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Luchs zurück im Wildpark: Jumper im Gebüsch entdeckt und narkotisiert

Luchs zurück im Wildpark : Jumper im Gebüsch entdeckt und narkotisiert

Es war der vierte Tag auf der Flucht, und gleichsam der letzte. Das Luchsweibchen Jumper wurde in einem Gebüsch auf dem Gelände des Wildparks entdeckt und mit einem Betäubungspfeil außer Gefecht gesetzt.

Ob sie wohl ihre Freiheit genossen oder doch die regelmäßigen Mahlzeiten und ausdehnten Ruhephasen mit ihren beiden Artgenossen im Wildpark Gangelt vermisst hatte? Tierparkbesitzer Dr. Hermann von den Driesch ist auf jeden Fall froh, dass Jumper wieder aufgetaucht ist. Schließlich fühlt er sich verantwortlich für die Tiere; auch wenn der Ausbruch der drei Luchse aus ihrem Gehege im nordwestlichen Teil des 50 Hektar großen Parkgeländes höherer Gewalt zuzuschreiben war.

Wie berichtet, hatte ein Sturm in der Nacht von Freitag auf Samstag eine große Birke um- und auf den Zaun des Luchsgeheges geworfen. Drei Luchse, Jumper, ihr Bruder und Jumpers Nachwuchs hatten die Gelegenheit ergriffen und waren durch die Zaunlücke entwichen. Im Laufe des Samstags waren zwei der als sehr scheu geltenden Luchse in der Nähe des Geheges in einem Gebüsch beim Bienenhaus mit Hilfe einer Wärmebildkamera  entdeckt worden. Die beiden waren von den Wildhütern narkotisiert und wieder in das reparierte Gehege gesetzt worden. „Die beiden haben sich ganz normal verhalten, nachdem sie wieder aufgewacht sind“, berichtete Hermann von den Driesch am gestrigen Mittag beim Rundgang über das Gelände.

Irgendwie meinte man, beim Blick in die winterliche Waldlandschaft hinter jedem Baum und aus jedem Dickicht müsste gleich ein Luchs auftauchen. Doch die nachtaktiven Tiere ließen sich nicht blicken, weder Jumper noch die beiden wieder eingefangenen Luchse. Das Gehege sah vollkommen verlassen aus. „Wahrscheinlich liegen die gerade irgendwo im Dickicht. Die Luchse sind mit ihrem gesprenkelten Fell im Unterwuchs nicht zu erkennen. Die würde man nur bemerken, wenn sie sich bewegen“, sagte Hermann von den Driesch noch nicht ahnend, dass sich am Nachmittag in einem Gebüsch tatsächlich noch etwas bewegen würde.

Letztlich war es nicht die Lebendfalle, in die Jumper tappte, sondern ein gezielter Betäubungspfeil, der der Flucht des Luchsweibchens ein Ende setzte.
Letztlich war es nicht die Lebendfalle, in die Jumper tappte, sondern ein gezielter Betäubungspfeil, der der Flucht des Luchsweibchens ein Ende setzte. Foto: Dettmar Fischer

Gleich außerhalb des Geheges hatten die Wildhüter eine Falle aufgebaut, um die vermisste Jumper wieder einzufangen. Die Falle besteht aus einem Käfig, in dem ein Trittmechanismus die Verschlussklappe aktiviert, wenn sich Jumper auf den Weg zu den Fleischbrocken begeben hätte. Gleich neben der Falle war an einem Baum eine Wildkamera angebracht worden; eigentlich vergeblich, wenn man den weiteren Verlauf der Geschichte geahnt hätte. Im nördlichen Teil des Wildparks befindet sich hinter dem Bienenhaus ein dichtes Waldstück, in dem Hermann von den Driesch Jumper am Dienstagmittag schon vermutet hatte.

Die Vermutung wurde untermauert durch ein fehlendes Huhn. Neben den Fallen und Kameras hatte das Wildparkteam auch ein totes Huhn als Köder in einen Baum gehängt und zwar in der Nähe des Bienenhauses. Am nächsten Morgen war das Huhn verschwunden gewesen. „ Ein Fuchs wäre niemals an das Huhn herangekommen“, erklärte Hermann von den Driesch. „Die Spuren deuteten auf Jumper hin.“

 Mit Wildkameras hatte das Team des Wildparks Gangelt versucht, das entlaufene Luchsweibchen aufzuspüren.
Mit Wildkameras hatte das Team des Wildparks Gangelt versucht, das entlaufene Luchsweibchen aufzuspüren. Foto: Dettmar Fischer

Es ist für den Wildpark das erste Mal, dass ein Raubtier sich aus dem Gehege entfernt hatte. Allerdings gab es in Deutschland in den letzten Jahren mehrere Fälle von entlaufenen Luchsen. Hermann von den Driesch hatte mit Experten gesprochen, unter anderem mit Eckhardt Wiesenthal vom Deutschen Wildgehege-Verband. Wiesenthal sei davon ausgegangen, so von den Driesch, dass von den nachtaktiven Luchsen keine Gefahr für Menschen ausgehe. Und er habe damit gerechnet, dass Jumper wie in anderen Fällen auch bald wieder auftauchen würde. Der Experte sollte recht behalten. Vor allem weil es sich um ein älteres Luchsweibchen handelt, Jumper wird im Mai acht Jahre alt, wurde nicht davon ausgegangen, dass sich das Tier auf Wanderschaft begeben würde.

Bei einem jungen Kuder, einem männlichen Luchs, wäre dies hingegen schon möglich gewesen sein.  Das fehlende Huhn sprach für die These, dass sich Jumper nach wie vor auf dem Wildparkgelände aufhielt, - nur wo war sie? Mit dem Huhn im Bauch war Jumper vorübergehend gesättigt gewesen. Wenn der Hunger wiederkäme, wäre es durchaus denkbar, dass Jumper an die Stelle zurückkehren würde, wo das leckere Huhn gehangen hatte. Statt des Huhns hätte dort aber eine Wildkamera auf die Luchsdame und ein paar Meter weiter ein Falle mit einem Köder gewartet. Soweit kam es aber nicht.

Am Dienstagnachmittag gegen 15.30 Uhr war Fütterungszeit für die Luchse. Auch Jumper dürfte da schon wieder der Magen geknurrt haben – schon aus reiner Gewohnheit. Die Wildhüter beschlossen, nach der Fütterung im Luchsgehege noch einmal im Dickicht hinter dem Bienenhaus nachzusehen. Und tatsächlich – im  Unterholz bewegte sich etwas, das bei näherem Hinsehen schwer nach einem Luchs aussah. Das Narkosegewehr wurde in Anschlag gebracht, und kurz darauf schlummerte Jumper wieder in seinem Gehege. Wovon sie wohl träumte - von der Freiheit oder von einem leckeren Huhn?