden der FH Aachen und eine Kommission bestimmt den Preisträger. Vorgeschlagen wurde Pieper bereits im letzten Jahr, doch dann kam die Pandemie und stellte alles auf den Kopf. Um die gemeinsamen Anstrengungen in dieser herausfordernden Zeit zu würdigen, ging der Lehrpreis 2020 als symbolische Geste an das gesamte Team der FH Aachen. In diesem Jahr war es dann für Pieper soweit und er konnte die Auszeichnung entgegennehmen.
Als einer der ersten Dozenten seines Fachbereichs fing Pieper bereits vor fünf Jahren damit an, digitale Formate in seine Lehre einzubauen. In Form von Lernvideos vermittelte er Studierenden der dualen Studiengänge erste Grundlagen der Mathematik. Denn in dualen Studiengängen verbringt man das erste Jahr bei einem Unternehmen. „Damit der Kontakt zur Hochschule auch in diesem ersten Jahr zustande kommt, haben wir entschieden, die Mathematik vorzuziehen und entsprechende Lerninhalte online zur Verfügung zu stellen“, erinnert sich Pieper.
Eine Entscheidung, die seinen Lehrstil bis heute geprägt hat und zu Beginn eine große Umstellung darstellte. In Zusammenarbeit mit der Datenverarbeitungszentrale (DVZ) sowie dem Zentrum für Hochschuldidaktik und Qualitätsentwicklung (ZHQ) eignete sich Pieper das nötige Know-How zur Umstellung auf die digitale Arbeitsweise an. „Neben dem DVZ und HZQ war vor allem Georg Wählisch zu Beginn eine große Hilfe, da er schon vor mir damit begonnen hat, den Lerninhalt in Form von Videos auszubereiten“, sagt Pieper. „Schon damals wurde das von den dual Studierenden sehr gut aufgenommen.“
Die Umstellung auf einen virtuellen Betrieb der Fachhochschule stellte für Pieper daher kein besonders großes Problem dar. „Es ist schön, dass man davon profitiert, vor ein paar Jahren fleißig gewesen zu sein“, fügt er lachend hinzu. Ein Grund auf der faulen Haut zu liegen, sei das jedoch noch lange nicht. „Ich werde meine Videos komplett überarbeiten, weil sie mir mittlerweile nicht mehr gefallen“, erklärt er.
So will er die Videos künftig kürzer halten und zur Visualisierung verstärkt mit Animationen arbeiten. In den kurzen Lernfilmen sollen den Studierenden Grundlagen wie beispielsweise das Lösen von Gleichungssystemen vermittelt werden. „Die Videos schauen sich die Studierenden im Vorfeld an, kommen dann in die Vorlesung und wenden das Wissen an“, umreißt Pieper seine Pläne und fügt noch hinzu: „Natürlich würde dann auch die Vorlesungszeit dementsprechend kürzer ausfallen.“
Digitale Lerninhalte sind jedoch nicht das einzige Merkmal von Piepers moderner Lehre. Da Mathe streckenweise ziemlich trocken und theoretisch sein kann, bemüht er sich, immer mal wieder praktische Problemstellungen einfließen zu lassen. Von auslaufenden Tanks, in denen ein bestimmter Füllstand gehalten werden soll, bis hin zum Spaceshuttle „Challenger“ und fehlerhaften Dichtungsringen baut er so oft es geht offene Fragestellungen in die Lektionen ein.
Labore digitalisieren
Ein Trend, den auch die Fachhochschule in aktuellen Projekten verfolgt. Als Projektleiter beschäftigt sich Pieper neben seiner Tätigkeit als Dekan mit der Digitalisierung der Labore des Maschinenbaus am Jülicher Campus. „Dabei geht es weniger um Internet und Computer, sondern vielmehr um überfachliche Kompetenzen, die heutzutage immer gefragter sind.“ Dazu zählen Fähigkeiten wie Teamwork, Projektarbeit, Kreativität und freies Arbeiten, die durch offene Problemstellungen gefördert werden sollen, sodass die Studierenden besser auf künftige Herausforderungen im Beruf vorbereitet werden.
Um das zu erreichen, entfernt man sich von Aufgabestellungen mit konkreten Anweisungen und setzt auf offene Fragestellungen. „Bisher war es so, dass im Labor vier Anlagen stehen und an jeder Anlage festgelegte Messungen durchgeführt und dokumentiert werden sollten. Jetzt schlagen wir die Richtung ein, Aufgaben und Probleme offener zu formulieren.“
In Werkstoffkunde hat man dann beispielsweise einen Motor, bei dem ein Bauteil gebrochen ist und bei dem die Studierenden mithilfe der Geräte das Problem eigenständig ausmachen und wenn möglich Vorschläge zur Behebung des Problems machen sollen. „Die Studierenden müssen dann in Eigenregie rausfinden, welche Anlagen für das Problem geeignet sind und wie diese in dem gegebenen Fallbeispiel einzusetzen sind.“
„Hauptsächlich habe ich den Lehrpreis jedoch dafür erhalten, dass ich immer ein offenes Ohr für die Studierenden habe.“ Denn Pieper nimmt sich Zeit für die Bearbeitung der zahlreichen Mails, die bei ihm eingehen und arbeitet außerdem eng mit der Fachschaft zusammen. Daran soll sich auch in Zukunft nichts ändern, ob digital oder analog.
„Eine Mischung aus virtuellem und reellem Studium halte ich für richtig und ich werde auch in Zukunft Teile der digitalen Lehre weiterverwenden“, sagt Pieper. „Das Schlimmste, das passieren könnte, wäre ein kompletter Rückfall auf die Zeit vor Corona. Während der Pandemie sind viele gute Sachen entstanden und ich würde mir wünschen, dass wir diese auch sinnvoll weiter nutzen.“