Geilenkirchen : Teurer Trend ist kein Grund zum Aufhören
Geilenkirchen Eigentlich haben sie Ähnlichkeit mit den Teletubbies: genauso bunt, genauso beliebt bei Kindern und genauso leicht zu konsumieren. Die Alcopops.
Gemeint sind damit Mixgetränke in allen Farben des Regenbogens, die allerdings keine ungefährliche Menge harten Alkohols in sich verstecken. Nicht nur dieser harte Stoff soll um 83 Cent pro 275-Milliliter-Flasche teurer werden, auch für Zigaretten müssen seit Montag 40 Cent mehr auf den Tisch gelegt werden. Abschreckung durch Preiserhöhung. Ist das der richtige Weg in ein Leben ohne Sucht?
Umüberlegen würde Marco Weisbach schon. Nämlich Richtung selbst gedrehte Zigaretten. „Oder ich hole mir die Zigaretten auf der Base”, weist der 23-Jährige auf den Vorteil des Wohnorts Geilenkirchen hin. „Ans Aufhören denke ich aber nicht”, erklärt der junge Mann, der sich gerade im Tabakladen von Loes Lyne von de Berg die nächsten Glimmstängel besorgt hat.
Dort verkauft die Inhaberin noch die alten Bestände, „viele holen sich auch Stangen davon”. Aus ihrer jahrelangen Erfahrung weiß Loes Lyne von de Berg, dass diese Mehrkosten „die richtigen Raucher nicht abschrecken”. Viele würden dann zwar sagen, dass sie aufhören wollten. Dabei bliebe es aber meistens auch. „Gerade den Jugendlichen ist es egal, ob die Packung drei Euro oder 3,60 Euro kostet.”
Für den 20-jährigen Selbstdreher Nils wären 50 Cent mehr ein Grund, das Qualmen dranzugeben. Denn über so viel Geld verfügt der Auszubildende monatlich nicht: „Dann wären Zigaretten ein Luxusgut, auf das ich verzichten müsste.” Auch der 18-jährige Michael würde bei einer erneuten Tabaksteuererhöhung „zumindest den Konsum schrittweise reduzieren und hoffen, dass es gelingt”.
Die gleiche Einstellung vertreten die beiden in Sachen Alcopops. Ihr bevorzugtes Getränk heißt Smirnoff. Um sich diese alkoholhaltige Mischung leisten zu können, warten die jungen Männer gerne, bis die Getränke in Sonderaktionen preisreduziert angeboten werden. „Wenn die aber 83 Cent teurer werden, werden wir auf jeden Fall wieder auf Bier zurückgreifen” sind sich die beiden einig.
Erklärung für Erfolg
Dessen ist sich die Lebensmittelabteilungsleiterin vom Extra-Markt nicht sicher: „Die Alcopops sind einfach zu trendy”, erklärt sich Manuela Schimossek den andauernden Erfolg der Mischgetränke. Der Preis habe sich mittlerweile schon um zehn Cent erhöht. „Doch vor allem Jugendliche, die das Geld haben, greifen da zu.” Bei den anderen würde viel in der Tasche landen, vermutet die Frau.
„Der Preis ist eigentlich nie etwas, das abschreckt”, kann Ursula Tiebel von ihren Beobachtungen berichten. Die Suchtberaterin vom Gesundheitsamt Geilenkirchen hat es schließlich tagtäglichen mit schwereren Krankheiten zu tun als Nikotinabhängigkeit, die vor allem Unmengen von Geld verschlingen. Aber auch bei der Zigarettensucht hat sie einen Trend feststellen können: „Die Leute steigen dann einfach von Filter auf Tabak um oder besorgen sich in den Supermärkten die Billigmarken.”
Sucht bleibt eben Sucht, egal was sie kostet. Deswegen sei auch die Preiserhöhung bei den Alcopops nicht der richtige Weg. „Stattdessen sollte man größer kenntlich machen, wie viel Prozent Alkohol sich in jeder Flasche befindet”, propagiert Ursula Tiebel Aufklärung, Prophylaxe und Prävention.
Aber auch damit wird wohl bei dem 62-jährigen Dieter Müller Hopfen und Malz verloren sein: „Mir gewöhnt das Rauchen keiner mehr ab, und wie viel es kostet, ist mir auch egal.” Zwar könne er sich wegen des Geldes „nicht immer Aktive” leisten. Doch es gebe ja auch noch den guten alten Tabak. „Wenn ich tot bin, höre ich auf zu rauchen”, scherzt der Mann über sein gestecktes Ziel.
Die beiden Freundinnen Nicole und Monika zeigen sich uneinsichtig, was die Alcopops angeht. Bei einer dramatischen Preiserhöhung würden die 16- und die 17-Jährige noch zur Flasche greifen und geben einen erschütternden Grund dafür an: „In der heutigen Zeit muss man sich beschäftigen, um die Probleme auszuschalten. Und dafür ist Alkohol eine gute Lösung.”
Weitere Infos: http://www.rauchfrei2004.de