Nachbarschaftshilfe : Hilfenetzwerk greift älteren Menschen in Daubenrath unter die Arme
Jülich Das städtische Förderprojekt „NAH – Netzwerk ambulanter Hilfen“ wird gut umgesetzt im Ort. Ältere Menschen haben damit eine direkte Anlaufstelle, falls sie Hilfe im Haus, einen Fahrdienst oder einen Gesprächspartner brauchen. Durch Ehrenamtliche wird das ermöglicht.
Der demographische Wandel ist heute insbesondere in kleinen Ortschaften wie Daubenrath spürbar. Damit Seniorinnen und Senioren so lange wie möglich zu Hause leben können, rief die Stadt Jülich 2014 im Rahmen des Förderprojekts „NAH - Netzwerk ambulanter Hilfen“ das hiesige Hilfe-Netzwerk ins Leben. Mit dessen Unterstützung sollen ehrenamtliche Helfer zeitnah und unkompliziert im Alltag bereitstehen können.
„Ohne Auto ist man hier manchmal wirklich aufgeschmissen“, sagt Margret Eßer. Vom Wohnzimmer der gebürtigen Daubenratherin aus kann man die ersten Häuser des etwa 900 Meter entfernten Selgersdorf erspähen. Dort befindet sich die Haltestelle der Rurtalbahn, das nächste regelmäßige öffentliche Verkehrsmittel. Die Buslinie 223 kommt oft nur auf vorherige Anfrage vorbei. Das keine 300 Einwohner zählende Daubenrath ist ein Sackgassendorf ohne Durchgangsverkehr und ohne Nahversorgung. Hin und wieder bringen sogar Taxifahrer Einkäufe vorbei. Allein schon aus Kostengründen stellt diese Option allerdings keine Dauerlösung dar.
Für Einkäufe, Haushaltsreparaturen und andere Arten alltäglicher Unterstützung stehen in Daubenrath insgesamt neun Helfer nach Absprache bereit. Auch Margret Eßer und ihr Ehemann Bruno sind gelistet. Sie übernehmen die meisten Fahrdienste oder führen gerne mal ein gutes Gespräch. Der Sohn der Eßers wiederrum kümmert sich bei Problemen um die Heizung, die sanitären Einrichtungen „oder was sonst so anfällt“, betont Bruno Eßer.
Mechthild Kaiser nimmt seit Jahren das Hilfsangebot in Anspruch. „Ich bin sehr dankbar“, sagt die 84-jährige Witwe und beschreibt, wie schwer es ihr fiel, sich alleine um ihren kranken Mann zu kümmern. „Mein Mann musste immer wieder ins Krankenhaus nach Düren. Eines nachts habe ich ihn einfach nicht mehr alleine aus dem Bett hochbekommen“, führt Kaiser aus. „Ich habe dann bei den Eßers angerufen und es kam direkt jemand, der uns geholfen und uns auch zur Rurtalbahn gefahren hat.“
„Die Bahn ist ja wenigstens nicht weit“, sagt Ilke Neuendorf, deren verstorbener Ehemann lange Jahre Dorfvorsteher war. Trotz einer gewissen Abgeschiedenheit sieht sie Daubenrath bezüglich der Mobilität daher im Vergleich zu anderen Jülicher Gemeinden im Vorteil. Von diesen sind neben Daubenrath nur Bourheim und Güsten-Welldorf auf die städtische Initiative NAH eingegangen.
„Für den Start muss man die Menschen erst gewinnen“, erklärt die zuständige Koordinatorin Elisabeth Fasel-Rüdebusch. „Als wir das Projekt 2014 starteten, nahmen auf der damaligen Ortsvorsteherversammlung nur die Vorsteher dieser drei Gemeinden das Angebot an. Das gesammelte Know-How bekamen natürlich alle Dörfer zur Verfügung gestellt. Es geht im Wesentlichen darum, die Dörfer dabei zu unterstützen, die Maßnahmen in Eigenregie durchzuführen“, fährt die Amtsleiterin fort. „Wichtig ist diesbezüglich, dass die Helfer bei ihrer ehrenamtlichen Ausübung über die Kommune unfall- und haftpflichtversichert sind. Aber die Initiative muss von den Ortsvorstehern kommen“, so Fasel-Rüdebusch.
Offizielle Nummer wird nur selten angerufen
Das übernahm damals Claus Neuenhoff, sodass die Stadt der Dorfgemeinschaft ein Handy zur Verfügung stellte. Dieses sollte zunächst einmal die Woche durch das Ehepaar Eßer besetzt sein. Aber: „Das Handy wurde nicht häufig genutzt. Die Leute haben ganz normal bei uns angerufen“, sagt Margret Eßer.
„Für die berufstätigen Helfer ist eine gewisse Vorlaufzeit diesbezüglich ebenfalls praktischer“, ergänzt Ilke Neuenhoff. Die Daubenrather begrüßen zwar das Projekt, betonen aber auch, wie wichtig der soziale Nachbarschaftsgedanke den Einwohnern selbst schon immer war. „Die Stadt sollte sich natürlich nicht mit fremden Federn schmücken. Wir haben uns auch allein schon immer gern unter einander ausgeholfen“, betont Bruno Eßer.
Bedauerlich sei, dass aufgrund der Pandemie das Senioren-Café nicht mehr abgehalten werden könne. „Dadurch war immer ein Informationsaustausch gegeben. Man wusste, wenn jemand etwas brauchte. Nun müssen wir darauf achten, dass keiner der Älteren in zu große Isolation gerät“, so Neuendorf. „Hilfe besteht nicht nur darin, dass man etwas repartiert oder Einkäufe erledigt“, sagt auch Margret Eßer. „Oftmals reicht es schon, jemandem für kurze Zeit Gesellschaft zu leisten.“