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In der Bütt in viele Rollen geschlüpft

3 mal 11 Jahre : In der Bütt in viele Rollen geschlüpft

Ein großer, rot-weißer Clown grüßt jeden, der Willi Fuchs besucht, schon vor der Tür seiner Wohnung in Orsbeck. Und auch innendrin sind er und seine Besucher überall von kleinen und großen Jecken dieser Zunft umgeben. Der Clown ist auch die Figur, in die Fuchs schlüpft, wenn er seine bunte Weste und seine weißen Handschuhe anzieht, seine leuchtend rothaarige Perücke und seine ebenso rot leuchtende Nase aufsetzt und dann die Menschen auf den Bühnen der Region als Büttenredner begeistert, inzwischen seit genau 3x11 Jahren.

„Ich lebe nur hier in Orsbeck“, räumt er gleich ein. „Ich bin und bleibe Haarener.“ Dort gehört er im Karnevalsverein Kluser Pappmule auch dem Elferrat an. Fuchs wurde vor 67 Jahren zwar in Obspringen geboren, wuchs aber in Haaren auf. Der Liebe wegen verschlug es ihn 2003 nach Wassenberg. Seit 2007 wohnt er mit seiner Frau Juliane in Orsbeck, mit der er in der Session 2010/11 die Kluser Pappmule sogar als Prinzenpaar repräsentierte.

Seine Leidenschaft für den Wortwitz, den er heute in seiner Clownfigur verkörpert, reicht jedoch noch viel weiter zurück als nur 33 Jahre. Schon als 17-Jähriger wurde er Mitglied in seinem Kegelklub „Die lustigen Jungens“. Ende der 1970er Jahre schon bereicherte er dort die Weihnachtsfeier oder Geburtstagsfeiern mit kleinen Reden. „Ich habe immer in Zeitungen Witze gelesen und sie ausgeschnitten“, erzählt er, öffnet dabei ein Fotoalbum, in dem keine Fotos, aber unzählige kleine Ausschnitte mit Witzen aus Zeitungen und Zeitschriften kleben, fein sortiert: „Kellnerwitze, Kindermund und anderes mehr“, so Fuchs. „Ich hatte auch immer ein Notizbuch dabei“, erinnert er sich. Daraus bastelte er für seine Reden auch eigene, auf die Clubmitglieder gemünzte Reime.

Kontakt zu den Pappmule hatte er über seinen Vater Hubert, der nicht nur Elferratsmitglied und einer der Parodisten der Pappmule war, sondern auch Inhaber vom Westmark-Stübl in Haaren. 1986 war es dann soweit: August Kirchner, damals Präsident im Karnevalsverein, und zwei weitere Vorstandsmitglieder wollten die Witzkünste von Fuchs einmal unter die Lupe nehmen. „Die saßen alle drei bei Kirchners auf dem Sofa, haben keine Miene verzogen, und ein paar Witze waren denen damals sogar ein bisschen zu heftig“, lacht er.

Als „Knalltüt“ ist Willi Fuchs eine Traditionsfigur auf den Bühnen der Region. Ein beliebter Spruch: „Applaus ist das Brot des Künstlers. Ich danke für das Frühstück!“
Als „Knalltüt“ ist Willi Fuchs eine Traditionsfigur auf den Bühnen der Region. Ein beliebter Spruch: „Applaus ist das Brot des Künstlers. Ich danke für das Frühstück!“ Foto: Jürgen Ritterbach/JUERGEN RITTERBACH

Aber er schaffte es dennoch ins Programm für die beiden Sitzungen der Pappmule in der Selfkanthalle, als Kellner. Mit vollem Erfolg: „Das hat es hier in Haaren noch nicht gegeben, dass ein Neuling eine Zugabe geben muss“, kann Fuchs heute noch genau die Worte des damaligen Präsidenten wiederholen. Nervös, nein, das sei er damals vor seinem ersten Auftritt nicht gewesen, habe er sich zumindest damals gedacht, schmunzelt er. „Bis mich die Toilettenfrau gefragt hat, was ich denn da auf der Damentoilette mache!“

Der erste Applaus in Haaren spornte ihn an, sich in den nächsten Jahren auch in anderen Rollen zu versuchen. So trat er als Soldat, Radfahrer und Weltenbummler, als Himmelsbote und sogar als Zeitungsmann mit der „Spätausgabe“ auf. Seit 1999, also seit nunmehr genau 20 Jahren, ist er als Büttenredner mit Namen „Knalltüt“ unterwegs. Heute sammelt er seine Witze natürlich anders, ganz modern im Internet. Und die Stichworte dazu befestigt er mit einem Klebeband entlang vom Schloss eines kleinen Spielzeugkoffers, der einmal seinem Sohn gehörte. Praktisch ist der Koffer dabei nicht nur als Gedankenstütze. Darin befindet sich zwischen den Auftritten auch alles, was die Clownfigur so braucht, heute einschließlich Lesebrille.

In seinem aktuellen Bühnenprogramm geht´s um Eheprobleme, um den Urlaub oder auch um seinen 450-Euro-Job im Altersheim. Getestet wird das übrigens immer schon im November, wenn seine Frau Geburtstag hat. „Eigentlich steht die Rede für die nächste Session aber im Groben auch jetzt schon“, verrät er. Am Veilchendienstag wird er, wie es inzwischen auch schon Tradition hat, im Kreis der Haarener Karnevalisten erste Kostproben davon geben. Und was hat sich verändert im Laufe der närrischen „Jahrelfte“? „Früher konnte man auf die echten Menschen im Dorf mal einen Witz machen“, sagt Fuchs. „Das verträgt aber heute keiner mehr so richtig.“ Zudem sei es heute je nach Programm gar nicht mehr so einfach, mit einem reinen Wortbeitrag zum Publikum durchzudringen, „nach einer Musikgruppe, die so richtig Stimmung gemacht hat“.

Ans Aufhören denkt Fuchs jedoch noch lange nicht. Gerade erst hat er sich sogar einer Künstleragentur angeschlossen. Immerhin will er ja auch seine Ordenssammlung noch ein bisschen ausbauen. Größte Auszeichnung für ihn ist bisher der Verdienstorden vom Bund Deutscher Karneval in Silber. „Wenn mir nix mehr einfällt, dann hör´ ich auf“, sagt er. Und schließt mit dem immer gleichen Spruch auf der Bühne: „Denn das eine ist gewiss, von der Wiege bis zur Bahre sind die schönsten Lebensjahre.“