Weniger Vögel am Futterhaus : Das sind die meistgezählten Vogelarten im Kreis Heinsberg
Kreis Heinsberg In der jährlichen „Stunde der Wintervögel“ hat der Naturschutzbund zur Vogelzählung aufgerufen. Warum die Ergebnisse für den Geilenkirchener Ornithologen Hans-Georg Bommer ein Trauerspiel sind.
Na, was fliegt denn da durch den Garten? Zum Jahresbeginn 2023 hatte der Naturschutzbund Nabu wieder aufgerufen, bei uns überwinternde Vögel zu zählen und die Sichtungen zu melden. In Kreis Heinsberg haben insgesamt 326 Vogelfreunde in 175 Gärten 6536 Vögel gezählt.
Der Haussperling wurde dabei mit deutlichem Abstand am häufigsten erspäht, 1352 Exemplare haben die Hobbyornithologen festgehalten. Der Singvogel, der gerne auch Spatz genannt wird, fand sich somit in jedem zweiten Garten. Dennoch ist seine Anzahl im Vergleich zum Vorjahr um gut 20 Prozent zurückgegangen.
Mit 703 Sichtungen landet dann die Kohlmeise auf Platz zwei und ihr naher Verwandter, die Blaumeise, rangiert einen Platz dahinter. Beide Vogelarten bewegen sich dabei etwa auf dem Niveau des Vorjahres. Bei der Amsel auf Rang vier und dem Feldsperling auf Rang fünf ist hingegen ein Rückgang festzustellen – von sieben beziehungsweise 16 Prozent. Anders sieht die Entwicklung bei der Elster aus (Platz 6): 355 Exemplare des Rabenvogels wurden bei der diesjährigen Zahlung verzeichnet, dies entspricht einem Plus von sieben Prozent.
Die Mitmachaktion hatte in diesem Jahr am Dreikönigswochenende bei wenig winterlichem und dafür umso nasserem Wetter stattgefunden. „Mehr als 99.000 Menschen haben sich nicht abschrecken lassen und trotz Regen und weniger Betrieb an den Futterstellen Vögel gezählt“, so Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. „Sie haben insgesamt fast 2,3 Millionen Vögel aus knapp 68.000 Gärten und Parks bei uns gemeldet.“
Wie vorab von den Ornithologen bereits vermutet, fielen die Sichtungen magerer aus als in den Jahren davor. So wurden mit im Durchschnitt 33,4 Vögel pro Garten weniger gemeldet als 2022. Damals waren es 35,5 Vögel. Auch im Kreis Heinsberg wurden weniger Vogel gezählt: 2022 hatten 411 Vogelfreunde in 306 Gärten noch 12.111 Vögel gezählt. Pro Garten waren es in diesem Jahr 37,3 und im Vorjahr 39,6.
„Der bisher eher milde Winter hat dafür gesorgt, dass typische Wintergäste aus Nord- und Osteuropa, wie der Bergfink, vermutlich in ihren Brutgebieten geblieben sind und sich den energiezehrenden Zug gespart haben“, erläutert Miller. „Auch die Waldvogelarten wie Buchfink, Buntspecht und Kernbeißer wurden ebenfalls weniger häufig gezählt. Hier dürfte das Mastjahr der Grund sein. Durch die große Fülle an Baumfrüchten bleiben die Vögel eher im Wald und kommen seltener in die Siedlungen.“
Dem Argument kann Hans-Georg Bommer, Ornithologe beim Nabu im Kreis Heinsberg, nur zustimmen. „Bäume, die hier in den Siedlungen stehen, haben deutlich mehr Früchte als in den Vorjahren“, sagt Bommer. Diese Mast hänge mit dem vermehrten sauren Regen zusammen. „Gleichzeitig sind die Gärten heute immer weniger naturnah“, sagt Bommer. Die Vögel würden dort einfach kaum noch Nahrung finden. „Die Gärten sind schlicht zu steril. Das mögen Vögel nicht.“ Die heute beliebte Kirschlorbeere sei so ein Beispiel. „Das ist keine heimische Art“, erklärt Bommer. Heimische Arten würden mehr und besser Früchte für die Vogelwelt tragen. „Wie zum Beispiel der Weißdorn“, so Bommer. „Doch wo findet man den heute schon noch?“.
Generell beobachtet der Experte seit Jahren, dass sich weniger Vögel in den Gärten und Siedlungen finden. Viel dramatischer sei die Situation aber bei den Feldvögeln. „Da sind die Vogelbestände regelrecht zusammengebrochen“, sagt Bommer. „Die Feldflure werden vom Menschen und der Landwirtschaft so intensiv genutzt, dass für die Vögel nichts mehr bleibt.“ Dies würde vor allem die klassischen Feldvögel wie Hänflinge und Grünfinken betreffen.
Aber auch die Zählung der Wintervögel tue ihm im Herzen weh. „Ich mach da nicht mehr mit. Das ist ein Trauerspiel, was ich hier in den Gärten und Siedlungen zähle“, sagt er. Gerade die Artenvielfalt nehme von Jahr zu Jahr ab. „Wo trifft man heute noch eine Singdrossel oder Rotdrossel an“, fragt Bommer. Auch die Wacholderdrossel sehe er kaum noch. Lediglich zwei Wacholderdrosseln wurden im Kreis Heinsberg während der Winterzählung gesichtet (Platz 51 von 60). Auch von der Singdrossel finden sich lediglich fünf Vertreter im Ranking (Platz 46). „Ganz zu schweigen von den sensiblen Vogelarten auf den roten Listen“, so Bommer. Dutzende dieser Arten würden sich heute gar nicht mehr in unseren Siedlungen finden. Er würde sich auch daher ein Umdenken bei den Menschen und wieder mehr naturnahe Gärten wünschen.