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Unser Dorf: Zweibrüggen hat mehr Sehenswertes als manche Großstadt

Unser Dorf : Zweibrüggen hat mehr Sehenswertes als manche Großstadt

In Zweibrüggen gibt es viele historische Denkmäler auf kleinem Raum, eingebettet in eine malerische Naturlandschaft. Doch auf das bekannteste Bauwerk ist das Dorf alles andere als stolz.

Der kleine Ort Zweibrüggen hat auf seinen 21 Hektar Fläche mehr Sehenswürdigkeiten zu bieten als manche Großstadt – und dies, obwohl der Ort nur aus einer Straße besteht. Doch an dieser Straße liegen das Schloss Zweibrüggen, die Mühle Zweibrüggen und das historische Backhaus. Es sind viele historische Denkmäler auf kleinstem Raum. Und weiter nördlich liegt ein Highlight, auf das die Bewohner am liebsten verzichten würden.

Das Dreieck aus den historischen Sehenswürdigkeiten in Zweibrüggen ist eine der Touren, die Gästeführerin Berti Davids-Heinrichs anbietet. Sie selbst lebt seit 30 Jahren mit ihrem Mann in der historischen Mühle. Es ist ein Ort mit langer Tradition: Die ersten Erwähnungen stammen aus dem Jahr 1450. Sie war eine Korn- und Ölmühle mit großer Hofanlage, die laut Stadt Übach-Palenberg in ihrer Hochzeit drei Mühlräder in Betrieb hatte. Unter verschiedenen Eigentümern war sie bis 1974 in Betrieb. Sie ist damit die letzte Mühle im Kreis Heinsberg, die noch gemahlen hat.

Anfang der 1990er Jahre kauften dann die Eheleute Martin Heinrichs und Berti Davids-Heinrichs das Grundstück und brachten die Mühle wieder auf Vordermann. Auch wenn die Wurm mittlerweile anders verläuft und nicht mehr direkt an der Mühle entlang fließt, kann sich das Mühlrad heute dennoch zu Präsentationszwecken drehen. Und obwohl es auf ihrem Privatgrundstück liegt, führt Davids-Heinrichs ihre Besuchergruppen stets nah ran an und in die Mühle und zeigt, wie sie funktioniert. Auch am Wochenende lässt das Ehepaar das Mühlrad oft laufen, sodass die Spaziergänger und Fahrradfahrer, die auf der angrenzenden, sehr beliebten Radroute an der Wurm unterwegs sind, ebenfalls das historische Bauwerk bestaunen können.

Gegenüber der Mühle auf der anderen Straßenseite liegt das historische Backhaus. 1893 wurde es von einem anwohnenden Bauern errichtet. In den 1980er Jahren hat die Dorfgemeinschaft das Gelände gepachtet, das Backhaus restauriert und fleißig genutzt. Die Backfrauen trafen sich dort und backten viel. Die Dorfgemeinschaft war groß damals, doch in den 90er Jahren ließ dies nach. Heute gibt es jedes Jahr an St. Martin eine große Backaktion im Dorf und ein Martinsfeuer an der Mühle – es ist momentan das einzige Dorffest, auch wenn sich die Einwohner jedes Jahr vornehmen, ein zweites zu organisieren. Da vor allem auch junge Leute bei der Backaktion tätig sind und nach Zweibrüggen ziehen, ist das Dorf zuversichtlich, dass es bald mehrere Dorffeste im Jahr geben wird.

 Das historische Backhaus im Zweibrüggen wurde 1893 gebaut, rund hundert Jahre später restauriert und ist heute noch im Einsatz.
Das historische Backhaus im Zweibrüggen wurde 1893 gebaut, rund hundert Jahre später restauriert und ist heute noch im Einsatz. Foto: MHA/Benjamin Wirtz

Auf der anderen Seite der Wurm, die Zweibrüggen in zwei Hälften teilt, liegt das Schloss. Es enthält unter anderem das städtische Standesamt und dient als Ort für Kunstausstellungen. 1788 wurde es errichtet, vorher stand dort eine Burg. Berti Davids-Heinrichs kann viel erzählen über das Schloss, das Joseph Anton von Negri im Stil des Klassizismus bauen ließ und das bis in die 1990er Jahre in deren Familienbesitz war, bis die Stadt es gekauft hat. Auch so manche amüsante Anekdote, dass etwa nicht alle Fenster echte Fenster sind, da sie zugemauert wurden, als eine Glassteuer eingeführt wurde.

