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Auf dem „Ritt durch Paragraphistan“

Martin Semmelrogge : Auf dem „Ritt durch Paragraphistan“

Für viele sind sie unvergessen, seine Unterhaltungen mit David Hasselhoff im Promi-Big-Brother-Haus, wie auch seine Filmrollen in „Das Boot“ oder „Vorstadtkrokodile“. Und jetzt? Ein lange geplanter Besuch in Heinsberg stand auf der Tagesordnung des Schauspielers und Erzählers Martin Semmelrogge, der dazu eigens aus seiner Wahlheimat Mallorca anreiste.

Mit „Sympathy for the Devil“ von den Stones setzten die Band „Shredders“ einer außergewöhnlichen Autorenlesung im Iron Chopper Club in Kempen ihren musikalischen Stempel auf. Die markante und voluminöse Stimme von „Becci“ Pietsch sorgte mit einer neuen Version des Erfolgsstückes der Rolling Stones für den ersten Höhepunkt des Abends. Dieser stand freilich ganz im Zeichen des Gastes, Schauspielers und Autors Martin Semmelrogge. Shredders Bandleader und Gitarrist Sasch Rock hatte den charismatischen Schauspieler nach Heinsberg geholt und den Abend mit Wippes Fanieng organsiert.

Die Gäste, die den Saal des Clubs bis auf den letzten Platz füllten, lernten einen hellwachen Semmelrogge kennen, der auch mit 64 durch sein immer noch spitzbübisches Aussehen und die ihm eigene, lebhafte Art die frühen Filme in Erinnerung ruft. Er erwies sich als gewitzter und improvisationsstarker Rezitator. 

Neben der schauspielernden Art ist es vor allem seine Stimme, die, kaum verändert, an seine häufig markanten Rollen erinnert. Selbst in Comicverfilmungen, wie etwa als Tankstellenchef „Shorty“ bei „Werner, das muss kesseln“, hat man sein Bild vor Augen.

Doch er kann auch anders, das beweisen seine zahlreichen Engagements auf vielen Theaterbühnen („Shakespeare in Love“ in Bad Hersfeld) oder ernsthaften Filmen: ob als SS-Offizier in Schindlers Liste oder auch in der Serie „Die Straßen von Berlin“ in den 90er Jahren. Auch derzeit ist der Mann vielbeschäftigt, pendelt zwischen seiner Wahlheimat Mallorca und Österreich und Deutschland hin und her.

„Nach zwei Filmen mit Thore Riefenstein in 2018 gehen wir jetzt mit einer neuen Produktion auf die Festivals, bevor der Film in die Kinos kommt,“ sagt Martin Semmelrogge, der nach einem fast zweistündigen Auftritt entspannt bei einem Glas Mineralwasser auf der Couch im Kempener Chopperclub sitzt. Er fühle sich gut, sagt er, voll ausgelastet mit Projekten.

Und er ist optimistisch: Nach dem Tod seiner Frau Sonja 2018 bereichern Freundin Regine und seine zwei Hunde sein nicht mehr ganz so wildes Leben. Das stand nur am Abend in Kempen noch einmal im Mittelpunkt. Denn so ist der Titel seines Buches: „Ein wilder Ritt durch 50 Jahre Paragraphistan“.

Welche Band hätte einen besseren musikalischen Rahmen schaffen können, als die Shredders. Und die zogen, mit extra einstudierten und zur Thematik passenden Songs, mächtig vom Leder.

(gk)