„Jugend debattiert“ : Lia Jörissen argumentiert besonders gut
Wassenberg NRW wird in Berlin bei „Jugend debattiert“ von einer Schülerin aus Wassenberg vertreten. Eine prima Chance, mit Vorurteilen aufzuräumen, sagt sie.
So ganz kann Lia Jörissen es immer noch nicht glauben, auch wenn jetzt schon ein paar Tage vergangen sind, auch wenn es schwarz auf weiß auf der Urkunde steht: Sie hat überzeugt, ihre Argumente am besten vorgetragen, jetzt darf sie das Land Nordrhein-Westfalen bei dem Bundesfinale des Schulwettbewerbs „Jugend debattiert“ in Berlin vertreten. Dabei hat sie am Anfang noch ein wenig gehadert. Konnte sie wirklich Argumente dafür finden, dass Alkohol für Jugendliche ab 16 erlaubt bleiben soll? Ist Alkohol nicht viel zu schädlich? Sollten Minderjährige nicht besser geschützt werden?
Aber sie hatte zehn Tage Zeit, sich damit auseinanderzusetzen. Alle, die an dem seit 21 Jahren stattfindenden Wettbewerb teilnehmen, bekommen rechtzeitig die Themen, über die diskutiert werden sollen, zugeschickt. Allerdings ist vorher noch nicht klar, welche Position man einnimmt: Pro oder Contra? Also müssen für beide Seiten Argumente gesammelt werden.
Lia ist 15 Jahre alt. Sie hat noch keine Erfahrung mit Alkohol, sagt sie. Also hat sie mit ihrer 18-jährigen Schwester diskutiert. „Sie konnte mir gut erklären, welche Auswirkungen ein solches Verbot zum Beispiel auf Clubbesuche haben würde.“ Auch ihre Klasse, die Amsterdamklasse 10.5 der Wassenberger Betty-Reis-Gesamtschule, hatte sie eingespannt und zu einer Probediskussion überredet. „Das hat mir sehr geholfen“, erzählt Lia, „Ich finde es immer interessant, mir verschiedene Standpunkte anzuhören. In der Diskussion muss ich dann Anwältin der Sache sein.“ Erst als sie am letzten Schultag vor den Ferien im großen Plenarsaal des Düsseldorfer Landtages stand, erfuhr sie, dass sie wirklich die Contra-Seite bei der Frage „Soll Alkohol für Jugendliche unter 18 Jahren verboten werden?“ einnehmen musste.
Bevor sie dort im Landtag stand, hat Lia Anfang des Jahres als Vertreterin ihres Deutschkurses den Schulwettbewerb gewonnen. Als Schulsiegerin reiste sie im März nach Aachen und traf dort im Regionalwettbewerb auf die Siegerinnen und Sieger der anderen Schulen aus dem Raum Aachen/Heinsberg. Als eine der vier besten gewann sie zum Abschluss des Regionalwettbewerbes die öffentliche Finaldebatte am ausrichtenden Aachener Anne-Frank-Gymnasium und qualifizierte sich so für das Landesfinale NRW. In Oberhausen traf Lia auf die Regionalsieger und Siegerinnen aus 15 weiteren Regionalverbünden und war erneut unter den vier besten.
In Düsseldorf gelang es ihr so gut, ihre Position zu vertreten, dass Jonas Stommel, Landesfinalist 2018 und Mitglied der von Ansgar Kemmann als Begründer und Projektleiter des Debattierwettbewerbes geleiteten Jury, lobte: „Du hast es geschafft, in dieser Debatte komplexe Hintergründe so zu beleuchten, dass man sie verstanden hat.“
Lia erzählt, dass die Stimmung im Plenarsaal „einfach toll“ war. Betreut auf ihrem Weg nach Düsseldorf wurde Lia von Lehrerin und Schulkoordinatorin Luisa Gilleßen, die ebenfalls begeistert war: „Lia bei den Debatten zu erleben und sie zu begleiten, ist eine einzigartige Erfahrung. Sie hat ein ganz besonderes Talent, sachlich, überlegt, wortgewandt und mit Feuereifer zu debattieren.“
Dass sie den Wettbewerb gewonnen hat, macht sie besonders stolz, weil sie eine Gesamtschule besucht, während die anderen meist von Gymnasien kamen. „Ich hoffe, dass dieser Sieg auch ein kleiner Sieg gegen die Vorurteile gegenüber Gesamtschulen ist“, sagt sie. Dank der E-Kurse, also der Ergänzungskurse, in denen die in diesem Fach besonders starken Schüler unterrichtet werden, könne man auf einer Gesamtschule das gleiche Niveau erreichen wie auf einem Gymnasium, mit dem Vorteil, dass man „eine größere Vielfalt erlebt und sich mit Menschen auseinandersetzen kann, die sehr unterschiedliche Hintergründe haben“, sagt sie. Abitur möchte Lia auch machen und danach studieren: Jura, etwas mit Sprachen oder vielleicht Journalismus.
Lia hatte ihren Einsatz unter das Motto gestellt: „Man kann nur gewinnen, wenn der Mut zu siegen größer ist als die Angst, zu verlieren!“ Und jetzt darf sie nach einem mehrtägigen Rhetoriktraining zum Bundesfinale nach Berlin. Ihr Kommentar? „Hurra, hurra, ich fahre nach Berlin!“