Spendenaktion : Dorf mit Herz lässt sich nicht ausbremsen
Erkelenz-Matzerath Der Martinsmarkt in Matzerath kann zwar nicht stattfinden, Geld für das Kinderhospiz der Region sammelt die Dorfgemeinschaft unter dem Motto „Kleines Dorf mit großem Herz“ aber trotzdem.
131.501,91. Das ist eine richtig, richtig große Zahl. So viele Euros hat die Dorfgemeinschaft Matzerath bereits dem Deutschen Kinder- und Jugendhospizverein Aachen-Kreis Heinsberg übergeben können. Natürlich nicht auf einmal, sondern im Laufe von 16 Jahren. Jedes Jahr war die Summe, die auf dem Scheck stand, größer. Im vergangenen Jahr waren es sogar 17.500 Euro.
Diese große Summe hat das kleine 400-Seelen-Dorf Matzerath durch den jährlichen Martinsmarkt sammeln können. Und das funktioniert, weil alle mit anpacken, weil jedes Jahr 100 Kuchen von den fleißigen Händen der Menschen aus Matzerath gebacken werden, weil alle, die auf der Bühne stehen, kein Geld verlangen, weil über private Beziehungen Theke und Kühlwagen zur Verfügung gestellt werden, weil große Unternehmen aus der Region und Bundesliga-Fußballvereine hochwertige Dinge für die Tombola spenden.
„Vor dem Markt ist mein Wohnzimmer immer vollgestellt mit Preisen, die eingepackt werden müssen“, erzählt Ida-Marie Moll, Vorsitzende des Dorfvereins Matzerath, bei der die Fäden der Organisation zusammenlaufen. Sie bestellt die Zelte, die Bühne, den Spülwagen, misst die Stellfläche für die Stände mit Handwerkskunst und Co. aus und denkt an all die vielen kleinen Kleinigkeiten, an die man bei einem solchen Markt eben denken muss.
Und der ist immer größer geworden. Waren es zuerst fünf Stände auf einem privaten Grundstück, gibt es heute eine Warteliste für die begehrten Plätze rund um die Kapelle St. Josef aus dem Jahr 1696 mit ihrem geschweiften Schieferdach.
Größer soll der Markt, der jetzt schon in der Vorweihnachtszeit Hunderte Gäste anzieht, nämlich nicht werden, „sonst verschwindet die Gemütlichkeit und die Stimmung“, fürchtet sie. „Heute wissen wir genau, wie viele Stände passen“, sagt Ida-Marie Moll. Nämlich 65.
Oft versprach der Wetterbericht am Markttag Kälte, Sturm und Nässe. Einmal ist ein Pavillion weggeweht, einmal hat der Regen alle Kreidemarkierungen für die Stände fortgespült, ein anderes Mal war es so warm, dass Bier statt Glühwein ausgeschenkt wurde, aber immer hat er stattfinden können. Nur in diesem Jahr nicht.
Schon vor dem zweiten Lockdown hatten Ida-Marie Moll und ihr Sohn Nicolai, der ihr, so wie die ganze Familie, tatkräftig zur Seite steht, nach langen Diskussionen und mit sehr schwerem Herzen beschlossen, dass sie es nicht verantworten können, an der Veranstaltung festzuhalten.
Weil es ihnen aber nicht nur um das Fest, sondern vor allem um die Kinder im Hospiz leid tat, dachten sie sich etwas anderes aus. „Das sind ja fast alles Ehrenamtliche, die dort arbeiten. Das Geld geht direkt an die Kinder“, sagt Nicolai Moll.
Wenn alle Spenden wegfallen, so ihre Befürchtung, würden in diesem Jahr viele Kinder die kleine Extrafreude, die ihnen die verbleibenden Tage des Lebens ein wenig versüßen soll, nicht erleben, und die Familien könnten in dieser schweren Zeit vielleicht weniger Unterstützung erhalten.
Deshalb lädt die Dorfgemeinschaft statt zu einem Martinsmarkt zu einer Spendenaktion ein. Die füllt zwar keinen Sonntagnachmittag mit angenehmen Erinnerungen und Bäuche mit Kuchen, aber es kann sich ebenso gut anfühlen. „Jeder Euro zählt“, sagt Nicolai Moll, der die Augen der Kinder, die er im Hospiz gesehen hat, nicht vergessen kann. „Wenn 20 Leute einen Euro spenden, sind das 20 Euro.“
Sehr gerührt war der 27-Jährige, als, kurz nachdem er die Spendenaktion des Dorfes auf Facebook vorgestellt hatte, schon ein junger Mann 25 Euro auf das Paypal-Konto überwiesen hatte. Jemand, den Nicolai Moll nicht kannte, und der sich trotzdem angesprochen fühlte.

Viele haben schon gespendet, denn die Aktion läuft bereits eine Weile. Die Fußballer vom SV Golkrath und die Kicker von Niersquelle Kuckum haben zusammengelegt und ein schönes Sümmchen überwiesen und auch die Matzerather Jungs, Unternehmen, die sonst Preise stiften, Politiker aus der Region und vor allem die Menschen aus Matzerath.
„Ich finde es toll, dass so viele Herz zeigen und trotz der heutigen Situation, in der viele Unternehmer ja auch um ihre Existenz fürchten, spenden“, sagt Nicolai. Das große Herz des kleinen Dorfes Matzerath ist trotz der Ausnahmesituation in der Corona-Pandemie ganz offensichtlich nicht geschrumpft.
Geld überweisen, das geht noch bis zum 8. November, dem Tag, an dem der 17. Martinsmarkt stattfinden sollte, unter nicolai.moll@gmx.de (Paypal) oder mit dem Verwendungszweck „Spende Martinsmarkt Matzerath 2020“ als Überweisung an das Konto der Dorfgemeinschaft bei der Kreissparkasse, IBAN: DE30312512201401249618.