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Ein Stück Normalität: Eltern richten Kindergarten für Kinder aus der Ukraine ein

Ein Stück Normalität : Eltern richten Kindergarten für Kinder aus der Ukraine ein

Es ist eine Idee, die Schule machen könnte. Weil geflüchtete Kinder aus der Ukraine so schnell keinen regulären Kindergartenplatz bekommen werden, hat nun eine Elterninitiative eine Gruppe in Gangelt-Birgden gebildet.

Sie spielen, sie lachen, sie schlagen Purzelbäume. Sie sind wieder Kinder, Camila (4), Balina (3), Regina (3) oder Christine (1,5).

Dass in ihrer Heimat Krieg herrscht, dass sie vieles miterlebt haben, was Kinder nicht erleben sollten, merkt man den Kleinen an diesem Vormittag nicht an. Hier, in ihrem „Kindergarten“, dürfen Kinder wieder unbeschwert sein.

Dass die zwölf Kinder, die mit ihren Müttern aus der Ukraine nach Deutschland geflohen sind und nun in Gangelt vorübergehend ein Zuhause gefunden haben, wieder ein Stück Normalität im Kindergarten erleben, verdanken sie einer Initiative aus Privatpersonen.

Auf den Weg gebracht hat die Gruppe Michael Dohmen, der als Schulleiter der Janusz-Korczak-Schule bereits samstags die Türen seiner Schule als Treffpunkt für geflüchtete Familien öffnet. „Dass die Kinder schnell einen Kindergartenplatz finden, ist Wunschdenken. Denn es gibt schlichtweg zu wenig Kitaplätze und Erzieherinnen, selbst wenn ausreichend Platz in den Einrichtungen zur Verfügung stünde“, sagt Dohmen. Darum setzt er nun auf offene Spieltreffs statt Kitaplätze für die Flüchtlingskinder aus der Ukraine. „Auf diese Art haben die Kinder zumindest ein wenig Normalität und erleben Leichtigkeit. Und auch die Mütter haben die Möglichkeit, sich auszutauschen und ein Netzwerk zu bilden, oder einfach auch mal ein paar Stunden ohne Kinder, in denen sie Behördengänge erledigen können“, erklärt er.

Die Idee zu einer täglichen Spielgruppe hatte Dohmen bereits im März, als die erste Flüchtlingswelle in den Kreis schwappte und er die vielen Kinder gesehen hat, die mit ihren Müttern teils auf engem Raum bei Bürgern untergekommen sind. „Die Kinder haben eine Flucht erlebt, sind weit weg von daheim und vermissen ihre Väter oder älteren Geschwister. Deshalb hielt ich es für unheimlich wichtig, für die Kinder ein wenig Alltag zu schaffen“, sagt Dohmen.

Purzelbäume schlagen und mit Gleichaltrigen toben: In der Gruppe dürfen Kinder wieder Kinder sein.
Purzelbäume schlagen und mit Gleichaltrigen toben: In der Gruppe dürfen Kinder wieder Kinder sein. Foto: Nicola Gottfroh

Michael Dohmen machte sich auf die Suche nach einem Raum in Gangelt, in dem man einen provisorischen Kindergarten einrichten können. Bei Heinrich Aretz, einst Bürgermeister der Gemeinde Gangelt, heute Ehrenbürgermeister, stieß er auf offene Ohren. Aretz verwaltet das Bürgerhaus und war direkt bereit, der Gruppe morgens von 8 bis 13 Uhr einen großen Raum zur Verfügung zu stellen. „Bei einem solchen Projekt konnte ich gar nicht Nein sagen“, macht Aretz deutlich. „Ich freue mich, dass die Kinder und Mütter hier nun jeden Tag ein paar unbeschwerte Stunden verbringen können“, betont Aretz.

Die Mütter organisieren die Gruppe selbst. Spielzeuge wurden in ausreichender Zahl gespendet. „Die Gruppe auf die Beine zu stellen, war gar nicht so schwer. Und ich hoffe sehr, dass diese Idee, eine Alternative zum klassischen Kindergarten zu bieten, hier im Kreis auch in anderen Kommunen Schule macht“, sagt Dohmen. Denn nach der ersten Flüchtlingswelle, so glaubt er, rolle nun die nächste an. „Normalität ist das, was die Kinder nun brauchen“, ist er sicher.