Kunsttour : Wenn Gegenständliches in den Hintergrund tritt
Kreis Heinsberg Die Malerinnen Dagmar Hiltenkamp und Laura-Helene Förster öffnen ihrer Ateliers zur Kunsttour 2022. Was die Werke der beiden Künstlerinnen verbindet.
Sie gehören beide zu den Absolventinnen der ehrwürdigen Düsseldorfer Kunstakademie: Laura-Helene Förster und Dagmar Hiltenkamp. Das ist nicht das Einzige, das die beiden Frauen, die zwar 35 Jahre Altersunterschied trennen, verbindet. Auch wenn ihre Malerei und die Farbgestaltung jeweils sehr unterschiedlich sind, so verbindet die Werke beider doch die Liebe zur Natur, die der Betrachter aus den Bildern lesen kann.
So wie Dagmar Hiltenkamp findet auch die jüngere Laura-Helene Förster die Inspiration für ihre Kunst in ihrer Umwelt. In ihrem Atelier in Erkelenz-Lentholt finden sich auf dutzenden Staffeleien und an den Wänden Bilder von Tieren - eine Vorliebe gehört der Katzenmalerei -, den Kö-Graben in Düsseldorf, eine Stadt, an der sie ihr Handwerk nicht nur gelernt hat, sondern der sie sich auch tief verbunden fühlt und zahlreiche Naturdarstellungen. Zudem reizt sie die Auseinandersetzung mit einem großen Namen, der wie kaum ein anderer für die Düsseldorfer Akademie steht: Joseph Beuys. Arbeiten, die durch den eigenwilligen Kunstprofessor inspiriert wurden, finden sich in ihrem Werk zahlreiche.
Ein Alleinstellungsmerkmal der Künstlerin sind die Kippreliefs. Bilder, hinter denen man ein zweites Bild entdeckt, sobald man die eigene Perspektive ändert. Vier bis fünf Monate benötigt sie für ein solches Kunstwerk, das zuerst gemalt, dann fein geschnitten und anschließend wieder zusammengefügt werden muss. Auch bei diesen Werken ist immer wieder Joseph Beuys zu sehen.
„Als Hörbehinderte ist meine visuelle Wahrnehmungsfähigkeit ausgeprägt und sensibel für Nuancen, die sich bei der Farb-, Form- und Themenwahl zeigen. Ich male bevorzugt mit Öl, in großen Formaten, oft mit expressiven Fehlfarben. Naturerscheinungen, Luft und Wasser sind immer wieder meine bevorzugten Themen, wobei Gegenständliches auch in den Hintergrund treten kann“, erklärt Förster.
Zu Beginn des Jahres 2020 hat Laura-Helene Förster als Meisterschülerin unter Herbert Brandl ihr Studium an der Kunstakademie in Düsseldorf erfolgreich abgeschlossen. Seitdem waren ihre Werke – trotz Pandemie – in verschiedenen Ausstellungen zu sehen. Nun öffnet sie ihr Atelier in Lentholt zur Kunsttour 2022.
Wie Laura-Helene Försters Werkzeug ist auch das von Dagmar Hiltenkamp die Ölfarbe. Im Jahr 1952 in Essen geboren, absolvierte Dagmar Hiltenkamp ihr Abitur am Musischen Gymnasium Essen-Werden und begann ein Studium an der Pädagogischen Hochschule Essen. Dem folgte von 1972 bis 1976 ein Studium „Freie Malerei” bei Professor Gerhard Richter an der renommierten Kunstakademie Düsseldorf sowie Kunstgeschichte und Kunstwissenschaften bei Professor Dr. Heinrich Theissing. Nach einem weiteren Studium „Lehramt für Kunst und Textilgestaltung” an der Universität Essen war Dagmar Hiltenkamp zehn Jahre lang als Kunsterzieherin am Gymnasium Theodor-Heuss in Duisburg tätig, bevor sie sich 1990 entschloss, ihren Lebensunterhalt als freie Künstlerin zu verdienen.
Dagmar Hiltenkamp gestaltet im Medium der Malerei Landschaften, die sich durch eine Komplexität und Dichte in den Farbwirkungen auszeichnen, die aus intensiver Auseinandersetzung resultieren. Bekannt geworden ist Hiltenkamp vor allem durch ihre Gräserbilder, die den Betrachter mit auf einen Spaziergang in die Dünenlandschaft der Nordseeküste nehmen. Ebenso eindrucksvoll sind die Bildwelten, die verschiedene Himmelslandschaften darstellen. „Nicht realistisch, nicht naturalistisch sind die Grasdünen gemalt, sondern stilisiert, abstrahiert. Auf diese Weise erscheinen die Gräser zugleich nah und fern, ein Tatbestand, den nur die Kunstform der Malerei liefern kann“, sagte einst die Kunsthistorikerin Dagmar Preising über Hiltenkamps Kunst.
Bei der Kunsttour möchte sie noch einige ihrer sehr frühen Werke präsentieren. „Damals habe ich viele verzweifelte oder tote Menschen gemalt. Die Bilder sind damals im Zusammenhang mit dem Vietnamkrieg entstanden“, erklärt sie. „Heute sind diese Bilder mit Blick auf den Krieg in der Ukraine wieder erschreckend aktuell“, sagt Hiltenkamp.