Jugendhilfeausschuss prüft : Missbrauch aus der Tabuzone holen
Kreis Heinsberg Der Deutsche Kinderschutzbund wünscht sich im Kreis Heinsberg eine Fachberatungsstelle für Fälle in denen Misshandlung und sexueller Missbrauch von Kindern und Jugenlichen vorliegt. Die Verwaltung prüft nun, ob eine Einrichtung möglich ist.
Man müsse das Thema „Misshandlung und sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen“ unbedingt aus der Tabuzone herausholen, meinte Dr. Christiane Leonards-Schippers, Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses des Kreises Heinsberg. Der Jugendhilfeausschuss befasste sich mit diesem Thema, da in der jüngeren Vergangenheit insbesondere durch den Deutschen Kinderschutzbund, Ortsverband Erkelenz, wiederholt der Ruf nach einer Fachberatungsstelle in Fällen von Misshandlung und sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen im Kreis Heinsberg laut geworden war.
Alfred Theißen, Leiter des Jugendamtes des Kreises Heinsberg, ergänzte die Einschätzung der Vorsitzenden insofern, als er den Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses darlegte, wie schwer es sei, aufgrund der Tabuisierung des Themas überhaupt einen Bedarf zu ermitteln. Theißen musste die Frage offen lassen: „Wie viele Leute würden sich an eine solche Beratungsstelle wenden, wenn es sie denn gäbe?“
Er verwies darauf, dass in Gesprächen mit den Jugendämtern im Kreis das Thema intensiv beraten worden sei und man gemeinsam eine solche Beratungsstelle anstrebe. Nach den zahlreichen Gesprächen und Recherchen in den vergangenen Monaten scheine tatsächlich ein Bedarf gegeben zu sein, der allerdings nicht realistisch quantifizierbar sei, da ganz besonders in diesem sensiblen, intimen, tabuisierten Bereich eine hohe Dunkelziffer bestehen werde.
Das Angebot des Kinderschutzbunds Erkelenz, eine solche Fachberatungsstelle einzurichten, sofern die hierdurch entstehenden Kosten übernommen würden, habe die Verwaltung angeregt, einen Blick in die Nachbarschaft des Kreises Heinsberg beispielsweise die Städte-Region Aachen zu werfen. Dort gebe es vier vergleichbare Beratungsstellen, drei davon in eigener Trägerschaft, eine werde von einem freien Träger betrieben. 2017 seien dort 223 Beratungen durchgeführt worden, 2018 wegen ganzjähriger Erkrankung einer Mitarbeiterin 141. Die Kreisverwaltung verwies darauf, dass inzwischen das Bundesfamilienministerium das Modellprojekt „Wir vor Ort gegen sexuelle Gewalt“ aufgelegt habe, in dem ausschließlich ländliche Regionen bei der Einrichtung eines solchen Fachberatungs-Angebotes vor Ort unterstützt werden sollen. Auch dies mache deutlich, dass insgesamt ein relevanter Bedarf gesehen werde.
Dezernentin Daniela Ritzerfeld hatte daraufhin mehrere Träger im Kreis auf das Projekt aufmerksam gemacht; der KSB habe sich zwischenzeitlich auf das Projekt beworben. Zu klären sei aber noch, ob die Einrichtung einer solchen Beratungsstelle dem Vergaberecht unterliege. Das Kreisjugendamt hat sich bereit erklärt, die Federführung in dieser Angelegenheit zu übernehmen. Eine Finanzierung (ohne Bundesförderung) könnte, analog zu den Erziehungsberatungsstellen der Caritas und der AWO, aus dem Kreishaushalt über die allgemeine Kreisumlage erfolgen, da sich auch dieses Beratungsangebot an die Bürger aller kreisangehörigen Kommunen richtet. Einstimmig entschied der Jugendhilfeausschuss, die Verwaltung möge in Kooperation mit den Stadtjugendämtern die Möglichkeiten und Rahmenbedingungen der Einrichtung einer Fachberatungsstelle bei Misshandlung und sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen prüfen.