Eschweiler : Sind ehrenamtlich geleitete Sprachkurse sinnvoll?
Eschweiler Immer mehr Flüchtlinge erreichen die Region und auch die Indestadt. Die Hilfsbereitschaft der Eschweiler Bürger ist dabei einmal mehr vorbildlich. Unter anderem hat die Sensibilisierungs- und Aufräumtruppe Blausteinsee und Umgebung Sprachkurse ins Leben gerufen. Auch andere Gruppen bieten Flüchtlingen einen Einstieg in die deutsche Sprache.
Dieses Engagement sieht Malgorzata Müller, die den Fachbereich Sprachen der Eschweiler Volkshochschule verantwortet, allerdings kritisch.
Für Müller können solche Angebote nämlich allenfalls ein Einstieg sein. Danach müssen extra dafür ausgebildete Dozenten ran. „Ich kann blinden Aktionismus nicht gutheißen: Gut gemeint ist nicht gut gemacht“, sagt sie. Darum appelliert sie an die Initiatoren der Sprachkurse, die Flüchtlinge zur VHS zu lotsen und selbst das Gespräch mit dieser zu suchen. „Die Stadt Eschweiler hat eine gut funktionierende Volkshochschule mit qualifiziertem Personal.“ Sie sei nicht gegen ehrenamtliches Engagement und die ersten Grundlagen wie Zahlen, Begrüßungsworte und Wochentage könne man auch auf privater Ebene lernen, im Anschluss solle jedoch jeder Flüchtling „richtigen“ Unterricht erhalten.
Zudem widerspricht sie energisch, dass die VHS-Deutsch- und Integrationskurse ausgebucht seien. „Wir sind darauf ausgerichtet, dass viele Flüchtlinge hier ankommen“, sagt sie. So werden im Herbstsemester mehr als 2800 Unterrichtsstunden in Deutsch angeboten, 15 Anfängerkurse wurden eingerichtet, darunter auch solche für Analphabeten, für Langsam- und Schnelllerner.
Malgorzata Müller hebt die Qualitätsstandards hervor — auch mit provokativen Worten: „Nicht jeder, der in Deutschland geboren wurde, ist automatisch ein Deutschlehrer. Nicht jeder, der die Apothekenrundschau liest, kann Medikamente verteilen oder Arzt werden.“ Die deutsche Sprache sei nicht einfach und diese zu unterrichten, setze Erfahrung, ein entsprechendes Studium, interkulturelle Kompetenzen sowie pädagogisches Know-how voraus.
Das habe die VHS. Seit 40 Jahren lernen dort Menschen die deutsche Sprache. Allein in den vergangenen zehn Jahren wurden mehr als 15 000 Menschen unterrichtet und fast 5000 Menschen haben die Deutschprüfung abgelegt.
In der VHS unterstütze man die Flüchtlinge auch weitergehend. „Wir sind sehr gut vernetzt, arbeiten mit Ämtern zusammen, kennen uns mit Zuwanderungsgesetzen aus, stehen täglich in engem Kontakt mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, mit der Ausländerbehörde etc.“ Dreimal wöchentlich wird in der VHS beraten: montags und mittwochs von 10 bis 12 sowie donnerstags von 15 bis 17 Uhr. Neben der Beratung erfolgt eine Einstufung, welcher Kurs geeignet ist, eventuell eine Vermittlung an eine andere Volkshochschule in einer Nachbarstadt. 100 Menschen werden derzeit pro Woche in der VHS beraten.
Den Vorwurf von zu viel Bürokratie will Malgorzata Müller nicht gelten lassen. „Die Flüchtlinge kommen aus Ländern, in denen die Verwaltungen zusammengebrochen sind, in denen Korruption und Vetternwirtschaft herrschen“, sagt sie. Die Beliebheit Deutschlands hänge auch mit den funktionierenden Strukturen zusammen.
Zahlreiche private Initiativen haben sich derzeit gebildet, die Flüchtlingsarbeit zu unterstützen. Nicht alle wenden sich an die Stadtverwaltung. Dies kann zu Problemen führen, wie der Integrationsbeauftragte der Stadt, Jürgen Rombach, unterstreicht. Dabei will er das Ehrenamt nicht beschneiden, sondern vielmehr erhalten: „Damit die Helfer im Boot bleiben, muss klar sein, was man leisten soll und kann und was nicht.“
Den ersten Kurs bei der VHS, den sogenannten A0-Kurs finanziert die Stadt Eschweiler. „Dies gibt in meinen Augen das Asylgesetz her, denn die Menschen sollen sich selbst einbringen“, sagt Rombach. Dies könne man aber nur, wenn man auch die deutsche Sprache verstehe. Im A0-Kurs lernen die Flüchtlinge erste Begriffe, können sich grob verständigen. Davon unbenommen, kann jeder auch zusätzliche Kurse buchen, um sich weiterzubilden. Dies muss nicht zwangsweise im sprachlichen Bereich sein. Die Sprachkurse kosten für die Flüchtlinge 37 Euro pro Semester. „Diese Summe kann jeder aufbringen“, ist Müller überzeugt. Sie hat ohnehin festgestellt: Wer selbst bezahlt, ist motivierter,
Wer ehrenamtlich helfen möchte, kann sich an die Koordinierungsstelle bei der Stadt Eschweiler melden: Rathaus, Sozialamt, Zimmer 235 und 236, Telefon 71-524 (Daniel Schümmer) und Telefon 71-508 (Sabrina Bertram). Öffnungszeiten: montags bis mittwochs und freitags von 8.30 bis 12 Uhr, donnerstags von 8.30 bis 17.45 Uhr .