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RWE stellt Häuser bereit: Ukraine-Flüchtlinge in den Garzweiler-Dörfern

RWE stellt Häuser bereit : Ukraine-Flüchtlinge in den Garzweiler-Dörfern

Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sind in leerstehenden Häusern am Tagebau Garzweiler untergekommen. Damit werden die Erkelenzer Dörfer zum zweiten Mal zum rettenden Ufer für Menschen in Not.

Schon nach der Flut im Sommer des vergangenen Jahres waren die Erkelenzer Dörfer am Tagebau Garzweiler ein Zufluchtsort für Menschen in Not geworden. RWE hatte Flutopfern, zum Beispiel aus Eschweiler und Stolberg, damals verlassene Umsiedlerhäuser zur Verfügung gestellt. Jetzt sind ukrainische Flüchtlinge in Häuser und Wohnungen in Keyenberg, Kuckum, Oberwestrich, Unterwestrich und Berverath eingezogen.

Die Häuser gehören bereits dem Energiekonzern RWE. Die ehemaligen Bewohner hatten die Häuser in dem Glauben verlassen, dass die fünf Dörfer dem Tagebau Garzweiler weichen müssen. Nun deutet alles darauf hin, dass die Dörfer doch bleiben können. Die Berliner Ampel hat in ihrem Koalitionsvertrag explizit festgelegt, die Dörfer erhalten zu wollen. Diese Absicht ist bislang allerdings noch nicht in ein Gesetz gegossen.

„Wir haben gemeinsam mit RWE Power überlegt, wie wir den Menschen helfen können“, sagt Dr. Hans-Heiner Gotzen, Erster Beigeordneter der Stadt Erkelenz. Aus diesen Überlegungen resultiert eine Liste mit 20 geeigneten Häusern, in denen sich 23 Wohnungen befinden. Aktuell leben rund 40 ukrainische Flüchtlinge in diesen Umsiedlerhäusern.

Diese Zahl erscheint erst einmal recht klein. In den fünf Dörfern gibt es nach RWE-Angaben knapp 600 Anwesen, in denen es vor Beginn der Umsiedlung im Dezember 2016 knapp 700 Haushalte gab. Da bereits weit mehr als die Hälfte der Häuser und Wohnungen verlassen sind, könnte man die Frage stellen, ob nicht deutlich mehr ukrainische Flüchtlinge in den Garzweiler-Dörfern unterkommen könnten. Allerdings sind längst nicht mehr alle der Häuser bewohnbar. Viele stehen schon lange leer. Bei anderen machten sich Metalldiebe zu schaffen, die teils auch wichtige Leitungsrohre ausbauten.

Nicht alle verlassenen Häuser eignen sich als Unterkunft: Viele stehen einfach schon zu lange leer. Andere wurden von Dieben förmlich ausgeschlachtet.
Nicht alle verlassenen Häuser eignen sich als Unterkunft: Viele stehen einfach schon zu lange leer. Andere wurden von Dieben förmlich ausgeschlachtet. Foto: MHA/Daniel Gerhards

Aber auch die Wohnungen und Häuser auf der RWE-Liste sind nicht immer sofort bezugsfertig. „Alle Wohnungen werden von uns überprüft und instand gesetzt. So muss geschaut werden, ob die Heizungen noch funktionieren, die Wasserversorgung intakt ist und die Versorgung mit Strom möglich ist. Der hiermit verbundene Aufwand ist von Objekt zu Objekt unterschiedlich“, sagt Gotzen. Und da die Häuser leer sind, fehlen meist auch die nötigsten Möbel und Einrichtungsgegenstände. Die Stadt Erkelenz kümmere sich nun gemeinsam mit vielen Ehrenamtlern um die Möblierung der Wohnungen, wie Gotzen sagt.

Nun kann die Stadt Erkelenz die Unterbringung der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine allerdings nicht allein mit den Häusern in den Dörfern am Tagebau lösen. Gotzen geht davon aus, dass aktuell rund 300 ukrainische Flüchtlinge in Erkelenz untergekommen sind. Und davon leben eben 40 in Keyenberg, Kuckum und Co. „Die Objekte sind für uns derzeit eine große Hilfe. Da leider nicht absehbar ist, wie sich der Krieg weiter entwickeln wird, kann auch keine belastbare Prognose darüber abgegeben werden, wie viele Unterbringungskapazitäten noch benötigt werden“, sagt Gotzen.

Sollten weit mehr Flüchtlinge nach Erkelenz kommen, wird es immer schwieriger, sie alle in privaten Wohnungen unterzubringen. „Die Nutzung von privatem Wohnraum stellt ein kleinteiliges Vorgehen bei der Unterbringung von geflüchteten Personen dar, das naturgemäß dann an Grenzen stößt, wenn hohe Zuweisungszahlen zu erwarten sind. Daher können wir nicht ausschließen, dass wir auch auf Turnhallen oder Mehrzweckhallen zurückgreifen müssen. Wir bereiten jedenfalls diese Option vor“, sagt Gotzen. Positiv für die Stadt und damit für den Steuerzahler ist auch, dass RWE die Wohnungen mietfrei zur Verfügung stellt.

Während die Erkelenzer Tagebaudörfer nun schon zum zweiten Mal zum rettenden Ufer für Menschen in Not werden, ist vollkommen offen, wie es mit den Dörfern oder den Flächen der Dörfer weitergeht. Erst einmal müsste gesetzlich festgelegt werden, dass die Dörfer bleiben. Das könnte zum Beispiel im Rahmen einer neuen Leitentscheidung der Landesregierung geschehen. Und dann? Wie viele Häuser können dauerhaft bleiben? Wie viele müssen abgerissen werden? Wie werden freiwerdende Flächen genutzt? Wie kann die Lebensqualität der verbliebenen Bewohner gesichert werden? Können sich die Dörfer irgendwann einmal in Richtung eines künftigen Sees entwickeln? All das ist noch ungeklärt.