So läuft der Streikmontag in Heinsberg : Gähnende Leere und Ärger über die Streikfolgen
Kreis Heinsberg Einige Reisende haben Verständnis, andere ärgern sich über den Streik. Wo sonst Busse und Bahnen rollen, herrscht gähnende Leere.
Schnellen Schrittes eilt Mia Bohl die Rampe zum Heinsberger Kopfbahnhof hinauf und staunt nicht schlecht. Kurz vor der eigentlichen Abfahrt des Regionalzuges Richtung Aachen steht an diesem Montagmorgen nur noch ein junger Mann in Handwerkerkluft am Gleis, der kein Deutsch versteht und der deshalb wie Mia auch nicht mitbekommen hat, dass der Zug heute gar nicht fährt – wegen des Streiks der Eisenbahnergewerkschaft.
Für den jungen Mann ein Problem, für Mia Bohl nicht. Die Kauffrau für E-Commerce, die nur bis nach Heinsberg-Oberbruch muss, kann auch den Schulbus gleich nebenan am Busbahnhof nehmen, der zum Schulzentrum nach Oberbruch fährt. „Ich kann’s verstehen“, sagt sie zum Streik der Eisenbahner und Busfahrer. „Dann muss ich halt heute noch ein bisschen laufen.“ Gewusst habe sie nur vom Streik der Busfahrer, fügt sie hinzu.
Vor dem Bahnhof, wo es ansonsten am frühen Morgen vor Bussen nur so brummt, herrscht fast gähnende Leere. Nur ab und zu kommt mal ein Bus von einem der Auftragsunternehmer, die für die West-Verkehr GmbH fahren, um Schüler aufzunehmen.
Er könne sich nicht mit den streikenden Kollegen solidarisieren, erklärt Busfahrer Anton von der Stück, der auch bei einem Auftragsunternehmer arbeitet und keiner Gewerkschaft angehört. Für einen Tag ohne Arbeit würde er anders als die in Gewerkschaften organisierten Kollegen kein Streikgeld erhalten. „Ich weiß nicht, was die Kollegen verdienen“, ergänzt er. „Aber ich bin sehr zufrieden mit dem, was mein Chef mir bezahlt.“
Ganz und gar nicht einverstanden mit dem Streik ist Chugh Chandni. Die 18-jährige Heinsbergerin kann zwar am Morgen mit einem Bus eines Auftragsunternehmers zur Schule nach Oberbruch fahren, wäre aber heute Mittag auf einen Bus von West angewiesen. „Das wird eine Herausforderung, wieder zurück nach Hause zu kommen“, erklärt sie.
Kurz vor acht Uhr steht dann nur ein Schüler am Busbahnhof. Er ist aus Waldfeucht gekommen und wollte mit der Schnellbuslinie 1 weiter zur Schule nach Erkelenz. „Ich habe meinen Opa angerufen. Der fährt mich“, sagt er. Überhaupt präsentiert sich der Busbahnhof am Montagmorgen eher als Mitfahrzentrale für hier gestrandete Schüler oder Arbeitnehmer.
Obwohl heute auch an den Flughäfen die Bänder stillstehen, trifft das die Kunden von Dietmar Spielkamp in seinem Heinsberger Reisebüro nicht. Schon seit der Corona-Pandemie rate er Reisenden immer zur Buchung einer Pauschalreise. „Dann ist man auf der sicheren Seite, dass einem geholfen wird“, betont er. Das sei auch schon bei den vergangenen Streiks so gewesen. Da hätten seine Kunden 24 Stunden vor Abflug eine Nachricht erhalten und seien vom Reiseunternehmer an einen anderen Flughafen gebracht worden.
Beim aktuellen Streik, wo es nirgends Starts und Landungen gibt, könnten seine Kunden mit Pauschalreisen kostenfrei stornieren. „Die Kunden sind fein raus, auch wenn sie sich vielleicht Urlaub genommen haben, ist zumindest das Geld nicht weg“, sagt er. „Für uns heißt das: umsonst gearbeitet und jetzt noch zusätzlich arbeiten für die Stornierung.“ Verständnis für den Streik hat Spielkamp überhaupt nicht: „Deutschland so platt zu machen, was das ein Geld kostet!“, empört er sich. „Das ist unfassbar!“