Gottesdienst der besonderen Art : Der Pfarrer und die Krankenhauskapelle
Jülich Ein besonderer Gottesdienst an einem besonderen Ort: In der kleinen Kapelle des Jülicher Krankenhauses waren vor der Pandemie regelmäßig alle Plätze besetzt. Nun sind die Messen erst mal tabu, die Fangemeinde bleibt aber treu.
Dunkler Steinfußboden, weiße Wände, holzvertäfelte tiefe Decken, einige Reihen Holzbänke, ein schlichter Altar, ebenfalls aus dunklem Stein, und Kirchenfenster mit geometrischen Mustern – mehrheitlich milchiges, aber auch buntes Glas. Die Kapelle im Jülicher St.-Elisabeth-Krankenhaus ist auf den ersten Blick ein eher eng und dunkel wirkender Ort. Ein wenig liegt auch hier der typische Krankenhausgeruch in der Luft. Für Außenstehende ist es überraschend, dass hier vor Pandemiezeiten regelmäßig nicht nur die Bankreihen voll besetzt waren, sondern auch die Hocker und Fensterbänke im Altarraum – es komme auch vor, dass sich manche auf den Flur setzten und bei offener Tür teilnahmen, erzählt Pfarrer Josef Jansen. Mit Gottesdienst samstags um 17 Uhr hat er einen Einzugskreis, der weit über das Gelände des Krankenhauses hinausragt. Nicht wenige kommen extra hergefahren, um dort zu feiern.
All das ist in den letzten Monaten natürlich nicht so möglich gewesen wie sonst immer. Ab sofort wird der Gottesdienst vorerst gar nicht mehr stattfinden können. Da die kleine Kapelle in einem Krankenhaus ist, gelten dort strengere Corona-Bestimmungen als in anderen Gotteshäusern. Die Einhaltung all dieser Auflagen zu kontrollieren, sieht sich Pfarrer Jansen nicht im Stande. Deshalb hat er sich schweren Herzens entschlossen, vorerst keine Messen mehr dort zu feiern – auch nicht an Weihnachten.
Als während der Pandemie feststand, wie viele Gäste er in der Kapelle empfangen darf, hat der Priester im Ruhestand spontan eine Liste mit den regelmäßigen Besuchern seiner Gottesdienste geschrieben. Aus dem Kopf fielen ihm 75 Namen ein. Weil aber nur knapp 20 kommen durften, hat er immer in der Woche vor dem Gottesdienst telefonisch diejenigen verständigt, die dieses Mal dran waren. Eine davon ist Gisela Krott. Die 78-Jährige hat 40 Jahre im Krankenhaus gearbeitet und ist heute die Geschäftsführerin des dortigen Fördervereins. An ihrer ehemaligen Wirkungsstätte die Messe zu feiern, sei ihr ein Anliegen, erklärt sie. „Außerdem ist der Gottesdienst eine Bereicherung – was man da mitnimmt an Liedern und Texten ist einmalig.“ Gisela Krott lockt also einerseits der besondere Ort, andererseits die besondere Art von Pfarrer Jansen. Letztere in Worte zu fassen, ist nicht leicht, aber Krott beschreibt es so: „Wir sagten früher immer: Kirche von unten. Also auf die Menschen zugehen, die Menschen verstehen.“ Dafür stehe Pfarrer Jansen.
Auch Karin Bittmann fühlt sich in der kleinen Kapelle und in den Messen von Pfarrer Jansen sehr wohl. Die 83-Jährige sieht sich selbst als praktizierende Katholikin. Sie sei eher kritisch und nennt auch Jansen einen kritischen Priester. Er begegne den Menschen auf Augenhöhe, spreche ihre Sprache, verzichte auf abgedroschene Phrasen und sei für jeden Gottesdienst beeindruckend gut vorbereitet.
Welchen Stellenwert eine exzellente Vorbereitung für ihn hat, merkt man schnell im Gespräch mit dem Pfarrer. Er arbeitet sich so lange ein, bis alles sitzt. Ein Messbuch benutzt er nicht. Jansen spricht frei. Alleinunterhalter möchte er aber in den Gottesdiensten nicht sein. Bei ihm kommen auch die Gläubigen zu Wort. „Dann höre ich auch gern einfach zu“, sagt der 77-Jährige. In der familiären Atmosphäre geht das gut. Die Gottesdienstbesucher sind im Schnitt – so schätzt Jansen – 70 Jahre alt und kennen sich schon lange. Man ist sich dort aber nicht nur persönlich, sondern auch räumlich nahe. Während Jansen in der Krankenhauskapelle steht, erzählt er von dem unglaublich großen Abstand, der in der Propsteikirche zwischen Altar und erster Reihe wäre. „Das ist hier ganz anders“, sagt er glücklich. Und noch etwas lässt die Gemeinschaft der Krankenhauskapelle hervorstechen: „Ich kenne keine Kirche im Jülicher Land, wo so viele Lieder aus dem Gesangbuch bekannt sind wie hier“, erzählt Jansen stolz.
In diesem Jahr werden dort wohl keine Lieder mehr angestimmt, aber egal wie lange es dauert, bis eine Rückkehr in die Krankenhauskapelle wieder möglich ist – die Josef-Jansen-Fangemeinde wird zurückkehren. Und bis dahin hat der Pfarrer umso mehr Zeit für seine Vorbereitung.