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Arbeiten in der Pandemie: Wo müssen Mitarbeiter weiter ins Büro?

Arbeiten in der Pandemie : Wo müssen Mitarbeiter weiter ins Büro?

Viele Arbeitsplätze wurden in der Corona-Pandemie auf Homeoffice umgestellt. Und viele nicht. Ein Blick in den Kreis Heinsberg.

Während Geschäfte seit Wochen geschlossen sind, ändert sich der Büroalltag für viele Angestellte kaum: Eine Pflicht für Arbeitgeber, ihre Beschäftigten von zu Hause arbeiten zu lassen, gibt es nicht. Eine dringende Bitte der Bundesregierung aber sehr wohl. Aus diesem Grund hat sich die Redaktion im Kreis Heinsberg einmal umgehört: Wo wird bereits vom heimischen Schreibtisch aus gearbeitet?

Leere Büros finden sich aktuell beispielsweise bei Iteracon in Übach-Palenberg. „Wir arbeiten zu etwa 90 Prozent aus dem Homeoffice“, sagt Geschäftsführer Markus Holländer. Alle internen größeren Abstimmungen würden per Teams-Konferenz durchgeführt. „Dies trifft zu annähernd 100 Prozent auch auf Termine und Kommunikation mit unseren Kunden und Partnern zu.“

Doch Homeoffice ist für das Unternehmen kein Neuland: Bereits vor dem ersten Coronavirus-Fall im Kreis Heinsberg war diese Arbeitsweise bei dem IT-Dienstleister möglich. „Mit Beginn der Pandemie wurde das heimische Arbeiten allerdings noch einmal massiv ausgeweitet, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren“, so Holländer. Auch viele seiner mittelständischen Kunden hätten darauf umgestellt.

„Unsere Mitarbeiter arbeiten sehr gerne aus dem Homeoffice und wir haben hiermit sehr gute Erfahrungen gemacht“, berichtet Holländer. Allerdings räumt er ein, dass er als IT-Dienstleister in einem Arbeitsumfeld aktiv sei, in dem Homeoffice gut in den Arbeitsprozess integrierbar sei. „Als Arbeitgeber muss man natürlich das entsprechende Vertrauen in sein Team haben“, weiß Holländer. Doch das war für ihn kein Problem: „Die Effizienz des Teams ist weiterhin gegeben und vielfach sogar etwas höher.“

Nach der Pandemie soll Homeoffice für seine Mitarbeiter weiterhin ermöglicht werden. „Der Anteil wird im Gegensatz zu vor der Pandemie auch höher sein, allerdings werden wir ebenfalls wieder großen Wert auf den persönlichen Kontakt legen, damit sich das Team leibhaftig sieht und austauscht“, führt Holländer aus.

Aus der Erfahrungen mit seinen Kunden kann er die Aussage von Microsoft-Chef Satya Nadella im April nur unterstreichen: „Wir haben in zwei Monaten zwei Jahre digitaler Transformation erlebt.“

Ebenfalls kein Neuland ist Homeoffice für CSB-System in Geilenkirchen. „Aktuell arbeiten viele unserer Mitarbeiter von zu Hause aus. Die Abteilungen nutzen dabei ein rollierendes System, um die Anzahl der Mitarbeiter vor Ort zu reduzieren“, erklärt Vorstandsmitglied Sarah Vanessa Kröner. „Wir haben schon vor Corona gute Erfahrungen mit Homeoffice und digitaler Arbeitsorganisation gemacht. Alleine schon durch unsere internationale Struktur.“

Sie selbst sitze in der Schweiz, bespreche sich aber als Vorstand regelmäßig mit Mitarbeitern in Deutschland, USA, Südamerika und Australien. „Aber ich sehe da schon Grenzen“, räumt Kröner ein. „Feedback- und Personalgespräche oder Meetings mit vielen Leuten, dafür sollte man sich nach wie vor persönlich sehen. Da ist eine Videokonferenz sicher nicht die beste Wahl.“ Bei CSB-System soll Homeoffice zukünftig weiterhin möglich sein: „Viele Mitarbeiter können dann bis zu 36 Tage pro Jahr von zu Hause aus arbeiten“, sagt Kröner. „Aber die meisten freuen sich über eine Mischung aus heimischem Schreibtisch und Büro. Der informelle Austausch zwischendurch bleibt eben ein wichtiger Teil der Zusammenarbeit.“

Trotz dieser zwei positiven Beispiele aus dem Kreis, zeigen Studien eine andere Tendenz. Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung veröffentlichte kürzlich eine Studie, die zeigt, wie viel Prozent der Beschäftigten während des „Lockdown light“ Anfang November überwiegend am heimischen Schreibtisch gearbeitet haben. Auf lediglich 14 Prozent der Befragten traf diese Aussage zu.

