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Wirbel um die Woge Jülich: Edle Dienstwagen für die Genossenschaft

Wirbel um die Woge Jülich : Edle Dienstwagen für die Genossenschaft

Oldtimer als Dienstwagen? Diesen Luxus hat sich offenbar die frühere Geschäftsführung der Jülicher Wohnungsbaugenossenschaft geleistet.

Die Ungereimtheiten bei der Jülicher Wohnungsbaugenossenschaft nehmen zu. Neben ungewöhnlich angestiegenen Vorstandsvergütungen und undurchsichtigen Geschäften beim Verkauf von Häusern sorgen nun sehr spezielle Autos als Dienstwagen für neue Schlagzeilen. Offenbar hat sich die Jülicher Wohnungsbaugenossenschaft über Jahre hinweg den Luxus von Oldtimern als Dienstwagen gegönnt.

Wenn also Woge-Vorstand Florian Gloßner bei der jüngsten Mitgliederversammlung davon gesprochen hat, dass man sich von „nicht benötigten Wirtschaftsgütern“ trennen wolle, um die finanzielle Schieflage der Wohnungsbaugenossenschaft wieder ins Lot zu bringen, dann sind damit auch die Garagenfunde bei der Woge gemeint. Gleich zwei Dienstwagen sind es, auf die Gloßner gestoßen ist, und die viele Fragen aufwerfen. Klar ist bislang nur: Sie gehören der Woge und der Rurbau. Auch in diesem Fall müssen die Sachverständigen des Genossenschaftlichen Prüfungsverbandes aus Hamburg bei ihren Sonderprüfungen der Woge Antworten finden.

Dabei ist die Geschichte der Autos offenbar mehr als kompliziert. Der Oldtimer, eine blaue Citroen DS der ersten Generation, wurde nach Informationen unserer Zeitung von einem Düsseldorfer Autohaus, das auf die Restauration dieser Oldtimer spezialisiert ist, nach Kundenwunsch gefertigt. Kunde soll demnach zunächst der Woge-Geschäftsführer Reinhard Steiner gewesen sein.

Gloßner: „Das Auto wurde dann durch die Rurbau von Herrn Steiner angekauft. Dafür wurde etwas mehr als 50.000 Euro ausgegeben.“ Das Auto ist mit einem H-Kennzeichen für Oldtimer zugelassen, wurde also offenbar auch genutzt. Warum die Rurbau das Privatauto mit Aachener Kennzeichen übernommen hat, ist aus den vorhandenen Unterlagen bisher nicht ersichtlich, sagt Gloßner.

Der aktuelle Wert des Autos wird auf 40.000 bis 50.000 Euro geschätzt. Stimmt das, wurde das Auto möglicherweise überteuert angekauft. Noch komplizierter wird der Fall, weil es noch eine zweite DS geben muss, eine weiße DS, die ursprünglich dem verstorbenen früheren Besitzer der Immobilie der Woge in der Römerstraße gehört hat. Diese DS soll nach Informationen unserer Zeitung etwa im Jahr 2014 von der Woge für 23.000 Euro angeschafft worden sein. Das Auto ist bis vor zwei Monaten noch in der Garage der Woge-Geschäftsstelle gesehen worden.

 Der blaue Citroen ist ein historisches Fahrzeug und wird als Dienstwagen von Woge beziehungsweise der Tochter Rurbau GmbH geführt - eine Spezialanfertigung bei einem Düsseldorfer Citroen-Experten.
Der blaue Citroen ist ein historisches Fahrzeug und wird als Dienstwagen von Woge beziehungsweise der Tochter Rurbau GmbH geführt - eine Spezialanfertigung bei einem Düsseldorfer Citroen-Experten. Foto: Burkhard Giesen

Was mit diesem Auto geschehen ist, ob es möglicherweise verkauft wurde, zum Beispiel im Gegenzug für die blaue DS an den früheren Geschäftsführer, ist nach derzeitigem Kenntnisstand unklar. Dass Steiner ein Fan von Oldtimern ist, war bekannt. Auch die Autos wurden immer wieder in Jülich gesehen. Dass sie allerdings nicht Steiner sondern der Woge beziehungsweise der Rurbau gehören, war zumindest für die beiden nebenamtlichen Vorstände Florian Gloßner und Bernd Liebeskind neu.

Auch in einem weiteren Fall tappen sie und die Prüfer noch im Dunkeln. So ist ebenfalls nicht nachvollziehbar, woher der Morgan Plus4 stammt. Der sieht zwar wie ein Oldtimer aus, ist aber keiner. Die englischen Autobauer fertigen ihre Modelle seit Jahrzehnten nach den Konstruktionsmerkmalen der 1930er Jahre, versehen sie aber mit moderner Technik. Der Morgan stammt von 2016 und dürfte etwa 60.000 Euro wert sein.

Auch dieses Auto ist zugelassen – sogar mit einem Jülicher Kennzeichen. Der Zweisitzer wurde offensichtlich bewegt, mit hoher Wahrscheinlichkeit aber wie die DS eher zum Privatvergnügen und nicht dienstlich. Wer den Morgan genutzt hat ist unklar. Warum es bei zwei Gesellschaften mit nur einem Geschäftsführer gleich zwei so besonderer und edler Fahrzeuge bedarf ebenfalls. Unklar ist auch, ob der Ankauf der Fahrzeuge von Teilen des Aufsichtsrates abgesegnet worden ist. Der frühere Geschäftsführer war für die Redaktion nicht erreichbar.

Beide Autos sollen nun über Händler verkauft werden. Bleibt man bei den vorsichtig geschätzten Werten von 40.000 Euro für die DS und den 60.000 Euro für den Morgan, könnte die Woge etwa 100.000 Euro erzielen – ziemlich genau die Summe, die im Geschäftsjahr 2019 noch als Dividende an die Mitglieder ausgezahlt wurde, für die es aufgrund des Millionenverlustes in 2020 aber kein Geld mehr gab.