1. Lokales
  2. Jülich

Werksleiter Michael Kommoss: Das Mechatronikzentrum aus der Steinzeit geholt

Werksleiter Michael Kommoss : Das Mechatronikzentrum aus der Steinzeit geholt

Er hat das Werk in die Digitalisierung geführt, jetzt geht er in den Ruhestand: Oberstleutnant Michael Kommoss über seine Dienstzeit in Jülich und was ein 3D-Drucker mit der Zukunft des Werks zu tun hat.

Er war angetreten mit der Aufgabe, den Standort zu vergrößern. Im Oktober 2017 kam Oberstleutnant Michael Kommoss nach Jülich, um sich der Geschicke des Mechatronikzentrums der Bundeswehr anzunehmen. Er trat die Stelle an als seine „letzte Verwendung“ in der Bundeswehr, 2020 wäre er eigentlich schon in den Ruhestand gegangen. „Das Fortbestehen des Zentrums war unsicher, als ich hier anfing“, erzählt er. „Niemand wollte so richtig hierherkommen, das Werk stand ein bisschen am Abgrund.“

Zeitweise war unklar gewesen, ob es mit einem der größten Arbeitgeber im Kreis Düren weitergeht. Als Kommoss den Dienst antrat, musste Grundlegendes wie etwa das Nutzungs- und Brandschutzkonzept neu erarbeitet werden. 2018 legte das Zentrum konkrete Pläne vor, wie die Digitalisierung in der bis dato rein papierbasierten Dienststelle aussehen könnte. „Ich habe meine Aufgabe darin gesehen, das Werk aus der Steinzeit zu holen“, sagt Kommoss. Und weil er viele langwierige Projekte angestoßen hatte, beschloss er, noch gut zwei Dienstjahre dranzuhängen. Die Jülicher Belegschaft habe dazu vorher ihre Meinung äußern können. 60 Prozent der Beschäftigten hätten sich beteiligt, davon hätten ihm drei Viertel ihr Vertrauen ausgesprochen, berichtet er.

Weil er blieb, konnte er unter anderem den Start eines der geplanten Digitalisierungsprojekte begleiten: Seit Juni 2022 ist Jülich Pilotdienststelle für das Baugruppentracking. Dabei werden alle Teile, etwa für die Bundeswehr-Fahrzeuge, die hier auseinandergenommen und repariert werden, mit einem digitalen Tracker versehen. So wird das Inventar ständig katalogisiert und ist lokalisierbar. „Wir müssen nicht mehr aufwendig nachforschen, ob wir eine bestimmte Achse für ein bestimmtes Fahrzeug irgendwo im Lager haben“, erklärt Kommoss. Wenn das Fazit aus dem Projekt, das noch bis April 2024 läuft, gut ist, soll das System auf das gesamte Logistikkommando ausgerollt werden.

Repariert werden auf dem Gelände unter anderem Geländewägen wie der „Wolf“, geschützte Radfahrzeuge wie der „Mungo“ und der „Eagle“ und der Allschutz-Transporter „Dingo“, der auch in der Ukraine im Einsatz ist. „Wir können hier eine schnelle Instandsetzung gewährleisten, die die Industrie so nicht leisten kann“, erklärt Kommoss die Bedeutung des Zentrums. Wenn etwas drängt, können andere Aufträge zurückgestellt werden. Etwa für „Wölfe“ gebe es auch andere Leistungserbringer, die aber nicht die gleiche Qualität erbringen könnten wie das Jülicher Werk, dass die Fahrzeuge zur Wartung komplett auseinandernimmt.

Immer wieder in Gespräch war, ob in Jülich nicht irgendwann auch Panzer repariert werden könnten. Das Problem: In Halle 5, in der die Reparaturen durchgeführt werden, ist der Boden zu weich für Kettenfahrzeuge. Ohnehin muss die Halle, die vor mehr als 100 Jahren als Teil des damaligen Reichsbahnausbesserungswerks errichtet wurde, ebenso wie die Halle 2, komplett saniert werden. Seit Jahren sucht man daher nach einer zusätzlichen Fläche, auf der eine weitere Halle errichtet werden kann. In die sollen die Arbeiten während der Sanierung ausweichen, anschließend würde sie eine potenzielle Erweiterung des Zentrums ermöglichen, könnte beispielsweise auch auf Kettenfahrzeuge ausgelegt werden.

 Sanierungsbedürftig: Die Halle 2 im Vordergrund und die Halle 5 hinten links im Bild.
Sanierungsbedürftig: Die Halle 2 im Vordergrund und die Halle 5 hinten links im Bild. Foto: MHA/Kristina Toussaint

Nachdem Flächen des angrenzenden Forschungszentrums anders als gedacht nicht verfügbar waren, soll jetzt ein Gelände der Stadt auf der gegenüberliegenden Straßenseite an der Wilhelm-Johnen-Straße gekauft werden. „Bis die Sanierung durch ist, wird aber sicher eine drei vor dem Jahrzehnt stehen“, sagt Kommoss.

Seine Vergrößerungsaufgabe ist also eher ein Marathon als ein Sprint. Auch was die Zahl der aktuell gut 300 Mitarbeitenden angeht, schrumpft das Mechatronikzentrum vorerst leicht: „23 Dienstposten verlieren wir dieses Jahr“, sagt Kommoss. Der Grund: Die Fähigkeit „Feldlagerinstandsetzung“, also die Reparatur von Containern oder Stromerzeugern, die bislang vorwiegend in Halle 2 stattfand, wird an einen anderen Standort verschoben.

Jülich wird derweil im Sinne des Digitalisierungsstandorts umgegliedert. Künftig sollen hier – an einem von zwei Standorten in Deutschland – Teile aus dem 3D-Drucker produziert werden. „Für Fahrzeuge, die älter sind als 15 Jahre, werden Ersatzteile nicht mehr serienmäßig gefertigt“, erklärt Kommoss. Und selbst drucken ist einfacher, als die Teile irgendwo aufzutreiben. Aktuell werde mit einem Probegerät gearbeitet, noch in diesem Jahr soll die Produktion beginnen. Ob damit auch neue Stellen in Jülich entstehen, werde noch geprüft.

Kommoss will sich künftig vor allem auf die Familie konzentrieren. In mehr als 40 Dienstjahren hat er die Entwurzelung aus Norddeutschland, „Verwendungen“ an diversen Standorten und einen Auslandsaufenthalt mitgemacht. „Schwerpunkt sind jetzt erstmal wir zwei“, sagt der 62-Jährige über sich und seine Frau. Das Paar lebt in Langerwehe, hat drei erwachsene Kinder und zwei Enkel. Am 17. März übergibt Kommoss seine Geschäfte an seinen Nachfolger, Oberstleutnant Hagen Strunk. Der greife bei vielen Dingen nun immerhin nicht in einen großen „Eimer mit nichts“, ist Kommoss zuversichtlich. „Das Werk ist jetzt erstmal auf einer guten Schiene.“