Berufskolleg Jülich : Einblicke in die Berufswelten anderer Länder
Jülich Das Jülicher Berufskolleg ist ausgezeichnet worden, und zwar für seine „Internationale Zusammenarbeit in der europäischen Berufsbildung“.
Eine Auszeichnung für das Engagement in Europa zu bekommen ist nichts Alltägliches und keine Selbstverständlichkeit. Doch nun kann sich das Jülicher Berufskolleg über die Auszeichnung für „Internationale Zusammenarbeit in der europäischen Berufsbildung“ freuen. Die Schule im Herzen der Herzogstadt wurde von NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer mit diesem besonderen Preis geehrt, da sie laut eigener Aussage „strategisch-beruflich und mobil“ handelt und zahlreiche Partnerschaften im europäischen Ausland geschlossen hat.
Um für die Auszeichnung nominiert zu werden, muss die jeweilige Bildungseinrichtung mindestens zehn Prozent ihrer Schülerinnen und Schüler während der Ausbildung für mehrere Wochen im Rahmen eines Praktikums ins Ausland schicken. Die Bildungseinrichtungen werden daher auch als „10 Prozent-Schule“ bezeichnet. Die teilnehmenden Berufskollegs werden durch das Erasmusprojekt finanziell unterstützt. Bereits seit einiger Zeit haben die Jülicher langjährige Kooperationen mit anderen Berufskollegs in den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Spanien geschlossen.
Bei den Austauschprojekten können nicht nur die eigenen Schülerinnen und Schüler wertvolle Erfahrungen in ihren Auslandspraktika sammeln, sondern es kommen auch Schüler der anderen Schulen an die Rur, um hier das Berufsleben in Deutschland kennenzulernen. „Bereits seit Mitte der 1990er Jahre haben wir ein Austauschprojekt mit einer Schule im belgischen Hasselt. Dies betrifft bei uns die Berufsgruppe der angehenden Industriemechaniker und wurde im Lauf der Zeit auf immer mehr Partner und Berufszweige in mehreren Ländern ausgeweitet“, weiß die Leiterin des Jülicher Berufskollegs Heike Schwarzbauer zu berichten.
Zu den Grundlagen für die Teilnehmer gehört vor dem Besuch des anderen Bildungsinstitutes das Erlernen der Sprachgrundlagen in einem intensiven Sprachkurs. Das erworbene Fremdsprachenzertifikat ist natürlich auch später bei Bewerbungen durchaus hilfreich. Das eigentliche Praktikum dauert dann zwei Wochen, wobei eine Woche das Kolleg besucht wird und in der anderen Woche die Arbeit in einem vorher festgelegten Betrieb ansteht. In diesem Jahr haben nach einjähriger Corona-Zwangspause wieder mehrere auszubildende Kfz-Mechatroniker am Austausch mit dem Colegio Santisima Trinidad im spanischen Sevilla teilgenommen.
Zusammen mit ihrem Ausbildungslehrer Marcel Söns waren unter anderem Johannes Bartsch und Philipp Calles nach Andalusien gereist, um dort am Austauschprogramm teilzunehmen. Besonders die Arbeit im Kfz-Betrieb unterscheidet sich allein aufgrund der Arbeitszeiten deutlich von Deutschland, da es mittags aufgrund der Hitze die berühmte Siesta gibt und sich daher der Tag bis in den Abend erstreckt. Trotz zweistündiger Pause im frühen Nachmittag dauert der Arbeitstag in Sevilla ebenfalls acht Stunden. Laut eigener Aussage war es jedoch kein Problem, schnell in diesen Rhythmus hineinzufinden.
Pro Betrieb vor Ort wird ein Schüler angenommen und aus der eigenen Erfahrung können beide sagen, dass trotz teilweise existierender Verständigungsprobleme die Zusammenarbeit gut funktioniert. „Wir hatten eine sehr zentral nahe der Kathedrale gelegene Wohnung und konnten in der Siesta kurz nach Hause oder waren Abends natürlich mitten in der Stadt, um noch etwas zu unternehmen“ berichtet Bartsch zufrieden. „Wir konnten uns auch ohne Englisch gut verständigen und die Kollegen waren unheimlich interessiert daran, zu erfahren, wie die Arbeitswelt in Deutschland aussieht“, zeigte sich auch Calles begeistert.
In Spanien gibt es kein duales System wie in Deutschland, dort wird grundsätzlich in Blöcken unterrichtet mit Schulstunden im 90-Minuten-Takt. „Ich war schon fünfmal mit Schülern dort und finde es ganz phänomenal, wie freundlich man dort empfangen wird. Wir haben durchweg die Erfahrung gemacht, dass die Auszubildenden sehr viele positive Erfahrungen mit zurückbringen, die ihnen auch später im Berufsleben noch weiterhelfen“, weiß auch Ausbildungslehrer Söns zu berichten. Insgesamt waren auch diesmal alle Teilnehmer der Meinung, dass die Berufswelt in Spanien entspannter ist und die Menschen dort ohne jede Form von Vorurteilen auf einen zukommen. Beeindruckt waren die Schüler auch von Lehrer Paco, der sehr locker mit den Auszubildenden umging, aber trotzdem klar war, dass er der Chef ist.
Als nächstes besuchen nun die Schülerinnen und Schüler der Berufsfachschule für Wirtschaft und Verwaltung die niederländische Stadt Maastricht, um dort ebenfalls eine Partnerschule zu erleben und einmal den Einzelhandel in unserem Nachbarland kennenzulernen. Unter der Leitung von Niederländisch-Lehrerin Nicole De Bus werden die Auszubildenden in einem Hostel wohnen mit direkter Nähe zur Schule als auch zu den Arbeitsstätten. „Ich habe schon beim Vorstellungsgespräch in meiner Firma den Eindruck gehabt, dass die Menschen dort freundlicher sind als hier und eine sehr gute Kollegialität herrscht“, berichtet Mara Rütten. Auch Nico Ratz und Tabea Fäuster freuen sich auf die anstehende Aufgabe, bei sie die Arbeitswelt mal vollkommen anders als gewohnt erleben können.