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Aboplus-Aktion im Tierheim: Nicht nur traurige Tieraugen

Aboplus-Aktion im Tierheim : Nicht nur traurige Tieraugen

Teilnehmer unserer Aboplus-Aktion haben dem Tierheim für den Kreis Heinsberg einen Besuch abgestattet. Doch die Angst, nur in traurige Tieraugen zu blicken, hat sich nicht bewahrheitet.

„Überraschenderweise haben immer noch viele Menschen Berührungsängste mit Tierheimen, dem wollen wir entgegenwirken“, freute sich Bianka Mai bei der Begrüßung unserer Leser im Kirchhovener Tierheim, dass dies bei den Besuchern unserer Aboplus-Aktion offenbar nicht der Fall sei. Die Befürchtung, im Tierheim nur in traurige Tieraugen zu blicken, sollte sich auch nicht bewahrheiten.

„Im Grunde kann man sagen“, so die Vorsitzende des Tierschutzvereins, der die Einrichtung betreibt, „wenn die Tiere hier angekommen sind, haben sie es geschafft.“ Bis dahin hätten sie nicht selten ein weit schlimmeres Schicksal erleiden müssen.

Bevor Bianka Mai unsere Leser gemeinsam mit ihren Vorstandskollegen Sonja Weyers und Berthold Wohlgemut durch die Anlage führte, blickte sie kurz zurück auf die Entstehungsgeschichte des Tierschutzvereins für den Kreis Heinsberg. Im Jahr 1975 war dieser als gemeinnütziger und förderungswürdig anerkannter Verein ins Leben gerufen worden. Bis heute zählt er über 900 Mitglieder.

Hauptsatzungszweck des Vereins ist, sein für das Gebiet des Kreises Heinsberg errichtetes Tierheim zu betreiben und zu erhalten – um Tieren in Not zu helfen, ihr Wohlergehen zu fördern und Not zu verhindern. Zusätzlich hat sich der Verein zur Aufgabe gemacht, Menschen aller Alters- und Gesellschaftsgruppen durch vielfältige Projekte, Aktionen und soziales Engagement für den Tierschutz zu begeistern.

Mittlerweile, so Bianka Mai, seien im Tierheim 13 Mitarbeiter beschäftigt, die etwa 150 Tiere versorgten. „Als das Tierheim 1986 gebaut wurde, wusste noch niemand, wo das Ganze einmal hinführen würde“, meinte sie. Kampfhunde oder eine entsprechende Verordnung seien damals noch Fremdworte gewesen. Mittlerweile kämen pro Jahr im Durchschnitt 750 Tiere ins Tierheim, davon seien ungefähr 65 Prozent Fundtiere, Sicherstellungen und Beschlagnahmungen durch die Behörden. Nur 35 Prozent seien private Abgabetiere oder Tiere aus Tierschutzprojekten.

Die Außenzwinger für die Hunde sind das nächste Großprojekt, das im Tierheim ansteht. Hier bedarf es dringend einer Modernisierung.
Die Außenzwinger für die Hunde sind das nächste Großprojekt, das im Tierheim ansteht. Hier bedarf es dringend einer Modernisierung. Foto: Rainer Herwartz

Dem gegenüber stünden etwa 400 Vermittlungen. Etwa 300 Tiere würden von ihren Besitzern wieder abgeholt oder nach Kastration wieder ausgewildert. „Einige wenige sterben leider aufgrund von Verletzungen, Krankheiten oder aufgrund ihres Alters im Tierheim“, erklärte Bianka Mai und führte die Gäste auch zu einem kleinen Friedhof am Ende der Anlage, wo kleine Gedenksteine an langjährige Insassen erinnern, die es nicht in ein neues Zuhause geschafft haben.

Ein Teil der Kosten des Tierheimbetriebs, Renovierungen, weiterführende medizinische Versorgungen und alle alternativen Anwendungen für die aufgenommenen Tiere würden durch Einnahmen wie Schutzgebühren, Spenden, Zuwendungen und auch Erbschaften gedeckt, erläuterte Bianka Mai. Bei rund 320.000 Euro, die jedes Jahr an Kosten anfielen, keine leichte Aufgabe. Eine Erbschaft hatte es zum Beispiel möglich gemacht, ein Katzenhaus für Freigänger zu errichten, die wahrscheinlich nicht vermittelt werden können, weil sie die Nähe zu Menschen eher scheuen.

Die Übernahme der Kosten zur artgerechten Versorgung und Unterbringung von kommunalen Fundtieren, Sicherstellungen und Beschlagnahmungen ist eine gesetzliche Pflichtaufgabe der jeweils zuständigen Kommune. Der Kreis steht in der Kostenverantwortung, wenn Tiere über das Kreis-Veterinäramt ins Tierheim gebracht werden.

Äh, wer kommt denn da: Die Bewohner im Heinsberger Tierheim waren genauso neugierig auf die Besucher wie umgekehrt.
Äh, wer kommt denn da: Die Bewohner im Heinsberger Tierheim waren genauso neugierig auf die Besucher wie umgekehrt. Foto: Rainer Herwartz

Eine Idee, die sich ausgezahlt habe, sei die Anstellung einer Tierärztin gewesen, meinte die Vereinsvorsitzende. Kastrationen, Weichteilchirurgie oder zum Beispiel Augenbehandlungen, „alles, was draußen Tausende von Euros kostet, können wie dadurch selber machen“. Unterm Strich werde so doppelt soviel wie früher selbst geleistet bei einer Halbierung der Kosten.

Mittlerweile weiß das Tierheim auch längst, moderne Medien für sich zu nutzen. Von einer erfolgreichen Aktion wusste denn auch gleich Sonja Weyers zu berichten. Im neuen Hundefreilauf hatten sich unzählige Disteln breit gemacht, deren Beseitigung das Tierheimpersonal vor ernste Probleme gestellt hätte. Ein „Hilferuf“ über Facebook hatte einen sensationellen Erfolg.

„Es kamen völlig fremde Menschen, die vorher nichts mit uns zu tun hatten, und haben uns geholfen.“ Auch die neue Homepage habe ihre Wirkung nicht verfehlt, sagte Bianka Mai. „Sie wird zu 70 Prozent über Smartphone geschaut, deshalb musste sie darauf ausgerichtet sein.“ Das Ergebnis: 15.000 Zugriffe anstatt von bislang nur 4000. „Wir spüren das auch in der Vermittlung.“

Irgendwie habe sich in den Köpfen vieler Menschen festgesetzt, dass ältere Menschen im Tierheim gar kein Tier mehr erhalten könnten, erklärte Bianka Mai in diesem Zusammenhang. Das sei nur eine Mär. Natürlich sollte ein Tier vom Alter und Temperament her natürlich zu einem Senior passen, aber sie könne die ältere Generation nur dazu ermutigen, das Team einmal zu kontaktieren.

Wer kein eigenes Tier möchte, sich aber dennoch engagieren will, könne dies auch zum Beispiel als Katzenstreichler tun. Kein Witz: die Samtpfoten genießen die Aufmerksamkeit und freuen sich darüber. Auch Sonja Weyers fand so den Weg ins Tierheim.

„Ich habe es mir schlimmer vorgestellt“, zieht eine unserer Leserinnen ihr positives Resümee. Berührungsängste waren da wirklich nicht nötig.