Regionale Küche : Wenn es draußen kalt wird, gibt es Panhas
Kreis Heinsberg Es gibt ihn in rot und in weiß, mit Blut oder ohne. Panhas ist zwar nicht jedermanns Geschmack, aber doch ein für unsere Region typisches Gericht. Wie wird es gemacht?
Der süßlich, würzige Duft aus der Pfanne ist eigentlich unverwechselbar. Wer ihn schon aus seiner Kindheit kennt, der wird sich sicherlich sofort an ihn erinnern. Dabei ist der Panhas nicht jedermanns Geschmack. Ähnlich der rheinischen „Flönz“ oder der „Öcher Puttes“ (Blutwurst) ist Panhas eine Art Kochwurst, die vor dem Verzehr in der Pfanne gebraten wird. Am bekanntesten in unserer Region ist der rote Panhas, dem vor dem Andicken Blut beigemischt wird. Es gibt ihn aber auch in einer weißen Variante, ohne Blut und meist mit unterschiedlichen Gewürzen verfeinert.
Hildegard Sentis aus Waldfeucht mag den gebratenen Panhas am liebsten mit Apfelkraut auf Schwarzbrot – und das zum Frühstück. Das war schon immer so. „So lange ich denken kann, gibt es in unserer Familie schon Panhas. Und das natürlich bis heute.“
Hildegard Sentis ist im landwirtschaftlichen Betrieb ihrer Eltern in Selsten aufgewachsen. „Wir waren früher Selbstversorger und hatten Schweine und Kühe. Damals haben wir auch noch selbst geschlachtet. Das war so üblich.“ Und immer, wenn geschlachtet wurde, gab es frischen Panhas.
Seit wann genau Panhas schon hergestellt wird, ist nicht bekannt. Ursprünglich stellte man ihn zum Ende eines Schlachttages her, nachdem der Vorgang des Wurstens abgeschlossen war. Die Brühe, in der die Würste gekocht worden war, war sehr reichhaltig und fett. Nach der Zugabe von Fleischstückchen, Buchweizen und Schweineblut musste die Masse kalt und fest werden, wurde dann in etwa ein Zentimeter dicke Scheiben geschnitten und in Fett goldbraun gebraten.
Auch Hildegard Sentis, deren Mann noch heute eine Schweinemast betreibt, in die mittlerweile auch der Sohn eingestiegen ist, stellt den Panhas nach einem ähnlichen Rezept her. Die Zugabe von Gewürzen – Pfeffer, Salz, Piment und Suppengemüse – geschieht allerdings nach Gefühl. Daran erkennt man die jahrelange Erfahrung, die sie auch als Vorstandsmitglied im Kreisverband Heinsberg der Rheinischen Landfrauen einbringt und weitergibt.
„Wir schlachten allerdings heute nicht mehr selbst. Aber trotzdem versuchen wir, das gesamte Schwein zu verarbeiten.“ Darum wird der Schweinekopf bei der Panhas-Herstellung zusammen mit den Pfoten und dem Vordereisbein eingekocht. „Manchmal kommen auch Rückenspeck, dicke Rippe sowie die Knochen mit in den Topf. Anschließend wird das Fleisch vom Knochen gelöst und durch den Fleischwolf gedreht.“
Ein Teil des Fleisches wird dann für den Panhas wieder in die Brühe gegeben. Damit es dickflüssig ist, werden Gries und Weizenmehl hinzugefügt. „Man muss fest rühren, und wenn es ‚plupp‘ macht, ist der Panhas fertig“, erklärt Hildegard Sentis, die ihn sowohl in der weißen Variante ohne und in der ursprünglichen, roten Art mit Blut kocht.
Die beiden Sorten unterscheiden sich außerdem in der Zugabe von Gewürzen wie Nelken, Thymian und Majoran, aber auch das macht sie nach Gefühl. „Der weiße Panhas wird bei mir immer etwas schärfer. Aber ich mag beide Arten sehr gerne.“
Nach dem Kochen wird der Panhas in Schüsseln oder tiefe Suppenteller gefüllt, wo er fest werden kann. Anschließend wird das, was nicht an Familienmitglieder verteilt oder selbst verspeist wird, eingefroren und so lange haltbar gemacht. „Wir machen Panhas eigentlich immer einmal im Herbst, einmal im Winter und einmal im Frühjahr“, erklärt die Landfrau.
Nur wenige der insgesamt 700 Mastschweine im Betrieb werden für den Eigenbedarf benötigt. „Wenn es draußen so langsam kalt wird, hat man wieder Lust auf Panhas“, bestimmt Hildegard den richtigen Zeitpunkt für die Produktion. Gemeinsam mit ihrem Mann ist sie dann stundenlang damit beschäftigt, den Panhas herzustellen. „Das ist schon Arbeit“, meint sie. Aber das leckere Ergebnis entschädige natürlich für die Mühen.
Auch beim Metzger gibt es Panhas nur im Winter, was wohl damit zu tun hat, dass man früher keine Kühlmöglichkeiten hatte. Panhas ist also ein traditionelles Wintergericht.
Es gibt den Panhas in verschiedenen Varianten – im Westfälischen mit Speck und als Bochumer Variante mit Graupen, sagt zumindest das Internet. Dort ist auch zu lesen, dass die Wortherkunft nicht endgültig geklärt ist. Der Begriff könnte von „Pann“ (Pfanne) und „Harst“ (gebratenes Fleisch) stammen. Manche verstehen das Wort aber eher als „Pfannenhase“, auf Platt eben der Pannhaas.
„Hauptsache, lecker“, finden die Enkel von Hildegard Sentis, die aus der Küche ihrer Oma den weißen Panhas ohne Blut bevorzugen. „Aber da ist die Familie geteilt“, meint Sentis. „Grundsätzlich freut sich hier jeder über den selbstgemachten Panhas. Aber jeder hat eben seinen eigenen Geschmack.“