Hochwasser in Wassenberg : Ist die B221n für die Überflutung verantwortlich?
Wassenberg Vor dem Bau der Umgehungsstraße hatten die Anwohner der Jülicher Straße in Wassenberg nie Probleme mit Hochwasser. Straßen.NRW räumt nur eine Teilverantwortung ein.
Nach der Kritik, dass die B221n für das wiederholte Hochwasser an der Jülicher Straße in Wassenberg verantwortlich sein soll, hat der Landesbetrieb Straßenbau NRW den Vorwurf möglicher Planungsfehler zurückgewiesen. Die Ortsumgehung für Wassenberg sei nach „geltenden Richtlinien, Verordnungen und Gesetzen geplant und mit den zuständigen Behörden abgestimmt“ worden, teilte Pressesprecherin Elena Färber auf Anfrage unserer Zeitung mit.
Gleichwohl untersuche der Landesbetrieb, ob das Niederschlagswasser von den Straßenflächen der B221n ausschlaggebend für die Überflutung war. „Wir erwarten, dass wir in Kürze dazu einen Zwischenstand berichten können“, so Färber.
Färber schränkt jedoch auch gleich ein: „Das Hochwasser im Bereich der Jülicher Straße ist durch den Myhler Bach entstanden.“ Und in den Myhler Bach fließe das Wasser aus den angrenzenden Waldgebieten, von den Ackerflächen und sonstigen Einleitungsstellen der anliegenden Siedlungen. Durch den starken Regen sei in der Folge mehr Wasser in den Bach gelaufen, als er habe ableiten können. „Infolgedessen kam es an der Jülicher Straße zu einer Überflutung“, so Färber.
Allerdings könnte die B221n auch dafür verantwortlich sein, dass Wasser von größeren Flächen in den Bach läuft, als es vor dem Straßenbau der Fall war. Dr. Gerd Demny vom Wasserverband Eifel-Rur hatte zuletzt in Wassenberg erklärt, dass mit der neuen Straße die Wasserscheide verschoben worden sei. Das heißt, dass nach dem Bau der Straße Wasser von zusätzlichen Flächen in den Bach läuft.
Hinzu kommt dann eben noch das Regenwasser, das auf die Straße fällt. Gleich neben der B221n befinden sich Versickerungsbecken, die das Wasser von der Straßenoberfläche aufnehmen und versickern lassen sollen. Doch das funktioniert offensichtlich nicht in erhoffter Weise. „Nach Aufnahme des Betriebs der Versickerungsbecken ist festgestellt worden, dass die in Rede stehenden Becken nicht wie geplant eine ausreichende Menge des Straßenwassers versickern lassen können, da der vorhandene Boden nicht den angenommenen Versickerungswert aufweist. Der vorliegende Boden ist also weniger versickerungsfähig als angenommen“, teilte Färber dazu mit. Das bedeute, dass die auf der Straße und den dorthin entwässernden Flächen anfallenden Wassermengen nicht komplett durch die Versickerungsanlagen aufgenommen werden könnten und diese damit überliefen.
Für die extremen Regenmengen der Starkregentage im Sommer sei die Straßenentwässerung der B221n jedoch ohnehin nicht ausgelegt „und auch nicht auszulegen“, so Färber. Es sei daher davon auszugehen, dass die Versickerungsanlagen beim Starkregen im Sommer auch bei vollständiger Funktionstüchtigkeit übergelaufen wären.
Nach Einschätzung des Landesbetriebs ist die B221n am Ende nur ein Teil des Hochwasserproblems: „Durch die Starkregenereignisse hat aber nicht nur die B221n, sondern auch das ganze, wesentlich größere Einzugsgebiet – bestehend aus Waldflächen, Ackerflächen und Siedlungsbereichen – Niederschlagswasser in das angrenzende Gelände geleitet. Alle Bereiche, die durch den Starkregen mehr Regenwasser in den Myhler Bach abgeführt haben, haben damit zur Überflutung an der Jülicher Straße beigetragen“, so Färber.
Anwohner der Jülicher Straße und auch die Verantwortlichen im Wassenberger Rathaus vermuten jedoch einen weitergehenden Einfluss der Umgehungsstraße. Denn Überschwemmungen hat es nach Angaben langjähriger Anwohner und der Stadt im Bereich der Jülicher Straße in den Jahrzehnten vor dem Bau der B221n nie gegeben. Diesen Sommer, Anfang Juni und beim Extremunwetter Mitte Juli, stand das Wasser dann gleich zweimal in den Kellern der Anwohner. Nach Angaben der Stadt Wassenberg habe beim Juli-Hochwasser nur der Einsatz von zwei großen THW-Pumpen verhindert, dass auch die Erdgeschosse der betroffenen Häuser voll liefen.
Zumindest das Problem der vollen Versickerungsbecken will Straßen.NRW nun angehen. Lösungsvorschläge seien bei einem Gespräch des Landesbetriebes mit der Unteren Wasserbehörde des Kreises Heinsberg und dem Wasserverband Eifel-Rur diskutiert worden, „um dauerhaft die Funktionstüchtigkeit der Entwässerungsanlagen wiederherzustellen“, so Färber. Weitere Gespräche sollen folgen, mit dem Ziel, „möglichst zügig eine dauerhafte Lösung umzusetzen“. Bis zu einer Sanierung würden die Versickerungsbecken „regelmäßig überprüft und geleert, so dass bei zukünftigen Regenereignissen ein möglichst großes Stauvolumen zur Verfügung steht“, so Färber.
Auch das ist ein Kritikpunkt der Anwohner: Aktuell werde das Wasser aus den Becken viel zu selten abgepumpt.