Neue Veröffentlichung des Geschichtsvereins : Erster Weltkrieg: Erinnerungskultur aus verschiedenen Perspektiven
Jülich/Opladen Ein neuer Sammelband der Geschichtsvereine Jülich und Opladen beschäftigt sich mit den Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg aus dem Blickwinkel verschiedener europäischer Länder.
„Die eine Geschichte des Ersten Weltkriegs kann es gar nicht geben.“ Dafür sorge allein schon die schier unüberblickbare Zahl an historischen Quellen, schreiben Guido von Büren (Jülicher Geschichtsverein), Michael D. Gutbier (Opladener Geschichtsverein) und Wolfgang Hasberg (Universität zu Köln) im Vorwort zu ihrem neuen Buch. Die drei sind Herausgeber des Sammelbandes „Kriegserinnerungen in europäischen Heimaten – Nachlese zu einer Erinnerung an den Ersten Weltkrieg“ und möchten darin, wie sie selbst sagen, „eine große Bandbreite unterschiedlicher Zugänge zu den Geschichten des Ersten Weltkriegs bieten“. Ihren Lesern wollen sie neue Einsichten ermöglichen und ihnen Lust darauf machen, „tiefer und reflektierter in die Geschichte Europas einzutauchen“.
Das Werk, das ab dem 15. Dezember ausgeliefert wird, nimmt auch die Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen in ihr Programm auf. Deren stellvertretender Leiter, Andreas Kost, sagte bei der Buchvorstellung, dass der Erste Weltkrieg aus deutscher Perspektive – überschattet vom Zweiten Weltkrieg – in der öffentlichen Wahrnehmung eine sehr untergeordnete Rolle gespielt habe. 100 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieges schien jedoch im Gedenkjahr 2014 ein gewisser Boom zu starten, sagte Kost. „Der Themenkomplex interessiert“, weiß er aus Erfahrung.
„Der vorliegende Sammelband übernimmt die Funktion eines Scharniers, indem er danach fragt, wie die Erinnerungskultur an den Ersten Weltkrieg sich auf einer nationalen Ebene in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Polen, der Schweiz und der Tschechoslowakei seit dem Jahr 1918 entwickelte“, schreiben die Herausgeber. In unterschiedlichen Ländern habe sich eine unterschiedliche Erinnerungskultur ausgeformt, schildert Guido von Büren – gerade im Vergleich zwischen Deutschland und anderen Ländern. Das liege daran, dass verschiedene historische Erfahrungen gemacht wurden, ergänzt Wolfgang Hasberg. Der kritische Umgang mit Geschichte, nicht das Auswendiglernen der Geschichte, sei wichtig für die historisch-politische Identität, unterstreicht er. So unternehme der Band den Versuch, Erinnerungskultur anhand vieler Beispiele aus europäischen Hintergründen zu erklären.
Darin, dass diese europäische Perspektive in einer Veröffentlichung thematisiert wird, die von zwei örtlichen Geschichtsvereinen mitverantwortet wird, sieht Guido von Büren keinen Widerspruch – im Gegenteil: „Es ist wichtig, dass lokal agierende Geschichtsvereine nie den Blick über den Tellerrand vergessen“, sagt er und sieht die Aufgabe der Vereine auch darin, solche Themen für Interessierte einzuordnen und zugänglich zu machen.
„Das ist nicht der 50. Band zur Stadtgeschichte, sondern einer mit einer größeren Dimension“, meint von Büren. Er und seine Mitstreiter hätten zu Beginn der Kooperation zwischen dem Jülicher und dem Opladener Geschichtsverein vor neun Jahren nicht gedacht, dass ihre ursprünglich lokale Initiative europäische Dimensionen annehmen würde. An den gemeinsamen Projekten beteiligen sich Aktive aus mehreren Ländern und tauschen sich rege aus, es gibt internationale Workshops, Treffen und Ausstellungen. So gehen einige Texte des neuen Sammelbandes auf die Begleitveranstaltungen zur Ausstellung „Kriegsenden in europäischen Heimaten“ in Leverkusen zurück. „Sie dokumentieren damit auch, was Geschichtsarbeit auf lokaler Ebene zu leisten im Stande ist“, schreiben die Herausgeber. Ihr Band ist bereits die vierte gemeinsame Veröffentlichung der Geschichtsvereine Opladen und Jülich – aber mit Sicherheit nicht die letzte.