Während der ersten Welle im April waren es fast 27 Prozent. Zudem fällt in der Studie auf, dass die Arbeitgeber, bei denen es mit Homeoffice noch nicht weit her ist, insbesondere in der öffentlichen Verwaltung in Bund, Ländern und Kommunen zu finden sind. Hier haben im November zwei Drittel noch überwiegend im Büro gearbeitet. Gehen die Verwaltungen im Kreis trotzdem mit gutem Beispiel voran?

Die Stadtverwaltung Geilenkirchen hat zu Beginn bestehende Dienstvereinbarungen angepasst und ermöglicht nun Homeoffice. „Derzeit arbeiten fast 20 Prozent der Beschäftigten aus dem Bereich der Allgemeinen Verwaltung zeitweise und vereinzelt auch zu 100 Prozent aus dem Homeoffice heraus“, so Tina Offermanns, Referentin der Bürgermeisterin. Die Rückmeldungen der Beschäftigten seien durchweg positiv. „Auch als Arbeitgeber wird dieses Arbeitsmodell positiv bewertet“, betont Offermanns.

Nachteilig sei allerdings, dass es nicht in allen Bereichen der Verwaltung angeboten werden kann: „Gerade in sehr publikumsintensiven Abteilungen oder auch in Einrichtungen wie Kitas und Schulen kann von diesem Modell kein Gebrauch gemacht werden – hier sind aufgrund der Art der Tätigkeiten oder auch aufgrund rechtlicher Vorgaben klare Grenzen gesetzt.“

Neu auf dem Gebiet des mobilen Arbeitens ist die Stadtverwaltung Heinsberg. „Die Möglichkeit besteht seit dem ersten Lockdown“, erklärt Pressesprecher Carsten Cordewener. Grundsätzlich hätten nun alle Mitarbeiter die Möglichkeit, mobiles Arbeiten zu beantragen: „Ob die Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind, beurteilt die jeweilige Amtsleitung.“ Aktuell arbeiten zehn Prozent der Mitarbeiter am heimischen Schreibtisch und das bisherige Fazit falle auf beiden Seiten positiv aus.

„Durch die mobile Arbeit kann sichergestellt werden, dass der Dienstbetrieb in den betroffenen Bereichen weiterhin aufrecht erhalten bleibt“, sagt Cordewener. Außerdem betont er, dass bereits vor der Pandemie Homeoffice in Einzelfällen genehmigt wurde. „Es gab weder Bedenken noch spielt das Thema fehlendes Vertrauen hierbei eine Rolle.“ Man habe das Thema mobiles Arbeiten vor der Pandemie komplett neu überdenken wollen: „Dieser Prozess wurde durch die Pandemie zunächst gestoppt, da es wichtiger war, kurzfristige individuelle Regelungen zu finden, um den Mitarbeitern zum Beispiel mit Kinderbetreuungsproblemen zu helfen.“

Auch in Übach-Palenberg wird Homeoffice seit Beginn der Pandemie verstärkt genutzt. Gemessen an der Zahl der Verwaltungsmitarbeiter wurde diese Arbeitsform laut Pressestelle für 29 Prozent eingerichtet. In Relation zur Gesamtmitarbeiterzahl (inklusive Bauhof etc.) betrage die Quote 16 Prozent. Auch in Pandemiezeiten werde für die Aufrechterhaltung des Bürgerservices in dringenden Angelegenheiten auf eine ausreichende Belegschaft in der Verwaltung vor Ort geachtet. „Diesen Aspekt gilt es immer zu beachten und abzuwägen“, erklärt Lea Krifft aus der Pressestelle.

Auch sei das Arbeiten im Homeoffice an gewisse Rahmenbedingungen geknüpft. „So wird in jedem Einzelfall geprüft, inwiefern sich die jeweilige Tätigkeit dafür eignet“, sagt Krifft. „Bei klassischen Bürotätigkeiten gelang dies bisher recht problemlos.“ Bei handwerklich arbeitenden Mitarbeitern sei das Homeoffice allerdings naturgemäß nicht umsetzbar.