1. Lokales
  2. Eschweiler

Igelhilfe Aachen-Düren à Campo: Pflegestellen für Igel in Not gesucht

Igelhilfe Aachen-Düren à Campo : Pflegestellen für Igel in Not gesucht

Die „Igelhilfe Aachen/Düren à Campo“ hat 2022 rund 200 unterernährte, kranke oder verletzte Igel gepflegt. Derzeit baut der Verein seine Räume aus und sucht Menschen, die hilfsbedürftige Igel zu Hause aufnehmen können.

Der Frühling steht vor der Tür und damit das Ende des Winterschlafs für viele Wildtiere. Auch die Igel wachen ab Ende März wieder auf und machen sich auf die Suche nach Futter. In Zeiten des Insektensterbens keine einfache Aufgabe, weiß Alexandra Bollenbach, 1. Vorsitzende der Igelhilfe Aachen/Düren à Campo mit Sitz in Eschweiler: „90 Prozent der Tiere, die zu uns gebracht werden, sind abgemagert.“

Aus Mangel an Insekten stiegen viele Igel auf Würmer oder Schnecken um, um ihren Hunger zu stillen, erklärt die Expertin. Mit Konsequenzen: „Die Igel bekommen davon Würmer und Parasiten.“ Daher sei eine ganzjährige Beifütterung auch von wild lebenden Tieren etwa mit hochwertigem Katzenfutter – mit mindestens 60-prozentigem Fleischanteil und ohne Zusätze wie Sauce, Gelee, Getreide, Zucker oder Gemüse – wichtig. Auch ein ungewürztes gekochtes Ei dürften Igel zu sich nehmen, Milch sei hingegen ein absolutes No-Go: „Igel sind laktoseintolerant und eigentlich reine Fleisch- und Insektenfresser“, fasst Bollenbach zusammen und warnt: „Falsches Futter kann für sie tödlich sein.“

Gemeinsam mit der 2. Vorsitzenden Manuela Sohns und weiteren zehn Mitstreiterinnen und Mitstreitern betreibt Bollenbach in Eschweiler, an der Dürener Straße 114, eine Auffangsstation für verletzte, kranke, mangelernährte oder verwaiste Igel. Kennengelernt haben sich Bollenbach, ausgebildete Fachkrankenschwester für Anästhesie und Intensivmedizin, und Manuela Sohns, Tiermedizinische Fachangestellte, vor rund zwei Jahren. Alexandra Bollenbach reagierte damals via Facebook auf einen Spendenaufruf von Sohns, die sich schon zu diesem Zeitpunkt für Igel in Not einsetzte. „Ich habe Spritzen gespendet, und so kamen wir ins Gespräch.“

Alexandra Bollenbach (links) und Manuela Sohns haben den Verein Igelhilfe Aachen-Düren à Campo mit Sitz in Eschweiler gegründet. Gemeinsam mit ihren Mitstreitern kümmern sie sich um Igel-Notfälle in der Städteregion und darüber hinaus.
Alexandra Bollenbach (links) und Manuela Sohns haben den Verein Igelhilfe Aachen-Düren à Campo mit Sitz in Eschweiler gegründet. Gemeinsam mit ihren Mitstreitern kümmern sie sich um Igel-Notfälle in der Städteregion und darüber hinaus. Foto: MHA/Lillith Bartczak

Schnell stellte sich heraus, dass die Igelretter um Sohns noch auf der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten für eine Auffangstation waren, die Bollenbach zur Verfügung stellen konnte. „Seitdem bin ich nicht mehr von den Igeln los gekommen“, berichtet sie lachend. So war der Grundstein für die Igelhilfe Aachen-Düren à Campo e.V. gelegt, seit Ende Januar ist sie nun auch ganz offiziell ein „eingetragener Verein“.

Im vergangenen Jahr hat die Igelhilfe, die sehr eng mit dem Tierschutzbund Aachen kooperiert, insgesamt rund 200 hilfsbedürftige Igel betreut und diejenigen, die gesund gepflegt werden konnten, wieder ausgewildert. Weil die Temperaturen in der ehemaligen Bäckerei in einem Hinterhaus in der Eschweiler Innenstadt für die Pflege von angeschlagenen Igeln aber eigentlich zu niedrig sind, richtet der Verein auf dem Gelände derzeit einen zweiten, beheizbaren Igelraum ein. In Eigenregie und vor allem auf eigene Kosten wird dort saniert und gedämmt. Um die 2000 Euro muss die Igelhilfe dafür aufwenden.

