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Heinsberg: Kirchenkabarett mit umfangreichem Programm

Heinsberg : Kirchenkabarett mit umfangreichem Programm

Ein Kirchenkabarett der besonderen Art bot das Theologenpaar Martina und Dr. Thomas Kreßner in der evangelischen Christuskirche in Heinsberg. In den Mittelpunkt des umfangreichen Programms stellte das erzählende, singende und auch spielende Duo die Person Martin Luther.

Die musikalische Begleitung und Stütze übernahm der Organist und Musiklehrer Helmut Kleinbauer in kongenialer Weise. Kanzel und Kabarett seien für ihn eine Bühne, hatte Dr. Thomas Kreßner vor einigen Jahren bei seiner Verabschiedung als Pfarrer in den Ruhestand gesagt. „Ich liebe die Bühne, weil ich so eine Freude habe, etwas darzustellen.“ Diese Lust an der Darstellung füllte Kreßner mit mächtiger Präsenz aus.

Da hatte es jeder Mitspieler schwer, dagegen zu halten. Umso bemerkenswerter die Leistung von Martina Kreßner, die überzeugend in den Rollen der Katharina von Bora als Luthers Ehefrau und als moderne „Tusse“ im Dialog mit Martin Luther die Fäden in der Hand hielt. Feinfühlig führte sie auch ihren Thomas in den Passagen, wenn jener ein wenig menschelte und schwächelte.

„Lieber Gott, nimm es hin, dass ich was Besonderes bin“, lautete einer der vielen selbstformulierten Texte, vielleicht sogar ein Ausdruck der Selbstinszenierung. Die kabarettistischen Stärken des Programms lagen jedoch in der mutigen Selbstkritik und auch in der Benennung der Schwächen der evangelischen Kirche.

Kabarett darf alles, und so sprach Thomas Kreßner mit Verve und Überzeugung vom Jargon der Betriebsamkeit, da als Mittel gegen ein „Land ohne Gott“ den Pfarrern empfohlen werde, „die Impulsbarrieren bei den Gläubigen zu durchbrechen und die Kernkompetenz wieder zur Geltung zu bringen“. Eine Sprache, die es nicht leichter machen würde, vor diesem Horizont reformatorische Theologie zu betreiben.

In den Mittelpunkt stellte das Duo das Leben und die Person Luthers. Da durfte der Ausgangspunkt der Reformation, Luthers Kritik am Ablasshandel, nicht fehlen. Zeitgeschichte und Glaubensreformation wurden in drei Szenen — ein Marsch durch die Kirche, das Verlesen des Ablasstextes und ein „Ablass-Lied“ nach der Melodie von „Ein Vogel wollte Hochzeit machen“ — gelungen und kurzweilig parodiert.

Dass für Thomas Kreßner die Bühne indirekt Kanzel war, führte folgerichtig zu Programmpunkten, in denen Wissen gelehrt und abgefragt wurde. Besondere Highlights waren die Umformulierung des Gleichnisses vom barmherzigen Samariter in die heutige Sprache der Sozialarbeiter. So sei „der Verletzte zu pflegen, bis er am Sozialisationsprozess wieder teilnehmen könne“, parodierte Kreßner.

Noch überzeugender gelang das Gespräch zwischen Luther und seiner Frau Katharina. „Martin, ich brauche mehr Haushaltsgeld“, eine Forderung, die auch heute noch Geltung habe könnte. Denn von der Erforschung eines hebräischen Textes komme kein Essen auf den Tisch, lautete die Erkenntnis der Frau.

Im gemeinsam gesungenen Text „Ich bin so froh, dass ich nicht evangelisch bin“, nahmen sich Künstler und Publikum nicht ganz so ernst. Einen letzten kritischen Blick nahm das Duo auf die Devotionalien zum bevorstehenden 500-jährigen Reformationsjubiläum. Luther als Playmobilfigürchen sei als Präsent für das Presbyterium geeignet, war die spöttische Bewertung.

Beleuchten, besingen und auch befeuern sollte das bunte Programm. Das schien nach Meinung des Publikums auch gelungen zu sein.

(jwb)