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Großer Beratungsbedarf: Pandemie steckt Familien noch in den Knochen

Großer Beratungsbedarf : Pandemie steckt Familien noch in den Knochen

Die Corona-Pandemie hat viele Familien an ihre Belastungsgrenze gebracht. Die Auswirkungen merkt nun die Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche im Kreis Heinsberg.

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie waren in der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche im Kreis Heinsberg im vergangenen Jahr deutlich spürbar – das geht aus dem kürzlich veröffentlichten Jahresbericht hervor. „Wir merken das sogar noch heute in unseren Beratungen“, sagt Sylke Kreyes, Leiterin der Beratungsstelle. Daraus resultierende Themen seien häusliche Gewalt, Einsamkeit, Leistungsabfall in der Schule und ein deutlich angestiegener Medienkonsum bei Kindern und Jugendlichen. „Die uns aufsuchenden Eltern hatten durch den Distanzunterricht und Kita-Schließungen häufig Betreuungsprobleme und sahen sich vor ganz neuen Herausforderungen“, führt Kreyes weiter aus.

In den vergangenen Jahren gab es immer um die 600 neue Beratungsanfragen in Geilenkirchen und Erkelenz – 2021 war die Nachfrage nochmals höher. Insgesamt zählte das Team 739 Neuanmeldungen. „Wir hatten keinen Einbruch bei den Beratungen – ganz im Gegenteil“, so Kreyes. Es freut sie, dass die Beratungsstelle auch in der Pandemie als verlässliche Anlaufstelle wahrgenommen wurde: „Eine schnelle Terminvergabe, ein zusätzliches Angebot der Telefonsprechstunde und viele offene Sprechstunden in Familienzentren und Schulen haben den Ratsuchenden schnelle Hilfe ohne lange Wartezeiten geboten.“

Gute Erfahrungen habe das Team ebenfalls mit der neuen Onlineberatung gemacht. „Dieses niederschwellige Angebot wird sehr gut angenommen“, berichtet Kreyes. Sie ist deutlich in den Fokus der Hilfesuchenden gerückt. Gleichwohl sei nach wie vor zu spüren, wie wichtig den Menschen eine Beratung in Präsenz sei. „Bestimmte Themen, Gefühlslagen und manch Erlebtes sind nur in einem Gespräch von Mensch zu Mensch ansprechbar“, weiß Kreyes.

Sylke Kreyes leitet die Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche der Caritas im Kreis Heinsberg.
Sylke Kreyes leitet die Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche der Caritas im Kreis Heinsberg. Foto: MHA/Michèle-Cathrin Zeidler

Das Team wolle sich trotzdem weiterentwickeln und über verschiedene Zugänge flexibel für Hilfesuchende erreichbar sein. So sei für dieses Jahr noch ein Elternkurs „KIB“ in digitaler Form geplant. „ Zusätzlich werden wir die Videoberatung als neue Möglichkeit haben, die in Pandemiezeiten ein sicherer Zugang ist“, erklärt Kreyes. Schließlich sei ungewiss, wie es im Herbst mit der Infektionslage weitergehe: „Darüber hinaus gibt es für dieses Format allgemein sehr gute Erfahrungen in der Arbeit mit hochkonflikthaften Eltern.“

Nach wie vor seien die Belastungen durch familiäre Konflikte der häufigste Beratungsanlass. „Die Themen Trennung, Scheidung und Sorgerechts- und Umgangskonflikte nehmen einen großen Teil unserer Beratungsarbeit ein“, führt Kreyes in ihrem Bericht aus. „Auch Beratungssettings mit hochstrittigen Eltern bilden einen Großteil unserer Arbeit ab.“ Viele Zuweisungen und Anregungen würden dabei von den Familiengerichten und Jugendämtern kommen. „Aber vor allem bei jungen Menschen haben Themen wie Isolation und Einsamkeit zugenommen“, so die Einrichtungsleiterin weiter. Durch Schulschließungen, Onlineunterricht und dem Wegfall vieler Sport- und Freizeitangebote, hätten sich viele Kinder und Jugendliche isoliert: „Einige haben den Anschluss verloren – auch im Hinblick auf die Schulleistungen.“ Für manche sei das Leistungspensum ohne Präsenzunterricht einfach nicht zu schaffen gewesen.

„In solchen Fällen ist eine Vernetzung verschiedener Hilfsangebote aus Schule, Jugendamt, Schulpsychologischer Beratungsstelle und Therapeuten hilfreich und notwendig“, weiß Kreyes. Die Beratung von Fachkräften aus Kindertageseinrichtungen und Schulen sei 2021 wie in den vergangenen Jahren gut angenommen worden. „In den offenen Sprechstunden in den Familienzentren nutzen immer häufiger die Fachkräfte die Möglichkeit sich beraten zu lassen“, berichtet Kreyes. Sie blickt auf ein Jahr mit vielen Herausforderungen zurück. „So langsam pendelt es sich wieder ein, Corona ist nicht mehr jedes Mal Thema in der Beratung“, sagt die Einrichtungsleiterin. Gleichwohl betont sie: „Mit den Auswirkungen werden wir aber noch lange leben.“