Diese historischen Sehenswürdigkeiten sind tolle Highlights für einen Ort. „Welches Dorf kann schon von sich sagen, dass es ein Schloss hat“, sagt Davids-Heinrichs. Doch für die Zweibrüggener ist die Natur die große Besonderheit des Dorfes. „Es ist ein Paradies, eine Idylle“, sagt Davids-Heinrichs. So empfinden viele der momentan 88 Bewohner Zweibrüggens. Auch die älteste des Ortes, Roswitha Kahlert stimmt dem zu: „Es ist ein Traum, wenn man so in die Natur schauen kann.“

 Berti Davids-Heinrichs (links) und Roswitha Kahlert kennen sich in Zweibrüggen aus.
Berti Davids-Heinrichs (links) und Roswitha Kahlert kennen sich in Zweibrüggen aus. Foto: MHA/Benjamin Wirtz

Vor allem die Wurm ist prägend für den Ort. Ohne den Fluss hätten sich laut Davids-Heinrichs damals nie Menschen hier angesiedelt, wäre nie die Burg gebaut worden. Wo die Wurm renaturiert wurde, herrscht südlich der Häuser im Sommer auch reger Badebetrieb. So schön war das Gewässer nicht immer. Roswitha Kahlert erinnert sich noch daran, wie das Wasser früher schwarz war, als die Zechen in der Umgebung noch in Betrieb waren. „Nach dem Krieg haben die Menschen den Schlamm aus dem Fluss geholt, um ihn zu verheizen, erzählt Kahlert.

Die Wurm und die Natur prägen das Erscheinungsbild von Zweibrüggen sehr.
Die Wurm und die Natur prägen das Erscheinungsbild von Zweibrüggen sehr. Foto: MHA/Benjamin Wirtz

Einen solchen Fluss nah an den Gebäuden zu haben, hat etwas Schönes, aber eben auch negative Seiten. So standen die Häuser im vergangenen Juli bei dem Flutereignis unter Wasser. Kleinere Überschwemmungen waren die Zweibrüggener zwar gewohnt. „Aber so etwas wie letztes Jahr habe ich noch nicht erlebt“, sagt Kahlert. Das Hochwasser hat einiges zerstört und viel Schaden angerichtet. Die historischen Gebäude wurden aber nicht beschädigt, auch wenn das Wasser in der Mühle und dem Backhaus stand.

Seit Jahren ist die Klangbrücke gesperrt.
Seit Jahren ist die Klangbrücke gesperrt. Foto: MHA/Benjamin Wirtz

Und dann hat Zweibrüggen natürlich noch eine Sehenswürdigkeit – die neuste und wohl bekannteste, über die schon weltweit berichtet wurde: die Klangbrücke, die von Zweibrüggen in den Willy-Dohmen-Park führen sollte. Es würden sich viele Bewohner wünschen, dass der Ort von diesem Highlight verschont worden wäre. Als „beschämend“ und „Schandmahl“ bezeichnen sie es. „Die haben damit unser schönes Wurmtal verschandelt“, sagt Kahlert, „eine schönere, praktischere Lösung wäre besser gewesen. Es ist traurig.“

Rund 1,2 Millionen Euro waren dafür in den Sand gesetzt worden. 2008 war es das große Vorzeigeprojekt der Stadt Übach-Palenberg, das aber lautstark gescheitert ist. Seit ihrem Bau vor vierzehn Jahren war sie nur kurze Zeit begehbar, da gravierende Verkehrssicherheitsmängel herrschen. Die Stadt plant auch nicht, die Brücke in nächster Zeit zu sanieren und wieder begehbar zu machen – etwas, das viele Zweibrüggener ärgert. „Die Stadt muss sich etwas einfallen lassen“, sagt Martin Heinrichs.