Doch auch wenn der neue Raum in wenigen Wochen fertig sein wird, soll die ursprüngliche Auffangstation weiter genutzt werden, etwa für die Untersuchung von Kotproben unter dem Mikroskop oder, wenn es die Temperaturen zulassen, die Erstversorgung von geretteten Tieren. „Wir haben hier beispielsweise eine Mikrowelle, um Wärmeplatten für unterkühlte Tiere zu erhitzen, und eine Lupenlampe, mit der wir Maden in Wunden besser erkennen und entfernen können“, erklärt Bollenbach.

Für die Wundbehandlung, die gegebenenfalls unter Narkose stattfinden muss, und für die Verschreibung von Medikamenten wird jedoch stets ein Tierarzt hinzugezogen, betonen Alexander Bollenbach und Manuela Sohns: „Wir werden mit jedem verletzten Igel beim Tierarzt vorstellig.“ Die enorm gestiegenen Tierarztkosten und die Weigerung vieler Tierärzte, Wildtiere zu behandeln, stellen den Verein hierbei vor weitere Probleme. Die Igelhilfe kann Geldspenden und Sachspenden wie hochwertiges Katzenfutter, alte Handtücher, Inkontinenzunterlagen, Desinfektionsmittel oder intakte Transportkörbe für Kleintiere dementsprechend sehr gut gebrauchen.

Daneben sind die Verantwortlichen auch auf der Suche nach privaten Pflegestellen, sprich Privatpersonen, die sich zutrauen, einen Igel für einige Wochen bei sich zu Hause aufzunehmen und unter Anleitung wieder aufzupäppeln, bis er wieder ausgewildert werden kann. Voraussetzung dafür sind etwas Zeit, Interesse am Tierschutz und eine ruhige Umgebung, fernab von Haustieren und spielenden Kindern, wo der geschwächte Igel sich erholen kann. „Wichtig ist, dass die Leute verstehen, dass Igel keine Kuscheltiere sind“, betont Sohns.

Um die privaten Pflegestellen auf ihr Engagement vorzubereiten, werden Interessierte erst einmal in zwei bis drei Terminen bei der Igelhilfe in Eschweiler eingewiesen. „Dann entscheiden wir gemeinsam, was man sich zutraut“, erklärt Bollenbach. Am Anfang könne das zum Beispiel erstmal das Aufpäppeln eines unterernährten Tieres sein.

Doch nicht nur der Futtermangel bedroht die Igel. Auch Gartengeräte, insbesondere die immer beliebter werdenden Mähroboter, sind eine große Gefahr für die Tiere: „Igel sind keine Fluchttiere. Sie rollen sich zusammen, wenn sie Angst haben, und werden dann von den Mährobotern regelrecht aufgeschlitzt“, macht Alexandra Bollenbach deutlich.

Etwa fünf von sechs Igeln, die im Sommer bei der Igelhilfe landen, seien Gartengeräten zum Opfer gefallen. Etwaiger Nachwuchs bleibe in einem solchen Fall hilflos zurück. Dann gehen die Igelhelfer mitunter auch auf Babysuche. „Sonst würden die Kleinen verhungern“, betont Bollenbach. Dabei gäbe es eine relativ einfache Lösung für dieses Problem: „Igel sind nachtaktiv. Wenn man den Roboter nur tagsüber zwischen 9 und 17 Uhr laufen lässt, ist alles okay.“

Die Tiere, die nach so einem Unfall bei der Igelhilfe in Eschweiler landen, sind mitunter bereits tagelang mit schwersten Verletzungen und teilweise mit Maden in den Wunden unterwegs, so Manuela Sohns weiter. Auch wenn sich der Verein direkt um die Erstversorgung kümmert, sei für viele schwerverletzte Igel dennoch jede Hilfe zu spät. Doch getreu nach dem Vereinsmotto sind sich Bollenbach und Sohns einig: „Wir können nicht jeden Igel retten, aber jeder einzelne ist es wert, gerettet zu werden.“