1. Lokales
  2. Heinsberg

Fass ohne Boden?: Musikschul-Sanierung wird zum vierten Mal teurer

Fass ohne Boden? : Musikschul-Sanierung wird zum vierten Mal teurer

Für manche ein Fass ohne Boden: Die Sanierung des alten Amtsgerichts in Erkelenz zur Kreismusikschule hat bereits zahllose Überraschungen zutage gefördert. Nun wird es wieder teurer.

Das Sprichwort besagt, dass man jedem Menschen nur bis vor die Stirn schauen kann. Das Gleiche gilt für alte Gebäude, mit dem Unterschied, dass man ihnen nur auf die Fassade schauen kann. Was in der Bausubstanz steckt, weiß man oft erst, nachdem man sich tiefer in die Gemäuer und Struktur eingearbeitet hat. Was wirklich drin ist, welche „Operationen“ nötig sind, damit sie mit neuem Leben gefüllt werden können, und wie viel Zeit, Geld und Arbeit das beansprucht, erkennt man erst später. Jeder, der schon einmal einen Altbau saniert hat, wird dem zustimmen. So ist das auch beim Alten Amtsgericht an der Aachener Straße 49 in Erkelenz, einem stattlichen Gebäude aus dem Jahr 1884, in das die Kreismusikschule Heinsberg nach der ursprünglichen Planung schon längst hätte umziehen sollen.

Scheibchen für Scheibchen wurde das Gebäude, nachdem sich die Politik im Jahr 2019 entschieden hatte, das Gebäude zu sanieren und dort das Haus der Musik anzusiedeln, freigelegt. Immer wieder stieß man dabei auf unangenehme, teure Überraschungen. Denn im Rahmen der Sanierung des Gebäudes „Haus der Musik“ sind entgegen der ursprünglichen Kostenschätzung des Architekturbüros Viethen aus Erkelenz in Höhe von 1.523.849 Euro vor Beginn der Arbeiten bis zur jüngsten Sitzung des Bauausschusses Mehrkosten in Höhe von 590.000 Euro für das Gebäude und 70.000 Euro für die Außenanlage zu verzeichnen.

Nachdem nun dreimal die Kostenschätzung nach oben kalkuliert worden ist, befasste sich nun der Bauausschuss des Kreises Heinsberg, wenige Wochen nachdem der Haushalt 2023 beschlossen worden ist, mit der nächsten Hiobsbotschaft: Wieder kommen Mehrkosten auf den Kreis zu. 148.000 Euro stehen diesmal im Raum, worüber unter den Mitgliedern kontrovers diskutiert wurde. Immerhin liegt die aktualisierte Kostenschätzung für das Haus der Musik damit bei rund 2.331.000 Euro.

Die neuerlichen Mehrkosten verursache das starke Gefälle in dem Gebäude. Das müsse erst beseitigt werden, bevor der Estrich verlegt werden könne, informierte Dezernent Philipp Schneider das Gremium. „Mich ärgert diese Entwicklung auch kolossal“, erklärte Schneider vor den Mitgliedern des Bauausschusses, die grünes Licht für die Ausgabe der Mehrkosten geben sollten. Schließlich seien das Kosten, die man von vornherein hätte einkalkulieren müssen.

Stattdessen gehe es nach dem Prinzip: „Salamitaktik“. Scheibchenweise und in regelmäßigen Abständen würden Teuerungen durch das Architekturbüro mitgeteilt. Dass die neue Kostensteigerung so früh im Jahr auffällt, sei auf der einen Seite positiv, weil man frühzeitig Bescheid wisse. Auf der anderen Seit müsse man nun sehen, wo man die Mittel herbekäme.

Die Finanzierung sei in Abstimmung mit dem Amt für Finanzwirtschaft lediglich durch eine überplanmäßige Ausgabe zu finanzieren. „Diese ist deshalb erforderlich, da zu dem aktuellen Haushaltszeitpunkt noch nicht abgesehen werden kann, welche konkreten Mittel im Jahresverlauf frei werden und dadurch für das Haus der Musik umgenutzt werden können, um dort jetzt weiterzumachen“, so Schneider.

Gegen das „Weitermachen“ sprach sich Norbert Spinrath (SPD) leidenschaftlich aus. „Das ist inzwischen die vierte Nachforderung, über die wir an dieser Stelle sprechen. Die SPD-Fraktion hatte vor der Baumaßnahme schon deutlich gemacht, dass ein Neubau wirtschaftlich günstiger wäre“, erklärte er und stellte in Aussicht, dass die SPD-Fraktion den neuerlichen, überplanmäßigen Ausgaben nicht zustimmen würde. In dieses Horn bliesen auch die Freien Wähler.

Dass man sich auch mit Blick auf die gestiegenen Kosten noch rund 300.000 Euro unter den Kosten für einen Neubau dieser Größenordnung befinde, machte indes Philipp Schneider deutlich. Zudem erinnerte er daran, dass es innerstädtisch kein Grundstück für einen Neubau gegeben hätte. Auch sei der Bau zu weit vorangeschritten und man habe bereits zu viel Geld investiert, um jetzt noch zu stoppen, machte er klar. „Wir müssen weitermachen und diese Schule bald mit Leben füllen“, so Schneider.

Auch Hanno Kehren (CDU) war der Meinung, dass man die Kostensteigerung dem Architekturbüro nur bedingt zum Vorwurf machen könne. „Das passiert bei Altbauten, denn auch ein Architekt kann einem Gebäude nur vor die Mauer gucken“, sagte er. Die Mehrkosten wurden letztlich mit Gegenstimmen aus den Reihen der Freien Wähler und SPD durchgebracht.