Neuer Bildband : Die wechselvolle Geschichte von Mühle und Mensch
Wassenberg-Birgelen Der Birgelener Mühle, die vor vielen Jahren abgerissen werden musste, widmet Ehrenbürger Franz-Josef Breuer ein neues Buch. Es enthält mehr als 200 Bilder, Texte und Dokumente.
Mehr als 40 Jahre hat er Unterlagen, Dokumente und Bilder gesammelt. Nun präsentiert Wassenbergs Ehrenbürger Franz-Josef Breuer stolz seinen sechsten Bildband über die Historie seines Heimatortes Birgelen. „Dass ich das noch mit 90 Jahren geschafft habe, diesen Bildband von der Birgelener Mühle von 1810 zu erstellen! Dieser Bildband lag mir besonders am Herzen, weil ich als Nachbarskind dort groß geworden bin und fast täglich da war. Ich habe niedergeschrieben, was nicht mehr wiederkommt“, sagt Franz-Josef Breuer. Und er hofft, dass so die lange Geschichte der einstigen Wassermühle am Birgelener Bach, die wegen massiver Bergschäden 1987 abgerissen werden musste, der Nachwelt erhalten bleibt, zumal der Platz am Mühlenweiher, angrenzend an den beliebten Urwaldwanderweg, nach wie vor ein Rastplatz und Treffpunkt für Radfahrer, Wanderer und die Menschen aus dem Ort ist.
In über 200 Bildern, Dokumenten und Texten können Leserinnen und Leser des Bildbandes sich ein Bild von der wechselvollen Geschichte der Mühle und des Dorflebens machen. Franz-Josef Breuer kann sich gar nicht entscheiden, welches der vielen Bilder ihm am besten gefällt. Besonders stolz ist er auf einen Holzschnitt, handsigniert vom Heinsberger Heimatforscher August Lentz, der die Mühle auch in ihrer ganzen Farbenpracht malte. Ein Dutzend Fotografen haben ihm Bilder zur Verfügung gestellt, auch selbst war er natürlich immer wieder vor Ort und hat viele Ereignisse in Texten und Bildern festgehalten. „Ich war immer wieder unterwegs, um Aufnahmen zu machen“, blickt Franz-Josef Breuer zurück.
Die Mühlengeschichte in Birgelen reiche deutlich weiter als 200 Jahre zurück, wie der Heimatforscher betont. Die erste Mühle sei 1533 errichtet worden. Das Originalwappen der Mühle von 1533 ziert seit 2005 die Mühlradmauer. Mit Datum vom 26. Januar 1542 ist besiegelt, dass die Birgelener Müllersfamilie zu St. Martin jeweils unter anderem „4 Malter Korns, 1 Pfund Wachs, 100 Eier, 4 Hahnen, 1 Schwein von 175 Pfund und zu jeder Hochzeit 1 Essen Fisch“ auf die Burg nach Wassenberg zu liefern hatte.
Um 1800 sei die Mühle abgebrannt, 1810 neu aufgebaut worden. Bis 1943 habe der damalige Müller Heinrich Franzen noch gemahlen, um die Birgelener mit Mehl zu versorgen. Als Nachbarsjunge habe er dem Müller oft bei der Arbeit zugesehen und mitgeholfen. „1943 mussten wir Birgelen verlassen. Dann war auch Schluss für die Mühle“, erinnert sich Breuer. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte die Mühle nicht mehr in Betrieb genommen werden. „Die Mühle sollte nach Kommern ins Museum gehen, doch meine Recherchen haben ergeben, dass der Aufwand zu groß und zu teuer gewesen wäre. Beim Abbruch war ich den Tränen nahe.“
Von einem Tag in der Pfingstzeit schrieb Hauptlehrer Timmermann, „als Freund Lentz sich unter den Pappeln am Weiherrand niederließ und allerlei hübsche Bilder von der Mühle schuf“. Anmutig sei die Mühle zwischen Dorf und Wald eingebettet. „Ein köstliches Bild des Friedens.“ Eindrucksvoll sind auch die Bilder aus den Jahren 1950 und 1951, als sich die Birgelener auf dem Mühlenweiher tummelten zum Schlittschuhlaufen und um mit Stöcken und Dosen Eishockey zu spielen. „Nach der Schule ging’s aufs Eis. Ganz Birgelen war hier abends vertreten“, erzählt Breuer.
All diese Erinnerungen führten wohl auch dazu, dass sich bis heute viele Birgelener rund um ihren Mühlenplatz engagieren. Schon vor Abbruch der Mühle regten Anwohner an, den Mühlenplatz einzugrünen und eine Ruhezone zu gestalten. Auf Antrag der CDU kaufte die Stadt Wassenberg 1988 das Grundstück von der Zeche, um es neu zu gestalten. Die Nachbarschaft beteiligte sich tatkräftig an dieser Neugestaltung. Es wurden Bäume gepflanzt sowie Bänke und Tische aufgestellt. In den Werkhallen von Bauunternehmer Willy Beckers bauten Zimmermann Fritz Krappen, Josef Beckers und Theo Grab im Sommer 1994 ein 700 Kilogramm schweres Mühlrad aus Eichenholz, für dessen Aufhängung auf dem Mühlenplatz ein Fundament gebaut wurde.
Seit Herbst 1994 bewegte sich dieses Rad am Bach durch die Kraft des Wassers. In den folgenden Jahren wurde der Mühlenplatz zu einem schmucken Treffpunkt ausgebaut. Im August 1999 wurde die Einweihung des Platzes mit einem großen Fest gefeiert. Alle vier Jahre findet seitdem ein großes Mühlenfest statt, die Einnahmen wurden für das Birgelener Pützchen und an die Ortsvereine gespendet.
„Das Mühlrad von 1994 hat bis 2019 gehalten und war dann morsch. Viele Spenden haben es möglich gemacht, das abgebaute Mühlrad durch ein neues Mühlrad aus dem Wassermuseum Heimbach zu ersetzen“, so Franz-Josef Breuer. 2019 hat sich ein Mühlenverein gegründet, der sich auch in Zukunft um den Platz mit Mühlrad und Weiher kümmern wird.
„Vieles über die Mühle habe ich per Zufall gefunden“, sagt der Heimatforscher. Birgelener Familien konnten ihm Interessantes für den Bildband zur Verfügung stellen. Er habe zwei volle Ordner sortiert und „so viele Texte noch in den PC geschrieben. Ich bin allen dankbar, die mich unterstützt haben und ich freue mich, dass schon viele auf den Bildband warten“, betont er. 100 Exemplare habe er drucken lassen. Es gebe bereits 36 Vorbestellungen, sogar aus Berlin, aus dem Schwarzwald oder aus der Schweiz, wohin es frühere Birgelener verschlagen habe. „Einige warten sehnsüchtig auf den Bildband“, so Breuer. Dieser ist für 19,50 Euro im Schuhhaus Breuer in Birgelen sowie beim Herausgeber in der Jahnstraße 9 erhältlich.